Streik im Bereich Behindertenarbeit trotz Kollektivvertrags-Abschluss

Obwohl – wie berichtet – der Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft vergangene Woche abgeschlossen wurde, fand am eigentlich geplanten Streiktag am 29.11. in Wien ein basisorganisierter Arbeitskampf statt. Wir dokumentieren die Veröffentlichung der streikenden Kolleg:innen des Vereins GIN dazu.

Am 29.11.2023 wurde im Bereich Behindertenarbeit gestreikt. Mitarbeiter:innen aus Einrichtungen des Verein GIN haben sich an diesem Streik beteiligt, um auf Missstände im Behindertenbereich aufmerksam zu machen und ihren Unmut über den Abschluss des SWÖ-Kollektivvertrags kund zu tun.

Die Behindertenarbeit ist ein alleinstehender fundamentaler Bereich des Sozialbereichs, wird jedoch nach wie vor pauschal dem Bereich der Pflege zugeordnet. Selbstverständlich sind pflegerische Tätigkeiten ein Teil des Arbeitsalltags, jedoch steht die Begleitung der Menschen in deren Alltag im Vordergrund.

Des Weiteren ist neben den Fachkenntnissen die Multiprofessionalität ein spezifisches Merkmal. Sozialbetreuer:innen, Pädagog:innen, Therapeut:innen, sowie auch handwerkliche Berufe sichern durch ihre Vielfalt die Lebensqualität der Menschen, die begleitet und betreut werden.

Einerseits werden der Behindertenarbeit dieselben Regeln wie in der Pflege auferlegt, wie z.B. spezifische Fachausbildungen, Dokumentation, usw., hingegen wird bei Rechten und Ansprüchen die Behindertenarbeit oftmals außen vor gelassen.

Dies wurde z.B. in der Pandemie deutlich. Erst nachträglich und durch politischen Druck bekamen auch die Kolleg:innen der Behindertenarbeit Anspruch auf den Corona-Pflege-Bonus. Beim Pflegezuschuss wurde die Behindertenarbeit erneut übersehen und bei der nachträglichen Anpassung der gesetzlichen Regelung wurden dennoch einige, anerkannte Ausbildungen der Behindertenarbeit schlichtweg nicht berücksichtigt.

Auch der kürzliche Kollektivvertrags-Abschluss bedeutet für den Behindertenbereich keine reale Entlastung. Die aktuell ausverhandelten +9,2% auf Gehälter und Zulagen kompensieren dabei höchstens die Steigerungen durch die Inflation. Es handelt sich dabei jedoch keineswegs um eine Reallohnerhöhung, sondern lediglich um eine Gehaltsanpassung!

Bereits seit Jahrzehnten wird die herausfordernde Arbeit nicht ausreichend abgegolten. Sowohl die psychischen als auch die physischen Belastungen sind erheblich. Neben den körperlichen Anstrengungen, wie Transfer, Pflege und Lagerung von Klient:innen gehören gewalttätige und aggressive Verhaltensweisen zum Alltag der Mitarbeiter:innen. Zudem gibt es, insbesondere im betreuten Wohnen, fordernde Arbeitszeiten, wie z.B. Nachtarbeit, unregelmäßige Dienste, Rufbereitschaft usw., sowie Überbelastungen aufgrund des Personalmangels im gesamten Bereich der Behindertenarbeit.

Es bedarf daher eines hohes Ausmaßes an Idealismus, um bei dieser Arbeit durchhalten zu können.

Die streikenden Kolleg:innen fordern daher die GPA und VIDA, den SWÖ, den FSW, den Wiener Stadtrat für Soziales, sowie auch den Sozialminister auf:

  • Dass die herausfordernde Arbeit entsprechend der schwierigen Anforderungen entlohnt wird und nicht vom Idealismus der Betreuer:innen leben muss.
  • Anzuerkennen, dass die Behindertenarbeit zwar Pflege beinhaltet, jedoch gleichzeitig große Unterschiede aufweist und daher nicht kategorisch dem Pflegebereich zugeordnet werden kann. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten müssen gesehen und dürfen nicht mehr übersehen werden.

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