Während Erdoğan wieder einmal das „Schicksal“ bemühte, ja vor Ort der Erdbebenkatastrophe in der Südosttürkei gar von einem „Plan des Schicksals“ schwadronierte, brachten die linke und kurdische Opposition das Drama dagegen auf den Punkt: „Die Natur brachte die Beben, der Staat die Opfer“ – und knüpfen damit an einen historischen Wendepunkt an. Jenen des Erdbebens von Lissabon 1755, eine der verheerendsten Naturkatastrophen der europäischen Geschichte und tiefgreifende Zäsur in der Weltsicht. Man sagt vielfach, das Erdbeben von Lissabon hat die ‚abendländische Zivilisation‘ – vor den beiden Weltkriegen und dem Holocaust – stärker erschüttert, als jedes andere Ereignis seit der Plünderung Roms. Sein politisches und weltanschauliches Nachbeben jedenfalls bahnten einer Revolution im Denken und auf gesellschaftlichen Ebenen den Weg.