Angesichts des kippenden Klimas: Sozial-ökologischer Umbau der Arbeitswelt

Hochwasser im vergangenen Sommer, ausbleibende Niederschläge und damit zusammenhängende Waldbrände, Hitzetage und -wellen, Wetterkapriolen, Verschiebungen der Vegetationszonen und -zyklen, das prognostizierte Ende der Gletscher …, das kippende Klimasystem hinterlässt auch in Österreich immer merklichere Spuren. Und: „Das Fenster der Gelegenheit, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern“ bevor das Klima endgültig kippt „schließt sich“ – so das IPCC in seinem jüngsten Bericht. Entsprechend düster denn auch UN-Generalsekretär Guterres anlässlich der Vorstellung des letzten Klima-Berichtes: “Wir sind auf dem schnellsten Weg in die Klimakatastrophe.“ Um dieser noch soweit wie möglich zu begegnen bzw. sie zumindest einzuhegen muss denn auch sofort gehandelt werden. Und zwar tiefgreifend und allumfassend.

Um die Pariser Klimaziele einzuhalten und die Lebensgrundlagen der Menschheit zu bewahren, müssen die Treibhausgasemissionen daher schnell und umfangreich gesenkt werden. Dazu bedarf es einer grundlegenden Umgestaltung unserer Produktions- und Lebensweise, denn einzig Effizienzsteigerungen, technologische Lösungen und eine ökologische Modernisierung werden nicht annähernd ausreichen, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden. Eine absolute Entkoppelung der Treibhausgasemissionen vom Wirtschafswachstum ist zumindest in näherer Zukunft illusorisch. Eine Senkung der Emissionen auf ein ökologisch nachhaltiges Niveau (Netto-Null-Emissionen) bei unveränderter Wirtschaftsleistung und Wirtschaftsstruktur umso mehr. Daher wird die Senkung der Treibhausgasemissionen sowohl mit einem klima-nachhaltigen Umbau derWirtschaftsleistung als auch einem tiefgreifenden strukturellen Wandel unseres Wirtschafts- und Wohlstandsmodells (nicht Wohlstandsverzicht!) einhergehen müssen.

Der aktuelle IPCC-Bericht betont die Dringlichkeit der Lage: Ohne schnelle, effektive und gerechte Abmilderungsmaßnahmen, ist die Aussicht düster, bedroht der Klimawandel zunehmend die Gesundheit und die Lebensgrundlagen der Menschen rund um den Globus, die Intaktheit der Ökosysteme und die Artenvielfalt. Vor allem im Kampf gegen die Überschreitung von Kipppunkten des weltweiten Klimasystems gilt es keine Zeit zu verlieren und keine Ressourcen zu verschwenden, denn jedes Zehntelgrad zählt!

Der notwendige Um- und Rückbau unseres Wirtschaftssystems hat auch massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt und somit auf die Beschäftigten. Hier gilt es den Wandel hin zu ökologisch nachhaltigen Arbeitsplätzen in Angriff zu nehmen und sozial zu gestalten! Wie im Kampf gegen die Klimakrise im Allgemeinen überwiegen auch bei einer raschen Ökologisierung des Arbeitsmarktes die Vorteile die Kosten, vor allem jene Kosten, die durch weiteres Zögern und Blockieren in den kommenden Jahren entstehen.

Dementsprechend forderten wir als KOMintern denn auch in der letzten Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien, dass diese von der Bundesregierung, der Stadt Wien und dem Arbeitsmarktservice einfordert, folgende Punkte als Bestandteil einer breiten Strategie sowohl für den öffentlichen als auch für den privatwirtschaftlichen Sektor auszuarbeiten und umzusetzen:

  • Schnellstmögliche Erarbeitung einer sozial-ökologischen Strategie, die die Grundlage für einen aktiven Umbau der Wirtschaftsstruktur und des Arbeitsmarktes bildet. Sie soll eine klare Definition von nachhaltigen Sektoren und Berufen beinhalten (etwa grüne Technologien, Öffentlicher Verkehr, Gesundheits-, Pflege- und Bildungssektor), auf deren Basis die notwendigen Qualifikationen für eine klimaneutrale Arbeitswelt bestimmt und Ausbildungs- und Umschulungsprogramme sowie Arbeitsplätze angeboten werden. Gleichzeitig sollen nicht-zukunftsfähige Sektoren und Berufe benannt und rasche Übergangs- bzw. Ausstiegspfade erarbeitet werden. Diese Strategie soll die Grundlage und zentrale Zielsetzung für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen darstellen.
  • Beschäftigte in ökologisch nicht tragbaren Bereichen sollen gezielt über geeignete und nachhaltige berufliche Alternativen, Ausbildungs- und Umschulungsprogramme informiert werden. Das setzt auch voraus, dass AMS-BeraterInnen entsprechend geschult werden und die Vermittlung in ökologisch und sozial nachhaltige Bereiche zentrale Zielsetzung des AMS ist.
  • TeilnehmerInnen der Ausbildungs- und Umschulungsprogramme müssen auf einem garantierten Niveau des bisher Durchschnittseinkommens und SV-Leistungen finanziell besser abgesichert werden: durch Arbeitsstiftungen sowie der Ausweitung dementsprechender Fachkräftestipendien für nachhaltige Berufe (z.B. in den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Pflege und Bildung).
  • Abschaffung der Sperrfristen des Arbeitslosengelds bei Selbstkündigung aufgrund von klima- und umweltschädlichen Aktivitäten.
  • Für Umsteiger muss es eine Jobgarantie in sozial-ökologisch nachhaltigen Bereichen geben.
  • In der Arbeitsvermittlung durch das AMS soll das Recht auf Ablehnung von Arbeitsplätzen in klima- und umweltschädlichen Unternehmen eingeführt werden. Gleichzeitig ist die zumutbare Dauer der Arbeitswege zu verringern, denn, zumal lange, Pendelzeiten gehen auf Kosten von Umwelt, Gesundheit und Freizeit.
  • Eine weitrechende gesetzliche Arbeitszeitverkürzung hilft das mit dem wirtschaftlichen Umbau verringerte Arbeitsvolumen gleicher zu verteilen. Gerade in ökologisch und sozial nachhaltigen sowie für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft notwendigen Bereichen, ist die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Personalausgleich durchzuführen (beispielsweise im Gesundheits-, Pflege-, Bildungsbereich oder im Öffentlichen Verkehr).
  • Pendelstrecken, die klimaneutral (Fahrrad oder Fußwege) zurückgelegt werden, sollen als Arbeitszeit angerechnet werden. Diesbezüglich sollen tägliche Höchstgrenzen, etwa 30 bis 60 Minuten festgelegt werden. Von aktiver Mobilität profitieren alle in Form von mehr Gesundheit und produktiverer Arbeitsleistung, daher sollen die entstanden Kosten zum Teil vom Arbeitgeber, zum Teil aus öffentlichen Zuschüssen finanziert werden.

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