Rosa Betonierer betonieren junge UmweltaktivistInnen


Während Bürgermeister Michael Ludwig noch vor gar nicht allzu langem verkündete, keine Räumung des Lobau Klima-Camps in Hirschstetten in der Donaustadt anzustrengen, hat die Polizei im Auftrag der Stadt nun das Protestcamp der KlimaschützerInnen bei der Hausfeldstraße mit Pfefferspray, Schlagstöcken und dutzenden Verhaftungen gewaltsam räumen lassen.

Um der Staats- und Stadtmacht nochmals eindringlich und medienwirksam Ausdruck zu verleihen, ließen die Verantwortlichen sogleich auch die bekannte „Pyramide“ des Klima-Camps von einem Bagger abreißen – gleich neben der in der Nacht vom 30. auf 31. Dezember von Unbekannten in Brand gesetzten Unterkunft, in dem sich zu diesem Zeitpunkt acht Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren befanden.

Nicht nur bei der Sache an sich, sondern auch bei der Umsetzung der Räumung reiht sich ein Skandal nach dem andern: Die Polizei gefährdete durch ihr hartes Vorgehen dutzende KlimaschützerInnen, eine Person wurde sogar so schwer verletzt dass sie ins Krankenhaus musste. Während der Rücksichtslosen Zerstörung des Protestcamps wurden in einem Aufwasch auch gleich 400 (!) Bäume für den Straßenbahnbau gerodet. Und den Gipfel an Verhöhnung der Demokratie lieferten sich die Wiener Linien: Als verlängerter Arm der Polizei (oder auf Geheiß des Bürgermeisters) wurden von einer Sekunde auf die andre alle öffentlichen Zufahrtsmöglichkeiten zu den – auch offiziell angemeldeten – Protestkundgebungen gecancelt „damit die Polizei ihre Arbeit machen kann.“ (Offizielles Statement Wr. Linien), sodass BürgerInnen ihr verbrieftes Recht auf ihr Demonstrationsrecht massiv erschwert wurde.

Schon vor Weihnachten hatte Verkehrsstadträtin Ulli Sima die Weichen auf Sturm gestellt und den AktivistInnen polizeilich mitteilen lassen, dass die Rathaus-Betonierer das Camp nicht mehr „dulden“. Dass dabei gerade Sima – vor exakt 26 Jahren führende Mitarbeiterin von Global 2000, und damit mit hauptverantwortlich für die dahin längsten Besetzungsaktion der österreichischen Umweltbewegung – als heutige Prätorianerin der Betonlobby die Scharfmacherin gibt, entbehrt in diesem Überschreiten sämtlicher roter Linien durch das Rathaus nicht einer gewissen Ironie. Gleichwohl geht es in diesem sozialdemokratischen Tabubruch gegen zivilgesellschaftliches Engagement und öffentliche Meinungsäußerung ums Eingemachte.Und es spricht Bände über die ohnehin spärlichen ökologischen Tüpferl und über das Verständnis progressiven zivilgesellschaftlichem Engagements in der SPÖ.

Vor gut einer Woche, am 23. Jänner, hat die Verkehrsstadträtin dann die Delegation der KlimaaktivistInnen zum Gespräch über die Stadtstraße abblitzen lassen und die Lage mit der einzigen Insistenz auf „Abzug“ seitens der Stadt endgültig eskaliert. Wäre die veranlasste Räumung nicht ein derart skandalöser Schritt, wäre man fast geneigt der Stadträtin nahezulegen, doch lieber wieder medienwirksam Gratis-Deos zu verteilen anstatt die Klimapolitikerin zu mimen.

Das Ganze beinhaltet aber noch eine zusätzliche Dimension. Mit dem Bau der Stadtstrasse und der Klage gegen den Baustopp des Lobautunnels versteift sich die Wiener SPÖ weiter auf das größte, teuerste und umweltschädlichste Bauvorhaben des Landes. Denn damit nicht nur die Stadtstraße auf den Weg gebracht, mit der Hoffnung auf einen doch noch affirmierenden Klags-Entscheid gegen das Aus des Lobautunnels durch das Umweltministerium sind auch sämtliche umweltpolitische Alternativen bis auf weiteres vom Tisch und auch die unabdingbare Umleitung der Gelder in klimafreundliche Verkehrsreduktionsmaßnahmen für die Anrainer sowie in den nachhaltigeren Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots der Donaustadt auf lange Zeit blockiert (bzw. bleiben in der Asfinag gebunkert).

„Es ist unglaublich“, so eine der SprecherInnen, Lena Schilling zurecht, „wie SPÖ und Neos die Interessen der Jugend mit ihrer autofixierten Verkehrsplanung ignorieren und unseren Protest unterdrücken. Sie können uns vielleicht von dieser Baustelle wegtragen, aber unser Widerstand wird nur stärker werden. Wir geben nicht auf!“

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