Geschichte gegen den Strich bürsten

Zapatistische Delegation aus Mexiko trifft morgen am 14.9. in Österreich ein

Morgen, Dienstag 14.9., treffen 177 Vertreter*innen der zapatistischen Bewegung zu ihrer historischen Europa-Delegation in Wien ein.

Wien wird damit zum Ausgangspunkt einer bereits im Vorjahr angekündigten zapatistischen Weltreise, die einen historischen Markpunkt im globalen Widerstand gegen spätkapitalistische Ausbeutung, neokoloniale Unterdrückung und die globale Umweltkatastrophe darstellt. Die Einladung nach Europa wurde ermöglicht durch die gemeinsame Anstrengung der zapatistischen Delegierten, unzähliger europäischer und österreichischer Aktivist*innen aus den unterschiedlichsten Organisationen und engagierten Menschen aus Kunst, Kultur und Politik.

Die Zapatistas aus Chiapas, dem südöstlichsten Bundesstaat Mexikos, haben sich nach Emiliano Zapata benannt, dem legendären General der mexikanischen Revolution. Ein halbes Jahr nach ihrem Aufstand 1994 haben sie einen bis heute andauernden Waffenstillstand ausgerufen, und widmen sich seither vorrangig dem Aufbau einer zivilen und autonomen Selbstverwaltung. Nun sind sie zu einer »Reise fürs Leben« aufgebrochen, um den globalen Bedrohungen unserer Gegenwart mit einer weltweiten Vernetzung zur Rettung des Planeten und der Menschheit zu begegnen.

Anlässlich ihrer Ankunft in Schwechat um 11.00 Uhr lädt das von uns mitgetragene österreichische Netzwerk Zapalotta zu einem Festempfang (ab 10.30 Uhr) und zur Pressekonferenz um 11.30 Uhr am Flughafen Schwechat.

Auch der zweite Teil der Delegation, die am Abend ankommt, wird ab 18.30 in Schwechat feierlich begrüßt werden.

Die »Reise fürs Leben« ist eine neue Initiative aus der Lakandonischen Hochebene für eine bessere Welt, die damit beginnt, einander zuzuhören. In den Worten einer zapatistischen Erklärung:

»Wir brechen auf, die Welt zu bereisen, nicht auf der Suche nach Verschiedenartigkeit noch nach Überlegenheit, nach Konfrontation, und noch viel weniger nach Vergebung und Mitleid. Wir ziehen los, um zu finden, was uns gleich macht. Nicht nur die Menschlichkeit, sondern auch und vor allem den gemeinsamen Traum, den wir als Menschheit teilen: die Suche nach Freiheit.«

Wien wird dieser Tage zum Begegnungsort von Menschen aus aller Welt, die der unstillbaren Gier nach Profit und Rendite eine Absage erteilen und sich für ein gutes Leben für alle auf diesem Planeten einsetzen. Danach wird die zapatistische Delegation, die mehrheitlich aus Frauen besteht, zum Austausch mit Aktivist*innen in die österreichischen Bundesländer und die Länder der Europäischen Union weiterreisen und den Kontinent „von links und unten“ besuchen – wie sie es formulierten.

Die Zapatistas werden begleitet von Delegierten des Indigenen Nationalkongresses von Mexiko und des Indigenen Regierungsrates (CNI-CIG), sowie Mitgliedern des Umweltbündnisses zur Verteidigung von Wasser und Land in Morelos, Puebla und Tlaxcala.

Die Geschichte gegen den Strich bürsten: „Umgekehrte Conquista“

Vor genau 500 Jahre brachen die spanischen Conquistadores den Widerstand der Méxica (Fremdbezeichnung: Azteken) und besetzten die letzte widerständige Hauptstadt des Dreierbundes, Tenochtitlan. Die Stadt lag nach harten Gefechten in Trümmern, Zehntausende ihrer BewohnerInnen waren hingemordet. Damit war der staatliche Widerstand der Konföderation gegen die Conquista gebrochen. Um an das ersehnte Gold zu gelangen, wurde der letzte Aztekenherrscher Cauthemoc im Auftrag Cortés brutal gefoltert. Die Spanier übergossen ihm die Beine mit Öl und sengten sie im Feuer. Aber Cauthemoc verriet ihnen nicht wo die begehrten Goldschätze liegen. Wenig später wurde er „wegen Vorbereitung eines Aufruhrs“ von den Conquistatoren gehenkt. Cortés kehrte später nach Spanien zurück, wo ihm Karl V. den kastilischen Titel „Admiral des Südmeeres“ verlieh und zum „Marqués des Tales“ erhob (er also das eroberte Gebiet als Erbbesitz erhielt). Doch die dezentralen Gesellschaften, insbesondere der Maya-Völker, befinden sich bis heute in einer ungebrochenen Widerstandskontinuität.

Mit dem Eintreffen ihrer historischen Europa-Delegation in Wien und anschließenden Weiterreise ihrer Delegationen zu Gesprächen und Veranstaltungen mit Aktivist*innen aus 30 europäischen Ländern will die zapatistische Bewegung zeigen: „Wir sind hier, sie konnten uns nicht kolonialisieren. Wir leisten weiter Widerstand, unser Aufstand geht weiter.“ Auf ironische Weise bezeichnen die Zapatistas daher ihre Delegationen selbst als „umgekehrte Conquista“.

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