Inflation bekämpfen! ÖGB-Menschenkette ums Parlament

Österreich ist seit Monaten eines der Länder mit der höchsten Inflation in Europa. Das darf so nicht weitergehen. Vor diesem Hintergrund ruft der ÖGB diesen Mittwoch, 20. September, zur ersten regulären Nationalrats-Sitzung nach dem Sommer um 17.00 Uhr auf die Straße zu einer Menschenkette rund um das Parlament.  

Denn die immense Teuerung drückt nach wie vor uneingedämmt auf die Lebensbedingungen der Arbeitenden und Massen. Immer mehr Beschäftigte können sich ihr Leben kaum noch leisten. Eine Familie mit zwei Kindern muss allein für Lebensmittel rund 1.234 Euro im Jahr mehr ausgeben als vor einem Jahr. Gleichzeitig steigen die Wohnkosten und die Energiepreise sinken viel zu langsam. Immer mehr Kinder sind armutsgefährdet. Aber die Bundesregierung schaut weiterhin untätig zu – so der ÖGB zum Herbstauftakt!

Ja, so wäre noch zu ergänzen: Inflation ist dabei prinzipiell „kein monetäres Phänomen allein“. Die rein geldtechnische Komponente der Inflation verbindet sich vielmehr mit dem sozialökonomischen Effekt der Umverteilung von Einkommen, Vermögen und Wohlstand, und charakterisiert also eine sekundäre Ausbeutung.

Der ÖGB fordert deshalb rasche Maßnahmen zur Entlastung und ein entschiedenes Handeln gegen die herrschende Preistreiberei. Die Preise in den Bereichen Energie, Wohnen, Lebensmittel und Mobilität müssen runter. Zumal unter den maßgeblichen internationalen Wirtschaftsinstitutionen wie IWF, BIZ oder der EZB und renommierten ÖkonomInnen ganz unterschiedlicher Couleurs Konsens herrscht: Die aktuelle Inflation ist – nebst „Mehrfachkrise“, darunter insbes. die politisch herbeigeführte Verknappung von Rohstoffen und anderen Handelsgütern – vorrangig profitgetrieben; sprich: eine „Gewinn-Inflation“. 

Entsprechend fordert die Gewerkschaft auch schon lange eine schlagkräftige Anti-Teuerungskommission, sowie im Detail in den Bereichen Wohnen, Lebensmittel und Energie:

Wohnen

Die Wohnkosten stellen für viele Menschen eine schwere finanzielle Belastung dar. Nun wurden die Richtwertmieten um 8,6 Prozent angehoben, im Juli könnten auch die Kategoriemieten – bereits zum vierten Mal seit April 2021 – erhöht werden. Konkret bedeutet das für eine 70 m2 Wohnung in Wien eine Erhöhung der Miete 2022 um 316 Euro im Jahr und im Jahr 2023 noch einmal um 490 Euro.  Das heizt auch die Teuerung für alle an. Die Regierung schützt die Vermieter:innen, die saftig Profite machen, und die Kosten haben die Mieter:innen zu tragen.

Der ÖGB fordert daher:

  • Mietenstopp für alle Mieten: Die inflationsbedingte Anpassung der Mieten soll in Phasen hoher Inflation ausgesetzt werden.
  • Die sofortige Abschaffung der Befristungen von Mietverträgen.
  • Eine Leerstandsabgabe für private Wohnungen, die schon länger leer stehen.
  • Den Ausbau der Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen.

Lebensmittel

Eine Familie mit zwei Kindern muss wie gesagt allein für Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs rund 1.234 Euro im Jahr mehr ausgeben. Der ÖGB fordert hierzu eine befristete Streichung der Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs.

Demgegenüber fordern wir als KOMintern indes allerdings eine Preisregulierung der Lebensmittel bzw. Güter des täglichen Bedarfs! (Samt Betriebsprüfungen mit Einschau in die Kostenstruktur und Kalkulationen etc. nach der Preisgesetz!) Während eine generelle Mehrwertsteuersenkung vom Handel vielfach nicht oder nur marginal weitergegeben werden wird und damit immer auch stark zu einem Sonder-Körberlgeld für den Handel tendiert, sind u.E. staatlich fixierte Preise (auf Grundnahrungsmittel) weitaus effektiver und wesentlich zielgerichteter (da man die Preise für Luxuslebensmittel etc. demgegenüber ja nicht fixieren muss). Nicht zuletzt besteht bei einer temporären Senkung oder Aussetzung der Mehrwertsteuer die Gefahr, dass diese bei Rückkehr zum oder Wiedereinführung des regulären Mehrwertsteuersatz(es) zu einem späteren Zeitpunkt (Stichwort: asymmetrischen Überwälzung) einen in Summe zusätzlichen inflationären Preisschub auslösen.

Energie

Die Energiepreise sind zu hoch. Insbesondere der Gaspreis bedeutet im Schnitt eine Mehrbelastung von 1.335 Euro für einen Haushalt. Für einige Haushalte ist die Mehrbelastung sogar um ein Vielfaches höher. Die Regierung hat es verabsäumt, Preise für Energie ausreichend zu begrenzen. Einen Preisdeckel für Strom und Heizen – egal wie geheizt wird – braucht es jetzt und auch noch in der Zukunft. Für einen bestimmten Grundbedarf muss es eine Preisobergrenze geben, um eine leistbare Versorgung für uns alle zu garantieren.

Die Strompreisbremse, die im Dezember letzten Jahres eingeführt wurde, hat zu wenig Bremskraft:  Steigt der Preis über 40 Cent/KWh, werden die Stromkund:innen zur Kasse gebeten, inkl. Mehrwertsteuer. Beim ÖGB-Modell eines Energiepreisdeckels gäbe es diese Schwachstellen nicht.

Der ÖGB fordert:

  • Sicherstellung der Energieversorgung für Haushalte und Unternehmen zu leistbaren Preisen bei gleichzeitiger Nutzung von Energiesparpotenzialen.
  • Energieunternehmen müssen zur Bereitstellung eines bestimmten Anteils an Energie zur Grundversorgung verpflichtet werden. Für die Grundversorgung sind die Preise festzusetzen (Regulierungsbeirat).
  • Eine Sondersteuer auf die gigantischen Übergewinne der Energiekonzerne. AK und ÖGB haben ein Modell vorgelegt, das weit höhere Einnahmen bringen würde als das Regierungsmodell.

Auch wir sagen: Es braucht dringend einen gesetzlichen Energiepreisstopp für private Haushalte mit Bremskraft bzw. gesetzlich-administrativ verordneten Höchstpreis pro Kilowattstunde Strom/Gas oder eben wirksamen „Energiepreisdeckel“, um die Inflationswelle einzudämmen und zugleich in eine sozial-ökologische Energie- und Tarifwende einzusteigen.

Darüber hinaus kommt dem Energiesektor bekanntlich auch eine maßgebliche Rolle bei der Erderwärmung zu. Dahingehend bedarf es jedoch ebenso eines entsprechenden ökologischen wie sozialen Preisgefüges.

Was dahingehend die sozialen Aspekte und gesellschaftlichen Dimensionen einer linken Energiewende betrifft, ist denn neben der notwendigen gesellschaftlichen Aneignung des Energiesektors und der Beendigung der maßlosen gesellschaftlichen Subventionierung der Strom-Größtverbraucher und gegenwärtigen Alimentierung der Sonderprofite der Energiewirtschaft sowie unzulänglichen Strompreisbremse der Regierung, auch ein neues Energieversorgungs- und Preissystem von Nöten.

In emanzipatorischer und ökosozialistischer Perspektive sollte eine Basisversorgung mit Energie Teil der allgemein zugänglichen gesellschaftlichen Infrastruktur sein. Die Energieversorgung muss über ein neues soziales Tarifsystem erfolgen. Dieses bietet den Haushalten ein günstiges und sogar kostenloses Grundkontingent an privat verbrauchter Energie mit progressiv ansteigenden Tarifen bei höherem Verbrauch an.

Denn: Zentral ist es vor allem den Energiepreis aus dem Marktmechanismus herauszulösen und politisch festzulegen. Eine Energiesparpolitik passt dann gut zu einer linken Verteilungspolitik, wenn man für einen festgelegten Grundverbrauch Niedrigpreise einführt. Das wäre möglich beispielsweise

  • über ein Freimengen-Kontingent,
  • oder über gestaffelte Tarife, niedrig beginnend und stark steigen,
  • oder über die Rückgabe hoher Energiekosten etc.

Das notwendige Gegenstück zum kostengünstigen Grundverbrauch müssen entsprechend höhere und hohe Preise für Mehrverbrach sein. Dementsprechend geht es denn auch um ein alternatives, ganz anders Preisgefüge.

Es ist höchst an der Zeit, dass der ÖGB und die Fachgewerkschaften einen kämpferischen Kurs einschlagen, um die Auswirkungen der profitgetriebenen Inflation zu bekämpfen! Dazu ist allerdings ein Kurswechsel notwendig, der neben aktionistischen Kundgebungen die Auseinandersetzungen auch direkt in die Betriebe trägt.

Die Gewerkschaft ist eine Kampforganisation der Arbeitenden – und der Arbeitskampf und Streik ihr Kampfmittel. Und so wie Industriellenvereinigung, Wirtschaftsvertreter und die Kanzler-Partei tönen, wird es voraussehbar unbedingt nötig sein, diese auch einzusetzen, will der ÖGB seine Forderungen wirklich durchsetzen.

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