Mit Corona ist Homeoffice quasi über Nacht im Massenalltag vieler Berufstätigen angekommen. Erst gestern verlängerte die Regierung parallel zum Lockdown II einzelne Regelungen. Bis März 2021 sollen die Bestimmungen von Homeoffice dann unter Einbeziehung der Gewerkschaften umfassender geregelt werden. Zeit für eine klare Positionierung aus gewerkschaftlicher Sicht, wie wir sie als KOMintern denn auch für die Auseinandersetzungen entwickelt haben.
Die schon lange Jahre andauernde Debatte um die Ausgestaltung von Homeoffice-Arbeitsplätzen sowie einem generellen Umgang damit wurde durch Einsetzen der Coronakrise zusätzlich angefacht. Der Umstand, dass sich die Anzahl der Beschäftigten, die regelmäßig Erfahrungen damit machen, zum Zeitpunkt des Lockdowns von 5 auf 42 Prozent gar mehr als verachtfacht und der Trend hin zu dieser Arbeitsform stark ansteigt, unterstreicht einen dringenden Handlungsbedarf. Mit Corona ist Homeoffice quasi über Nacht in vielen Berufsfeldern angekommen.
Homeoffice stellt nicht nur eine gegen die Corona-Krise und zukünftige Epidemien bzw. Pandemien sinnvolle Maßnahme dar, sondern wird auch von vielen Beschäftigten als neue Arbeitsform befürwortet und impliziert auch eine ökologische Seite. Zugleich werden aber viele längerfristige Folgen von einem dauerhaften Homeoffice überhaupt erst erhoben werden müssen und es ist davon auszugehen, dass Langzeitfolgen wie beispielsweise Fragen zur Einrichtung des Arbeitsplatzes, Trennung von Arbeit und Freizeit, eine drohende „disruptive“ Veränderung im Arbeitsrecht, weitere Entgrenzungen der Arbeit, Verfestigungen oder sogar Verstärkungen der klassischen Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern, erhebliche Mehraufwände und neue Formen der Koordination, Vereinzelungen, langfristig soziale Vereinzelung sowie fehlender Kontakt und zwischenmenschlicher Austausch mit den KollegInnen u.v.m. ein tristeres Bild zeichnen werden als der momentane Hype ums Homeoffice vermuten lässt.
Da Homeoffice bis dato gesetzlich (oder per Generalkollektivvertrag) allerdings weitgehend ungeregelt ist, sind schnelle und klare Regelungen für die Corona-Zeit sowie im Allgemeinen notwendig und in Österreich für März 2021 geplant – Handlungsbedarf gibt es aber schon davor! Diese offenen Fragen umfassen eine große Bandbreite angefangen von der Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln, der Einrichtung des Arbeitsplatzes, dem Einfluss von Betreuungsverpflichtungen bis hin zu einer nochmals weitergehenden Grenzverwischung zwischen Arbeits- und Freizeit sowie zu Fragen der gewerkschaftlichen Organisierung und betriebsrätlichen Vertretung und Betreuung.
Daher fordern wir als KOMintern und haben dies auch als Antrag in die AK eingebracht, der demnächst im zuständigen Fachausschuss zur weiteren Behandlung ansteht:
- Homeoffice kann grundsätzlich nur freiwillig sein: ein möglicher Rechtsanspruch darf nur auf Seiten der Beschäftigten existieren.
- Die Arbeitsmittel müssen ausnahmslos vom Arbeitgeber gestellt werden. Dies betrifft die technische und infrastrukturelle Einrichtungdes Homeoffice-Arbeitsplatzes, allem voran die Fragen der generellen Zurverfügungstellung der Arbeitsmittel und den finanziellen Ersatz sämtlicher Aufwendungen, die die Beschäftigten zum Zwecke der Arbeitstätigkeit für erforderlich halten, aber auch Fragen des Gesundheitsschutzes: der ergonomischen Einrichtung des Arbeitsplatzes, entsprechende Lichtverhältnisse, etc.
- Entstehende Kosten müssen abgegolten werden: dies betrifft neben der Nutzung der privaten Internetverbindung und des Stromverbrauchs zum Beispiel auch Fragen von dadurch rapide steigenden Heizkosten im Winter sowie Kosten für eine Kühlung im Sommer.
- Keine Risikoverlagerung auf die Beschäftigten: wenn geplante Arbeiten aufgrund fehlender Arbeitsmittel oder technischer Probleme nicht geleistet werden können, ist das als Arbeitszeit anzurechnen.
- Weitere Entgrenzungen der Arbeitszeit müssen verhindert werden und vorhandene arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen müssen strikt abgesichert bzw. kontrolliert werden.
- Fragen des Datenschutzes, wenn betriebliche Daten außerhalb der Betriebsstätte verarbeitet werden, müssen geklärt werden. Es kann nicht sein, dass ein hier auftretendes Risiko auf die Beschäftigten abgewälzt wird.
- Zur Kontrolle der Schutzbestimmungen müssen Regelungen gefunden werden, die sowohl dem Recht auf die Unverletzlichkeit des Wohnraums als auch den arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen gerecht werden.
- Neben einer allgemeinen gesetzlichen Regelung dieser Fragen, bedarf es auch des Rechts auf erzwingbare Betriebsvereinbarungen im Bezug auf Homeoffice durch den Betriebsrat.
- Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch zu regeln, dass Homeoffice nicht dazu führen darf, dass den Beschäftigten im Homeoffice geringerwertige Aufgaben übertragen werden, sich nicht nachteilig auf ihre berufliches Fortkommen auswirken darf, ihnen dieselben Weiterbildungen zu teil werden, ihr Recht den Betriebsrat aufzusuchen und an Betriebsversammlungen, Sprechstunden etc. teilzunehmen vom Homeoffice nicht tangiert ist …. (d.h. sämtliche Fragen der Gleichberechtigung umfasst)
- Zudem gilt es Optionen gegen beständiges Homeoffice zu entwickeln: etwa nur „tageweise“ mögliches oder (bloß) „alternierendes Homeoffice“; d.h. hiernach muss ein bestimmter Prozentsatz der Arbeitszeit im Betrieb geleistet werden und nur der anteilige Prozentsatz kann per Homeoffice von zuhause aus geleistet werden (so dass bspw. mindestens 40% oder 2 Tage – oder auch Fifty-Fifty über zwei Wochen – der Arbeitstätigkeit am betrieblichen Arbeitsplatz erbracht werden müssen und nur der anteilige Prozentsatz in Homeoffice geleistet werden kann – oder auch umgekehrt max. 2 im häuslichen Bereich und 3 Tage im Betrieb; jedenfalls braucht es hierzu, soll Homeoffice nicht zu entgrenzten Dauerlösung werden, tragfähiger Bestimmungen)
- Eine arbeitsrechtliche Regelung ähnlich dem in Frankreich bereits etablierten „Recht auf Nicht-Erreichbarkeit“, das den Kollektivvertragsparteien die Möglichkeit gibt, Bestimmungen zu finden, den immer weiter um sich greifenden Entgrenzungen einen Riegel vorzuschieben.