Aufgrund zunehmender Fragen und vielfachen Undurchsichtigkeiten, möchten wir allen nachstehend nochmals in allgemeinverständlicher Sprache eine bündige Info zur arbeitsrechtlichen Lage und möglichen Optionen geben.
Zunächst: In Österreich kann generell jede/r jederzeit (unter Einhaltung der jeweils gültigen Fristen) gekündigt werden (Ausnahmen: Schwangere, Behinderte, Betriebsräte, Befristete, …).
Es gibt wenige Möglichkeiten, im Einzelfall Kündigungen anzufechten (Sozialwidrigkeit, verpönte Motive, …). Die Verfahren dauern jedoch teilweise monatelang, gerade in der aktuellen Krisen-Situation.
Für die aktuellen, teilweise wochenlangen Betriebsstilllegungen stehen arbeitsrechtlich insbesondere folgende Optionen gegen den Arbeitsplatzverlust zur Verfügung:
1) Freistellungen:
- Die Unternehmen können Beschäftigte natürlich bei voller Lohnfortzahlung freistellen, was unter kapitalistischen Bedingungen freilich nur in Ausnahmefällen geschieht resp. durchsetzbar ist. Es gibt allerdings doch einige Firmen, die aktuell insbesondere Corona-Risikogruppen (Alter, Vorerkrankungen, …) bei vollen Bezügen frei gegeben haben (was als wichtiger Punkt auch der Betriebsrat ausverhandeln sollte, wenn der Betrieb noch weiterläuft).
- EDIT: seit 4.4. besteht für Beschäftigte aus einer Risikogruppe auch die Möglichkeit, sich mit einem Attest vom Arzt freistellen zu lassen. Weitere Infos beim Arbeitsinspektorat
- Für die Betreuung von Kindern oder behinderten Angehörigen gilt eine Sonderregelung: man kann derzeit – mit Einverständnis des Chefs – bis zu drei Wochen freigestellt werden, und der Staat zahlt der Firma ein Drittel der Kosten.
- Schnelltest: Bekomme ich weiterhin mein Gehalt, wenn ich nicht zur Arbeit gehen kann?
2) Dienstverhinderung
Eine Dienstverhinderung liegt vor, wenn die Betreuungspersonen für Kinder oder gepflegte Angehörige wegfällt. Wenn die Betreuungsmöglichkeit in Kindergarten oder Schule nicht gewährt wird und sonst keine andere Betreuungsperson zur Verfügung steht, liegt ein berechtigter Dienstverhinderungsgrund vor, den man dem Chef sofort melden muss.
Während einer solchen Dienstverhinderung besteht grundsätzlich für die Dauer einer Arbeitswoche den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch gilt pro Elternteil und kann daher im Anschluss vom anderen Elternteil genutzt werden. Ein gemeinsamer Haushalt ist dafür nicht erforderlich.
Ähnliches gilt, wenn z.B. die Heimhilfe, PflegerIn, … für pflegebedürftige Angehörige ausfallen.
3) Zwangs-Urlaub & Zwangs-Zeitausgleich
ACHTUNG: Seit 23.3. kann aufgrund des neuen Zwangsurlaub-Gesetzes in Betrieben, bei denen aufgrund von behördlichen Corona-Maßnahmen das Betreten verboten oder eingeschränkt wurde, skandalöser Weise einseitig vom `Arbeitgeber´ Urlaub bzw. Zeitausgleich bis zu 8 Wochen angeordnet werden.
In allen anderen Fällen, in denen Urlaub oder Zeitausgleich einseitig diktiert wird, raten wir dem (am besten schriftlich!) zu widersprechen.
4) Corona-Kurzarbeit
Anlässlich der Corona-Krise gilt ein neues Kurzarbeitsmodell.
- Das Modell der Corona Kurzarbeit ist auf 3 Monate befristet und kann einmalig um weitere 3 Monate verlängert werden.
- Die Arbeitszeit kann in diesem Modell auf bis zu 10% gekürzt werden. Durch Arbeitszeit-Umschichtung kann die tatsächliche Arbeitszeit auch bis auf 0% reduziert werden. Zum Beispiel: 2 Monate Null Arbeitsstunden, ein Monat 30%.
- Zudem kann die Corona-Kurzarbeit auch rückwirkend mit 1. März angewandt werden. Das heitß, die bisher geleisteten Arbeitsstunden können in die Prozente mit einberechnet werden. In diesem Fall hat man die Arbeitszeit bis Ende Mai schon herinnen!
Bezahlt bekommt man:
- 90% bei Entgelt bis zu 1.700,- brutto
- 85% bei Entgelt zwischen 1.700 EUR bis 2.685 EUR brutto
- 80% für Entgelte über 2.685,- EUR
Die Versicherungsbeträge für Pension und Arbeitslosenversicherung bleiben gleich hoch wie vorher.
- Achtung: Das Gesetz regelt, dass auf Wunsch des `Arbeitgebers´ Alturlaube und Zeitguthaben zu verbrauchen sind. Dies ist aber keine Voraussetzung (Muss-Bestimmung), um als Firma Kurzarbeit anzumelden. Das heißt, es besteht auch die Möglichkeit auszuverhandeln, dass der Urlaub nicht (!) verbraucht werden muss.
- Das Arbeitsverhältnis bleibt bei Kurzarbeit aufrecht! Die Firma bekommt in diesem Fall vom AMS das Geld und die Beschäftigten bis zu 100% bezahlte Freizeit. Zudem ist während und 1 Monat nach der Kurzarbeit keine Kündigung möglich (Behaltefrist).
- Bei aller konkreten Kritik an der Corona-Kurzarbeit (und der Finanzierung – die aber nicht Gegenstand der Kurzinfo bildet) ist sie doch in vielen Fällen eine sinnvolle Möglichkeit für die einzelnen Beschäftigten, sowie so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und Arbeitslosigkeit zu verhindern.
5) Nichts unterschreiben ohne vorherige Rückfrage & Prüfung!
Gerade in der aktuellen Krisensituation bekommen viele Arbeitende etwas zum unterschreiben vorgelegt. Etwa eine „einvernehmliche“ Auflösung des Dienstverhältnisses, begleitet von vagen oder tatsächlichen Wiedereinstellungszusagen.
Achtung: Dies führt meist nicht nur zu sofortiger Arbeitslosigkeit, sondern zudem zu massiven Einkommensverlusten (da man viel weniger bekommt als bei Kurzarbeit). Dazu sind auch die Zusagen, nach der Krise wieder eingestellt zu werden, oft sowohl rechtlich nicht einklagbar, auch ist die zukünftige wirtschaftliche Lage der Firma vielfach gar nicht einschätzbar.
Mehr Infos
Zu näheren arbeitsrechtlichen Details siehe auch die Links im Beitrag „Arbeitsrecht und Coronavirus“ bzw. die Homepages der AK, des ÖGB, der GPA-djp sowie weiteren Fachgewerkschaften.