Streik: „Frankreich im Stillstand“ gegen Macrons ‚Pensionsreform‘

Aufgrund des millionenstarken aktiven Widerstands, gezielter Aktionstage und der Streikwelle der Beschäftigten im Schulterschluss aller Gewerkschaften, entwickelt sich der Kampf gegen Macrons sozialreaktionäres Prestigeprojekt einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters in Frankreich mehr und mehr zur gesellschaftlichen Machtprobe.

Gestern Dienstag gelang es den vereint kämpfenden Gewerkschaften auf ihrem 6. Aktionstag gegen die Pensionserhöhung mit Streiks, Blockaden und Demonstrationen noch einmal mehr Menschen zu mobilisieren wie schon zuletzt. Waren es Mitte Februar bereits zweieinhalb Millionen, so gestern noch um ein gutes Stück mehr. Der öffentliche Verkehr kam weitgehend zum Erliegen. Zusätzlich fanden auf breiter Front entweder Straßenblockaden statt oder legten die im Schneckentempo fahrenden Lkw-Fahrer (sofern sie nach dem Wochenendfahrverbot überhaupt auf die Straßen zurückkehrten) den Verkehr lahm oder verwandelten ihn in Stauzonen. Flugzeuge blieben massenhaft am Boden. Dazu ruhte an Schulen, im Energiesektor oder bei der Müllabfuhr die Arbeit und wurden zugleich die meisten Seehäfen sowie sämtliche Erdölraffinerien von Streikenden blockiert. Selbst der auf „Sozialpartnerschaft“ gepolte ORF war gezwungen zu konstatieren: „Immer mehr Berufsgruppen“ – auch der Privatindustrie – „schließen sich den Protesten an.“ Und die mehr als 250, vielfach mächtigen Demonstrationen, verdeutlichen eindrücklich die breite, 70%ige Ablehnung der Anhebung des Pensionsantrittsalters und einer Verlängerung der Mindestbeitragsdauer. Damit soll zum einen der soziale Rotstift angesetzt und die staatlichen Pensionsausgaben zusammengstutzt werden sowie zum anderen die privaten Altersvorsorge gepusht werden, zudem aber auch finanzielle Mittel für Macrons vorangetriebenes, massives Hochschrauben des französischen Militär- und Rüstungsetats frei werden.

Entsprechend sind erstmals seit 12 Jahren wieder alle Gewerkschaften in einer Gegenfront vereint. Demgemäß wurde schon zuletzt selbst „in den Medien des Landes … bewundert, wie sich die über Jahre hinweg zerstrittenen, sich im Konkurrenzkampf zerreibenden großen Gewerkschaften des Landes in ihrer Gegnerschaft zum Gesellschaftsmodell des Präsidenten vereinigten und in einem ‚durchorganisierten Widerstand‘ zu bedingungsloser Solidarität zurückfanden“, wie der Journalist Hansgeorg Hermann jüngst unterstrich. Mit dem 6. Aktionstag jedenfalls gelang den Gewerkschaften ein Ausrufezeichen in ihrem Kampf „die Regierung in die Knie zu zwingen“. Da Macron dessen ungeachtet seine Pensionsverschlechterung bis Ende März durchdrücken will, wurden Streiks und Kampfmaßnahmen, zumal in Anbetracht der nochmals besonderen Brisanz für Frauenpensionen, auch auf heute ausgedehnt. Schon einmal, im Herbst 1995, brachten massiver Widerstand und wochenlange Streiks eine vom damaligen Premierminister Alain Juppé vorangetriebene Pensionsgegenreform zu Fall. Die Gewerkschaften und Massen Frankreichs können in ihrem Kampf also zugleich auf das Beispiel eines gewonnenen historischen Abwehrkampfs zurückblicken.

VIVE LA SOLIDARITÉ INTERNATIONAL!

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