Rede zum 24. Femizid 2021

Wer von Femizid spricht, darf vom Patriarchat nicht schweigen!

KOMintern/AKD-Rede zum 24. Femizid 2021

Gemeinsam stehen wir also erneut hier und müssen abermals einen Femizid betrauen. Wir gehen erneut auf die Straße gegen die nicht abebbende patriarchale Gewalt, die sich dieser Tage, Stand 11.11., im mittlerweile 24. Femizid des Jahres niederschlug.

Seit Jahren fordern Einrichtungen und ExpertInnen mehr Geld und Personal für Gewaltschutz (konkret: 228 Millionen für Gewaltschutz sowie 3.000 zusätzliche Jobs in der Gewaltprävention) und drängen auf anti-patriarchalische, gesellschaftliche Umwälzungen. Aber die Betroffenheitsrhetorik und Lippenbekenntnisse der etablierten Politik gehen über leere Ankündigungen oder Image-Projekte kaum hinaus. Das ist blanker Zynismus!

Und das in einem Land welches im europäischen Vergleich bei der Anzahl von Frauenmorden nicht nur beschämend beharrlich an der Spitze liegt, sondern zugleich eines der wenigen Länder, streckenweise sogar das einzige Land in der EU ist, in dem es mehr weibliche als männlich Mordopfer gibt.

Zudem ist in Österreich täglich eine von fünf Frauen ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt. ExpertInnen gehen von einer steigenden Dunkelziffer aus und setzen diese mit über 65% an.

Hinzu kommen verstecktere Formen körperlicher, sexueller und psychischer Übergriffe in Partnerschaften, Familien, diversen gesellschaftlichen Bereichen und des Staates. Bis hinein in die Sprache wie der Verfasstheit von Gesprächen und Diskursen, bis hin zur patriarchalen „Vergewaltigung des Bewusstseins“. In offenen Aggressionshandlungen, subtileren Formen personaler sowie struktureller Gewalt gegen Frauen – sie misshandelnd in der Entfaltung ihrer Fähigkeiten, Entwicklungschancen und in ihren Willensäußerungen behindernd.

Vor zwei Monat jährte sich die „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ zum 230. Mal. Olympe de Gouges forderte in Zeiten kurz nach der Französischen Revolution in der Erklärung die vollständige Gleichstellung von Mann und Frau. Während de Gouges vielen zum Synonym des Beginns der Frauenbewegung geworden ist und im Laufe der Geschichte zunehmend an Wirkmächtigkeit gewann, geriet ihre Zeitgenossin Claire Lacombe weitgehend in Vergessenheit. Zu Unrecht. Als Teil der Bewegung der Enragés, der Zornigen und Wütenden, repräsentierte sie (zusammen mit Pauline Léon) die weibliche Verkörperung des radikalsten, linken Flügels der Revolution. Von Lacombe führte der Weg, unter entwickelteren sozial-ökonomischen Verhältnissen, zu Flora Tristan und ihrer Einsicht in die unauflösliche Verschränkung der Klassen- und Geschlechterfrage und deren notwendiger politischer Verbindung.

Was die Vorkämpferinnen schon damals wussten, gilt auch heute: In letzter Instanz wurzelt all dies in der „doppelten Unterdrückung“ der Frau im herrschenden Gesellschaftssystem, in ihrer sozialen Existenz dem Kapitalverhältnis unterworfen zu sein und als Frauen zugleich patriarchaler Machtausübung zu unterliegen.

Für eine umfassende Emanzipation bedarf es also des Kampfs gegen jegliche Form von Gewalt an Frauen sowie der gesellschaftlichen Durchsetzung von Gleichheit, sprich ebenso: einer Überwindung von Lohndiskriminierung, Geschlechterstereotypen, Doppelbelastung und aller sozial-ökonomischen Benachteiligungen und Ausgrenzungen – in letzter Instanz also des Kapitalismus.

Treten wir dem breiten reaktionären Backlash vereint und mit allen Kräften kämpferisch entgegen!

Unsere Empörung, unsere Wut und unser Widerstand werden keinen Fußbreit nachlassen!

Wir werden keinen Femizid mehr unbeantwortet lassen!

Wir waren, wir sind – wir werden sein!

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