Teilzeitdebatte: Nicht betteln, nicht bitten sondern mutig gestritten!

Am Sonntag war AK-Präsidentin Anderl (FSG) in der Pressestunde. Thema des ersten Teil dieses TV-Gesprächs mit Journalist:innen war die Ansage von Arbeits- und Wirtschaftsminister Kocher, der die „Sozialleistungen für Teilzeitkräfte“ kürzen will. Von einer Repräsentantin des „Arbeiter:innen-Parlaments“ AK müsste aber mehr kommen als nur Zahlen und Fakten und ein Appell an die Unternehmer.

Auch wenn es nicht vor allem geringverdienende Frauen mit zusätzlicher unbezahlter Betreuungs- und Pflegearbeit beträfe, ist ein kämpferisches, entschlossenes und generelles NEIN zur Kürzung von Sozialleistungen notwendig! Abgesehen davon sind Versicherungsleistungen keine ‚karitativen Sozialleistungen‘: Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Krankengeld, Pension und die höchste Form des Kindergelds stehen abgabenfinanziert zu und sind sowieso einkommensabhängig.

Es muss vielmehr eine Forderung sein, dass die Teilzeit eigentlich zur neuen – kurzen – Vollzeit wird. Denn es wäre schon lange an der Zeit, das gesetzliche Vollzeitausmaß endlich zu verkürzen, es wäre schon lange an der Zeit, in vielen Kollektivverträgen die Arbeitszeitverkürzung weiter voranzutreiben! Und nein, wir als KOMintern sind nicht dafür, dass mehr Menschen bis 65 Jahren sich krumm und krank arbeiten, sondern dass die normale Pension schon früher angetreten werden kann. Statt der Anhebung des Frauenpensions-Antrittsalters auf 65, müsste die umgekehrte Forderung sein: In Pension gehen für alle mit 60!

Die Frage ist auch: was wollte Kocher mit diesem Schritt? Austesten, wie weit man gehen kann? Schon mal vorbereiten auf zukünftigen Sozialabbau? Es würde nicht wundern, schließlich will die Regierung jene Milliarden, die für die Unterstützung des Kapital in Wirtschafts- und Coronakrise ausgeschüttet wurden, auch wieder reinbekommen. Seit Jahrzehnten setzte sich keine der Parlamentsparteien in Regierungsverantwortung – ob nun rosarot, schwarz-türkis, blau oder grün – wirklich für eine Vermögenssteuer ein – im Gegenteil wird die soziale Schieflage immer weiter zugunsten der Unternehmer und auf Kosten der arbeitenden Menschen gekippt.

Ein Appell an die Unternehmer wird nicht reichen, um das umzudrehen. Da hilft nur ein kämpferischer Kurswechsel!

5 Gründe, warum eine Kürzung der Sozialleistungen bei Teilzeitarbeit Unsinn ist (ÖGB)

Teilzeit sei „ein Privileg”, wer weniger arbeite solle auch weniger Sozialleistungen bekommen – zumindest, wenn es nach Arbeitsminister Martin Kocher geht. Wir erklären, warum das nicht stimmt.

1. Mehr als die Hälfte der Frauen in Österreich arbeitet in Teilzeit. Dabei würden viele von ihnen gerne mehr arbeiten – das bestätigt auch eine Eurostat-Studie. Woran scheitert das aber?  An den fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Vor allem im ländlichen Raum gibt es zu wenig Kinderbetreuungsplätze, die mit Vollzeitarbeit vereinbar sind.

2. Wer Teilzeit arbeitet, zahlt jetzt schon niedrigere Beiträge ein und bekommt deswegen auch weniger Sozialleistungen. ABER: 80 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. Eine Kürzung würde die Situation für viele Frauen in Teilzeit noch verschärften.

3. Frauen arbeiten häufig in Niedriglohnbranchen und verdienen noch immer weniger als Männer. Durch die anhaltende Teuerung haben sie jetzt schon Probleme, ihre Rechnungen zu bezahlen. Immer mehr rutschen an die Armutsgrenze.  In der derzeitigen Situation mit einer Kürzung der Sozialleistungen zu drohen, ist daher absolut fehl am Platz.

4. Frauen in Österreich bekommen 41,1 Prozent weniger Pension als Männer. Während Männer pro Jahr eine monatliche Durchschnittspension von 2.103 Euro beziehen, sind es bei Frauen nur 1.239 Euro. Die Folgen: Frauen sind oft von Altersarmut betroffen. Es braucht daher dringend Maßnahmen, um Frauen im Alter abzusichern, wie etwa eine bessere und längere Anrechnung der Kinderbetreuungszeiten. Und keine Verunsicherungen oder Drohungen.

5. Sogenannte Care-Arbeit wie Kinderbetreuung, Hausarbeit und die Pflege von Angehörigen liegen oftmals in den Händen von Frauen. Die hohe Teilzeitrate von Frauen ist auch dadurch zu erklären. Während der Corona-Pandemie leisteten Frauen laut einer Studie der WU Wien ganze elf Stunden mehr unbezahlte Arbeit pro Woche als Männer. Bisherige Ansätze für Eltern zur gerechten Teilung der Betreuungsaufgaben greifen noch zu wenig. Das von ÖGB und AK geforderte Familienarbeitszeitmodell bietet einen Lösungsansatz für Eltern.

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