Frankreichs Pensionsgegenreform à la Macron „L’État, c’est moi!“ („Der Staat, das bin ich!“)

Es stand schon seit Wochen im Raum: findet Macron auch in der Nationalversammlung keine Mehrheit für seine sozialreaktionäre Pensionsgegenreform, ist er entschlossen sie auch via „institutioneller Brechstange“ per Ausschaltung des Parlaments durchzudrücken. Und so kam es denn auch.

Da für die von 75% des Landes und 94% der Beschäftigten abgelehnte Pensions“reform“ trotz verfassungsmäßiger Tricks (wie dem bereits erfolgten Griff auf Artikel 44.3), der massiven Unterdrucksetzung des „Vermittlungsausschuss“ des Senats und Parlaments, Drohungen und flehentliche Bitteneine parlamentarische Mehrheit dennoch wackelte, peitscht Macron sein Prestigeprojekt gegen die Massen nun mit dem Holzhammer durch. Die parlamentarische Abstimmung wurde kurzerhand abgeblasen, die Nationalversammlung kalt ausgehebelt. Entsprechend schäumt auch die Opposition.

In unverhohlener Offenheit, dass den Regierenden in Paris nicht nur der überwältigende Mehrheitswille der französischen Bevölkerung egal ist, sondern im Fall der Fälle auch die parlamentarische Mehrheit nicht weiter von Bedeutung ist, erklärte Premierministerin Elisabeth Borne: „Wir sind uns bei einigen Stimmen nicht sicher, wir können das Risiko [dass die Nationalversammlung gegen Macrons neues sozialreaktionäres Lieblingsprojekt stimmt] nicht eingehen“. Beschwor Macron unlängst noch mit dem hanebüchenen ‚Argument‘ aus „Respekt vor den demokratischen Institutionen“ Gespräche mit den Gewerkschaften abzulehnen und erhoffte sich öffentlich eine „demokratische Legitimierung“ seines Pensionspakets, winkte ihm heute glatt eine Majestätsbeleidigung durch die demokratischen Institutionen des Landes. Ungeheuerlich, was sich die Legislative im Parlamentarismus gelegentlich so anmaßt … Dann eben im Stile des „Sonnenkönigs“ Ludwigs XIV getreu dessen Motto „L’État, c’est moi!“ („Der Staat, das bin ich!“) im Rückgriff auf den Notverordnungsparagraphen 49.3. per präsidialem Dekret am Parlament vorbei.

Entsprechend betonten wir schon gestern: Um selbst per „Ausschaltung des Parlaments“ den „revolutionären Schutt wegzuräumen“ braucht es, wie der Élysée-Palast Frankreichs in der Vergangenheit bereits mehrfach bewies, wahrlich nicht immer Figuren von rechts-außen oder Putschmilitärs. Die „Vorzeigedemokraten“ des „Wertewestens“ und des G7 „Lenkungsausschuss der Weltwirtschaft und Weltpolitik“ reichen dazu völlig.

Die CGT und weitere Gewerkschaften warnten den neuen „Sonnenkönig“ unterm Eifelturm jedoch im Vorfeld bereits hinsichtlich eines solch neuerlichen Notverordnungsparagraphen-Coups: In einem solchen Fall gibt es für die Gewerkschaften „keine Regeln mehr“. Oder im Klartext mit den im Land geflügelten Worten eines anderen bekannten französischen Staatslenkers: Macron hat „eine Schlacht gewonnen, aber [noch] nicht den [Pensions-]Krieg“. Bereits im unmittelbaren Anschluss an Macrons Schurkenstück kam es im Land zu spontanen Protesten. Philippe Martinez, Vorsitzender der CGT, kündigte bereits an, der Kampf der Gewerkschaften gehe „bis zum Rückzug der Reform“ weiter. Update: Die Gewerkschaften haben zwischenzeitlich für kommenden Donnerstag, 23.3., den nächsten Großkampftag und einen Generalstreik ausgerufen.

Foto: Jeso Carneiro (CC BY-NC 2.0)

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