Der neue, reaktionär-neoliberale Arbeitsministerium Kocher erweist sich auch politisch als immer mehr und mehr angekommen. Nach dem Anziehen der Daumenschrauben gegen Arbeitslose will er nun die Fördergelder für die muttersprachliche Beratung für ArbeitnehmerInnen einstellen. Eine Errungenschaft um die systemisch-strukturelle Überausbeutung von ArbeitnehmerInnen einzudämmen und dieser zu Leibe zu rücken, die zuvor eines langen Kampfes ihrer Etablierung bedurfte. Der erste muttersprachliche Berater saß zunächst noch quasi in einem Besenkammerl. Erst nach und nach und in langer Auseinandersetzung gelang es diese wichtige, bewährte und der objektiv multiethnischen Zusammensetzung der österreichischen Arbeiterschaft Rechnung tragende Institution durchzusetzen. Und gerade auch als selbst ausgeprägt internationalistische gewerkschaftliche Kraft stellen wir uns als KOMintern auf das Entschiedenste gegen diesen Affront und Angriff.
Stellungnahme des ÖGB
In Zeiten von großer Not und Verzweiflung ist eines wichtig: jemand, mit dem man sprechen kann. Jemand, der einem hilft – schnell und ohne großen Aufwand.
Für Menschen, die Probleme im Job haben und deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gibt es so eine Stelle: Die muttersprachliche Beratung im ÖGB.
Das Projekt bietet ArbeitnehmerInnen aus Rumänien, Bulgarien, Ungarn, der Türkei und dem arabischen Raum Informationen und Beratungen ohne sprachliche Barrieren.
Die Erfolgsgeschichte könnte Mitte August jedoch ein jähes Ende finden – das österreichweite Projekt steht nämlich vor dem Aus, da das Arbeitsministerium keine weiteren finanziellen Mittel zur Verfügung stellen will.
Wichtiger Rettungsanker für Menschen
„Das wäre ein herber Rückschlag und eine Katastrophe für die KollegInnen, die sich an uns wenden und Hilfe suchen. Viele von ihnen sind undokumentiert beschäftigt, werden gnadenlos ausgebeutet und haben keinen Zugang zu Sozialleistungen. Sie brauchen uns“, sagt Radu Plămădeală, der Beratungen auf Rumänisch und Russisch durchführt.
Die muttersprachliche Beratung bietet kostenlose Unterstützung bei Behördenwegen, Kommunikation und Kontakthaltung mit Vereinen und Botschaften. Viele KlientInnen können so aus der Illegalität in legale Beschäftigungsverhältnisse geholt werden.
Von all dem profitiert auch der Staat Österreich – durch legale Beschäftigungsverhältnisse werden Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt, die unser Gesundheitssystem und unseren Wohlstand sichern.
Erfolgreicher Einsatz gegen schwarze Schafe
Das nachhaltige und sehr effiziente Projekt kann eine Vielzahl von Erfolgsgeschichten aufweisen. So wurde etwa in der Steiermark 14 LandarbeiterInnen geholfen, die von heute auf morgen ohne Bezahlung aus ihren Unterkünften verjagt wurden und unter freiem Himmel übernachten mussten.
In Wien wurde eine rumänische Lagerarbeiterin ausgebeutet und hier konnte man den miesen Machenschaften des Arbeitgebers einen Riegel vorschieben.
Durch das Projekt ist zudem ein Landwirtschaftsbetrieb in Niederösterreich aufgeflogen, der 23 SaisonarbeiterInnen viel zu wenig bezahlt, massive Überstunden verlangt und Sonderzahlungen zurückgehalten hat.
All diese Betrügereien wären wohl nie ans Tageslicht gekommen, wäre nicht die muttersprachliche Beratung eingeschritten. So konnte – in Zusammenarbeit mit den Behörden – den ArbeitnehmerInnen zu ihrem Recht verholfen werden.
Projekt-Aus trifft uns alle
Wie wichtig es ist, das Projekt weiterzuführen, beweist ein Blick auf die Zahlen: Allein von Mai 2019 bis April wurden insgesamt 3.434 Beratungen durchgeführt. Die meisten davon auf Bulgarisch, gefolgt von Arabisch, Rumänisch und Russisch.
Das Aus für das Erfolgsprojekt hätte weitreichende Folgen: Firmen könnten so ungehindert viele Beschäftigte ausbeuten, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Zudem entgehen dem Staat – und somit uns allen – wichtige Einnahmen, die unser soziales Wohlfahrtssystem absichern.