Freiheit für Mumia Abu-Jamal – jetzt sofort!

Der seit fast 40 Jahren inhaftierte US-Bürgerrechtler, afroamerikanische Journalist und Mitbegründer der Black Panther Party in Philadelphia, Mumia Abu-Jamal, ist sicherlich einer der bekanntesten politischen Häftlinge der Gegenwart. Dem Anfang März im SCI Mahanoy-Gefängnis in Pennsylvania an Corona erkrankten Hochrisiko-Patienten muss spätestens jetzt endlich Gerechtigkeit widerfahren und Mumia sofort freigelassen werden.

Denn der seit vielen Jahren Herzkranke und an einer chronischen Hepatitis C leidende linke Journalist ist nicht „nur“ lebensbedrohlich erkrankt, sondern wurde 1982 in einer rassistisch geprägten Polit-Prozess-Farce auf Basis schwerer Rechtsbrüche und mehr als nur fragwürdiger Indizien verurteilt. Ein Umstand, den 2011 zwischenzeitlich sogar die US-Justiz einzugestehen gezwungen war –  ohne dass dies allerdings eine Neuverhandlung zur Folge hatte oder eine Freilassung Mumias nach sich zog.  

Stimme der Unterdrückten

Mumia Abu-Jamal, 1954 als Wesley Cook geboren, hatte sich in den 1970er Jahre mit seinen viel beachteten Reportagen über rassistische Polizeiübergriffe und staatlichem Rassismus weit über Philadelphia hinaus den Ehrentitel „Voice of the Voiceless“ – „Stimme der Unterdrückten“ – erworben. Eine Stimme der schwarzen Bürgerrechts- und studentischen Protestbewegung, die den Herrschenden mehr als bloß ein Dorn im Auge war. So drohte ihm etwa der vormalige Polizeipräsident und von 1972 bis 1980 dann Bürgermeister von Philadelphia, Frank Rizzo, ganz offen Konsequenzen an.

Rassistische US-Klassenjustiz

Anlass, ihn als Polit-Aktivisten aus dem Verkehr zu ziehen und auf die Anklagebank zu zerren, bot ein untergeschobener Polizistenmord 1981. Mumia Abu-Jamal, der trotz (oder gerade auch wegen) seiner journalistischen Aktivitäten und Bekanntheit aus dieser Tätigkeit kein ausreichendes Einkommen erzielte, verdingte sich zusätzlich als Taxifahrer. In der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember 1981 kam es, während er auf einen Fahrgast wartete, im Zuge einer polizeilichen Verkehrsanhaltung eines Wagens mit Personenkontrolle zu Handgreiflichkeiten. Mumia erkannte im Rückspiegel dabei seinen Bruder Billy und stieg aus, um seinem Bruder und dessen Beifahrer zur Hilfe zu kommen. Das weitere Geschehen ist bis heute nicht zuverlässig rekonstruiert. Nur so viel scheint gewiss: als Mumia den Ort des Geschehens erreichte, fielen Schüsse, denen der weiße Polizist Daniel Faulkner erlag und starb. Dieser wiederum hat kurz zuvor Mumia Abu-Jamal mit einem Schuss in die Brust lebensgefährlich niedergestreckt, der nur schwer verletzt überlebte. Woher die tödliche Kugel auf Faulkner stammte, ist bis heute ungeklärt. Jedenfalls nicht aus Mumias auch amtlich registrierter Waffe, die er sich nachdem er in seinem Taxi überfallen worden war zugelegt hatte. Gleichzeitig ist zu bezweifeln, dass der zu diesem Zeitpunkt bereits angeschossene und schwer verletzte Mumia überhaupt noch in der Lage gewesen wäre, den Kopfschuss, dem Faulkner zum Opfer fiel, abzugeben. Darin reiht sich ein, dass Mumias Waffe auch polizeilich oder im Prozess nie als Tatwaffe herangezogen und präsentiert wurde.

Nichts desto trotz liefen die Ermittlungen und der nachfolgende Prozess – geprägt von Rechtsbrüchen, manipulierten Beweisstücken und Akten, erpressten Aussagen u.v.m. –  von Anfang an ausschließlich in Richtung Mumia, der am 3. Juli 1982 von der US-Klassenjustiz schließlich zum Tode verurteilt wurde. Die politische Dimension des ganzen Verfahrens im Sinne der herrschenden White Supremacy in God’s Own Country sei lediglich noch durch zwei vielsagende „Episoden“ ergänzt. Noch in der Nacht des Geschehens erschien „zufällig“ denn auch oben besagter Bürgermeister von Philadelphia Frank Rizzo noch persönlich am Tatort.Und der leitende Richter des Prozesses gegen Mumia, Albert Sabo, soll einer Gerichtsschreiberin zufolge in einer Verhandlungspause ungeschminkt geäußert haben: „Ich werde helfen, den Neger zu grillen“ („Yeah, and I’m going to help them fry the nigger“).

Vor diesem Hintergrund hatte der zum Tatzeitpunkt erst 27jährige Mumia Abu-Jamal denn auch nie den Funkten einer justiziellen Chance. Obwohl er stets seine Unschuld beteuerte, seine „Schuld“ auch nie bewiesen werden konnte und sich zwischenzeitlich sogar ein anderer zum damaligen Schuss auf Daniel Faulkner bekannte, blieb und ist Mumia bis heute in Haft.

Internationale FreeMumia Solidaritätsbewegung

Im Gefolge dieses rassistisch-politischen Skandal-Urteils formierte sich, zunächst in den USA, danach auch in Europa und weltweit, eine seitdem nicht verstummende Solidaritätsbewegung für Mumia. Nachdem die Weltöffentlichkeit ab 1995 immer stärker auf den Fall Mumia Abu-Jamal aufmerksam wurde, kam es Ende der 1990er Jahre – maßgeblich (mit-)initiiert und getragen von der KJÖ und dem KSV – auch in Österreich zu Gründung eines FreeMumia-Solidaritätskomitees, das sich mit Kampagnen, Aktionen, Demonstrationen, Mahnwachen, Filmvorführungen und einer Ausstellung quer durch’s Land für seine Freilassung engagierte und stark machte. Die heimische Journalistengewerkschaft ernannte ihn im Zuge der Aktivitäten ihrerseits schließlich zum Ehrenmitglied.

Die Schicksale der politischen Gefangenen Mumia & Öcalan

Zeitlich fiel der Kampagnenhöhepunkt fast zeitgleich mit dem „internationalen Komplott“ und der Verschleppung Abdullah Öcalans in die Türkei am 15. Februar 1999 zusammen. Entsprechend kam es in zahlreichen Ländern auch zu produktiven Kooperationen der jeweiligen Freiheitskampagnen. Punktuell auch in Österreich. Am 13. Mai 2000 etwa, fand nicht nur eine zentrale Demonstration des österreichischen Komitees „Freiheit für Mumia Abu-Jamal“ zur US-amerikanischen Botschaft statt, sondern zog quasi parallel eine Großdemonstration gegen die politische Repression in der Türkei los, die sich beide dann eine Stunde später zu einer gemeinsamen Abschlusskundgebung vereinigten.

Die ungebrochene Aktualität und Brisanz der beiden Forderungen „Freiheit für Mumia Abu-Jamal“ und „Freiheit für Abdullah Öcalan“, beweisen gerade die letzten Tage und Wochen von Neuem.

Und während auf internationalen Druck sowohl der Öcalan-Solidaritätsbewegung wie im europäischen Kontext der EU-Beitrittsambitionen der Türkei die zunächst verhängte Todesstrafe 2002 in eine lebenslängliche Haft umgewandelt wurde, war die zweimalige Aussetzung der Hinrichtung Mumia Abu-Jamals (1995 und 1999) in wahrscheinlich noch unmittelbarerer Weise allem voran ein Erfolg der internationalen Solidaritätsbewegung. Der Vollstreckungsbefehl von 1995 führte bereits zu weltweiten Protesten gegen die Exekution Mumias. Der Hinrichtungsbefehl von 1999 traf dann schon auf den gebündelten Protest globaler Solidaritäts-Komitees. 2001 wurde Mumias Todesstrafe dann (ebenfalls) erstmals (allerdings aufgrund juristischer Verfasstheiten nicht rechtskräftig) in eine lebenslange Haft umgewandelt. Zehn Jahre später, wurde diese Umwandlung schlussendlich 2011 vom Obersten Gerichtshof der USA getätigt, womit Mumia nach knapp 30 Jahren zugleich aus dem Todestrakt freikam.

Unermüdlich journalistisch tätig – u.a. schrieb Mumia (vieles davon in der Todeszelle) mehrere Bücher und verfasst regelmäßige politische Kolumnen, im deutschsprachigen Raum regelmäßig lesbar in der JungenWelt –, ist er heute einem großen Publikum auch international als zeitkritische, linke Feder bekannt. Auch darin nicht ganz unähnlich Abdullah Öcalan, dessen Verteidigungs- und Gefängnisschriften sich allerdings stärker der Grundlegung eines neuen theoretischen Paradigmas verpflichtet sehen als einem tagesaktuellen Journalismus – und der sich freilich auch nicht als Journalist verorten würde.

Corona: Mumia mittlerweile schwer erkrankt

2015 hielten die UnterstützerInnen Mumias allerdings abermals den Atem an, als er nur knapp einen diabetischen Schock überlebte. Die Ärzte des Gefängniskrankenhauses hatten die Anzeichen dafür offenbar schlicht ignoriert.

Und nicht minder, wie die Todeszellen und miserablen Haftbedingungen in den USA maßgebliche Mitschuld am miserablen Gesundheitszustand Mumia Abu-Jamals tragen, zeichnen die unvorstellbaren Bedingungen auf Imrali, dem Guantanamo der Türkei, für den Zustand Öcalans verantwortlich.

Heute schwebt die schwerkranke US-„Stimme der Unterdrückten“ in akuter Lebensgefahr. Seine Frau, Familie, Anwälte kämpfen denn auch für eine in den USA im Zusammenhang schwerkranker Gefangener nicht unübliche Praxis der Freilassung aus humanitären Gründen.

Und in der Tat, darin sind sich heute Millionen weit über die weltweite Solidaritätsbewegung im engeren Sinn hinaus einiger denn je: Es ist Zeit: Sofortige Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

Sein Anwälteteam kämpft wie gerade bekannt wurde, derweil mit neuen entlastenden Beweisen für ein neues Berufungsverfahren. Parallel dazu wurde eben ein Aufruf gestartet auch per Unterschrift als linke und demokratische Öffentlichkeit Mumia Abu-Jamals sofortige Freilassung zu fordern – die zu unterzeichnen auch wir breit aufrufen: hier unterzeichnen!

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