Am 19. Juni wurde der 46 Jährige Roma Stanislav Tomáš im tschechischen Teplice in Nordböhmen in antiziganistischer Manier umgebracht. Der Tathergang erinnert frappant an die Ermordung von George Floyd. Mehr als sechs Minuten kniete ein Polizist auf seinem Hals, danach war er tot.
Der Tod des Roma Stanislav Tomáš in Tschechien wirft sicher viele Fragen auf, eindeutig sind jedoch die Aussagen von ZeugInnen und die veröffentlichten Bilder bzw. Videos seiner letzten Lebensminuten. Und diese zeigen, wie ein Polizist mehrere Minuten auf seinem Nacken kniete, bevor er am Weg ins Krankenhaus starb. Vieles am brutalen Hergang erinnert, wie eingangs angetippt, an den Mord am Afroamerikaner George Floyd am 25. Mai des Vorjahres in den USA durch den uniformierten Rassisten Derek Chauvin. Und gleich wie vergangenes Jahr in Minneapolis waren es auch in Teplice Handyvideos, die den nunmehrigen Vorfall in Tschechien an die Öffentlichkeit brachten. Beide Fälle ähneln sich derart stark, dass sich die tschechische Polizei selbst gleich zu twittern: „Kein tschechischer Floyd!“ veranlasst sah.
Anders als in den USA, in der die Ermordung von George Floyd im unmittelbaren Anschluss die größten landesweiten Proteste seit Jahrzehnten ausgelöst hat, soll zur neuerlich in einem sichtlich rassistischen Kontext stehenden Polizeigewalt und den Tod von Stanislav Tomáš im breiteren Einvernehmen der Mantel des Schweigens gehüllt werden und schnell der Vergessenheit anheimfallen.
In vielen tschechischen Medien herrscht eine rassistische Diffamierung des Opfers vor und staatliche Stellen legen sich weitgehend quer gegen eine vollständige Aufklärung der Todesumstände und -Ursachen.
Der sozialdemokratische Innenminister Jan Hamáček diagnostiziert gleich einmal mit Persilschein für die Exekutive: „Wenn der Mann keine Drogen genommen hätte, dann würde er heute noch leben“. Dass Stanislav Tomáš, wenn die Polizei nicht minutenlang auf seinem Hals gekniet wäre, ebenfalls noch leben könnte, scheint ihm eine müßige Erwägung.
Das General-Plazet für die tschechische Polizeigewalt zu liefern, war aber dem Milliardär und Premier Andrej Babiš vorbehalten, der zum Tod von Stanislav Tomáš im Zuge der Amtshandlung überhaupt kurz, knapp und an Zynismus für ein Todesopfer nur schwerlich zu übertreffen äußerte: „Wer Autos demoliert, aggressiv ist und sogar einen Polizisten beißt, der kann nicht erwarten, dass man ihn mit Samthandschuhen anfasst.“
Einhergehend mit der immer weiteren Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts, branden auch die Rassismen verschiedenster Couleurs weiter auf. Im Falle von Stanislav Tomáš der Kannibalismus des Antiziganismus. „Nie wieder!“ heißt in diesem Zusammenhang denn auch, sich ihnen mit aller Vehemenz entgegenzustellen und zugleich an ihre Quelle zu erinnern: wie die Massenvernichtungspolitiken des deutschen Hitler-Faschismus, der auch die Ausmordung der Roma und Sinti vorsah bzw. an den italienischen Mussolini-Faschismus, dem die „Zigeuner“ seinerseits von Anfang an als „minderwertig“ galten.
Die Hochschüler*innenschaft österreichischer Roma & Romnja organisiert denn heute 27.6. um 20.00 Uhr auch eine Mahnwache am Platz der Menschenrechte für Stanislav Tomáš.