Fürs Erste gesichert: muttersprachliche Beratung des ÖGB

Nachdem die muttersprachliche Beratung im ÖGB vor dem Aus zu stehen schien, kann mittlerweile ein Erfolg vermeldet werden: zumindest für die kommenden zwei Jahre scheint die Finanzierung des wichtigen Projekts gesichert.

Rund 3.500 Beratungen in den vergangenen beiden Jahren und die damit verbundene Unterstützung für unter zugespitzter Ausbeutung Arbeitende sprechen eine klare Sprache zur Bedeutung der muttersprachlichen Beratung des ÖGB – gerade für Beschäftigte in der Saisonarbeit am Bau oder im Tourismus, ErntehelferInnen oder Betreuungskräfte in der Pflege. Hier arbeiten oftmals KollegInnen mit geringen Deutschkenntnissen, die unter miserablen Bedingungen seitens der Arbeitsgeber mitunter wie Leibeigene gehalten werden. Die Umgehung bestehenden Arbeitsrechts ist noch viel mehr an der Tagesordnung als in anderen Branchen. Die Beratungen auf Arabisch, Türkisch, Kurdisch, Bulgarisch, Rumänisch und Russisch stellen dabei einen gewichtigen Mosaikstein im Zurückdrängen dieser Arbeitsverhältnisse und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen dar.

Im Sommer sorgte die Ankündigung des Arbeitsministeriums, die Mittel für die Beratungsstelle nun aus „budgetären Gründen“ massiv kürzen zu wollen und damit ein Aus der Beratung herbeizuführen, zurecht für einen Aufschrei in der Gewerkschaftsbewegung. Durch die Bemühungen hunderter BetriebsrätInnen und weiterer Engagierter, konnte die drohende Kürzung abgewandt werden – das Arbeitsministerium verlängerte die Finanzierung und auch das Sozialministerium soll sich in Zukunft an den Kosten beteiligen.

So wichtig der Erhalt der muttersprachlichen Beratung im ÖGB ist, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass gewerkschaftlich noch ein weiter Weg zu gehen ist. Denn so stellt die Beratung natürlich einen wichtigen Teil gewerkschaftlicher Tätigkeit dar, darf aber nicht als Ausrede dafür dienen, der multiethnischen Zusammensetzung der ArbeiterInnenklasse in Österreich tatsächlich Rechnung zu tragen.

Denn KollegInnen ohne österreichischen Pass erfüllen dieselben Pflichten wie StaatsbürgerInnen, haben aber viel weniger Rechte. Egal ob ÖsterreicherIn oder nicht, sind migrantische KollegInnen oft in schlecht bezahlten, dafür umso mühseligeren Berufen tätig. Strukturelle Diskriminierung und Alltagsrassismus „begleiten“ sie auf Schritt und Tritt. Sie sind die ersten, die in Krisenzeiten auf den Kündigungslisten stehen und ihr Aufenthaltsrecht verlieren könnten. Sie werden im Bereich der (Aus-)Bildung benachteiligt und kulturell und sozial ausgrenzt oder gar als Bedrohung diffamiert.

Um diese Schieflage zurückzudrängen, muss nicht nur dem vorhandenen Alltagsrassismus in gewerkschaftlichen Strukturen entgegengewirkt werden, sondern vielmehr der gemeinsame Kampf für gemeinsame Interessen auf die gewerkschaftspolitische Tagesordnung gesetzt werden. Das bedeutet nämlich nicht nur Abwehrkämpfe wie zum Erhalt der muttersprachlichen Beratung zu führen, sondern diese in ÖGB und AK auszubauen und darüber hinaus für die vollständige rechtliche Gleichstellung für alle Menschen, die hier leben und ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, einzutreten.

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