Heute gingen über 4.000 Beschäftigte und Auszubildende im Gesundheits- und Pflegebereich in Wien auf die Straße. Ihre Aussage war dabei klar: so, wie es ist, kann es nicht weitergehen – massive Verbesserungen sind notwendig! Passend dazu veröffentlichen wir einen unserer Anträge für die kommende Vollversammlung der AK Wien am 11. November.
Menschen, die für und mit Menschen arbeiten nehmen einen extrem wichtigen Part in unserer Gesellschaft ein. Ihre Arbeit gehört auch dementsprechend gewürdigt und entlohnt. Die Wirklichkeit ist jedoch eine andere: Arbeitsdruck, immer mehr Verantwortung und Forderung nach Flexibilität mit der einhergehenden Unvereinbarkeit von Beruf und Privatleben stehen haarsträubenden Bedingungen gegenüber.
Die KollegInnen berichten: Es gibt zu wenig Personal, aber immer mehr Tätigkeiten werden von Ärzten delegiert. Die Belastung steigt immer mehr. Viele sind ausgebrannt, haben keine Freude mehr an der Arbeit – dies führt zu Kündigungen von hochqualifizierten KollegInnen. Die Angst vor Fehlern mit Folgen für die PatientInnen und KundInnen sitzt im Nacken, weil keine Tätigkeit in Ruhe erledigt werden kann, die Arbeit ständig mehrmalig unterbrochen werden muss. Dazu kommt das ständige Gefühl, dass die Patienten nicht optimal versorgt sind – und die Angst, dass man irgendwann zu spät zum Patienten kommt, weil keine Zeit war. Oft bleibt keine Zeit, um auf kritische PatientInnen ein erhöhtes Augenmerk zu haben, weil das Arbeitspensum nicht schaffbar ist.
Die Pandemie hat die schon vorher bestehenden Probleme in der Branche noch weiter massiv verschärft. Der Kreis jener, die den Corona-Bonus bekommen, muss deshalb ausgeweitet werden auf alle Beschäftigten: im Rahmen der Pflege, auch AssistentInnen und Heimhilfen, in der 24-Stunden-Betreuung, in der Behindertenarbeit, in Kinder- und Jugendwohngruppen in der Flüchtlingshilfe, in Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen und in der Wohnungslosenhilfe.
Die Beschäftigten der Gesundheits- und Sozialbranche leisten tagtäglich Bestes unter immer schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen und unter massiv steigender Arbeitsintensivierung. Dieser Zeit- und Arbeitsdruck hat auch auf die Qualität der Betreuung und Pflege Einfluss, so dass alte und kranke Menschen oft „wie am Fließband“ versorgt werden müssen. Doch jeder Mensch in Österreich hat das Recht auf qualitätsvolle und stressfreie Pflege und Betreuung!
Deshalb beschließt die Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien zu fordern:
- generelle Arbeitszeitverkürzung, beginnend mit maximal 35 Stunden pro Woche bei vollem Personal- und Lohnausgleich
- Lebensweltgerechte und alternsgerechte Arbeitsplätze
- Verpflichtendes Angebot und Bezahlung von Supervision in der Arbeitszeit sowie den Arbeitgeber verpflichtende Burnout-Präventionsprogramme
- Mehr Personal und mehr Ressourcen für alle Bereiche der Sozial- und Gesundheitsbranche
- Erhöhung der Förderbudgets für die Betreuung zu Hause
- Mehr SozialarbeiterInnen für das Entlassungsmanagement
- Eigene Stationsbürokräfte für den umfassenden bürokratischen Aufwand
- Rasche Aufstockung der Abteilungshilfen auf allen Stationen
- Stationsübergreifenden “SpringerInnenpool”
- Alle Beschäftigten, die extrem erschwerten Bedingungen sowie Infektionsgefahr ausgesetzt waren/sind, sollen auch einen Bonus bekommen!