Schwarz-Grüne Strompreisbremserl

Pünktlich zur bevorstehenden gewerkschaftlichen Aktionswoche gegen die erdrückende Rekordinflation und den bundesweiten „Preise runter!“-Demos des ÖGB am 17.9. sowie um auch der KV-VerhandlerInnen-Konferenz diesen Mittwoch medienwirksam etwas entgegenzusetzen, präsentiert die Regierung spät, mau, unzureichend, sozial indifferent und ökologisch unausgegoren eine lange geforderte Strompreisbremse.

Obwohl von mehreren Seiten weit differenzierter ausgestaltete Modelle mit sozialer Staffelung vorliegen (die wie etwa jenes des Momentum Instituts ausgewogener sind und den „ärmeren Haushalten mehr Geld als einkommensstärkeren Haushalten“ bringen würden), begrüßt die AK in einer Aussendung das Koalitionsanliegen.„Zwar sind die genauen Details noch nicht bekannt, die bereits veröffentlichten Eckpunkte entsprechen aber grundsätzlich dem von AK und ÖGB geforderten Energie-Preisdeckel für Haushalte. Soweit bis jetzt bekannt, sollen 80 Prozent eines durchschnittlichen statistischen Jahresverbrauchs (2.900 kWh) kompensiert werden.“ Auch der ÖGB erblickt in der vorgelegten Strompreisbremse einen zumindest „guten Anfang“.

Für die rund 780.000 einkommensschwachen Haushalte im Land forderte die AK darüber hinaus als „zusätzliche Unterstützung“ einen „Strompreisdeckel plus“, entweder in Form einer Ausweitung der begünstigten Strommenge oder durch für sie nochmals gesonderte niedrigere Strompreise. Schwarz-Grün hat zu diesen Fragekomplex, einer sozialen Staffelung und etwaigen Berücksichtigung der Haushaltsgröße vage einen zweiten Schritt angekündigt. Denn, dass der Regierungs-Entwurf nicht unbedingt durch „sozial Treffsicherheit“ glänzt, steht weitgehend außer Streit.

Unumgänglich wäre generell zunächst freilich mindestens, die Strompreisbremse auch auf Gas (dessen Preis sich in den letzten Monaten verdreifacht hat) und Fernwärme (deren Preise sich zum Teil ebenfalls verdoppelt haben) auszuweiten, anstatt einfach auf halben Wege Halt zu machen – was einem jüngsten WIFO-Papier zufolge ebenfalls problemlos möglich wäre.

Um uns die Energiepreisbremse nicht über das Steuersystem als Melkkühe des Fiskus selber zu zahlen, ist zur Gegenfinanzierung zudem mindestens die sofortigen Einführung einer Übergewinnsteuer notwendig. Es ist geradezu pervers: während die Energie- und Mineralölkonzerne sowie Energieversorger gerade Rekordgewinne einstreichen und an ihre Top-Manager millionenschwere „Erfolgs-Boni“ ausschütten, werden sie zur Eindämmung der beiweilen nicht zuletzt auch von ihnen profit- und gewinngetriebenen und ursächlich (mit)zu verantwortenden Energiepreisexplosion in Österreich nicht zur Kasse gebeten und ihre historischen Extra-Gewinne abgeschöpft. Damit werden wir, nach ersten Bewegungen sogar in Deutschland, mehr und mehr zum Schlusslicht Europas.

Über einen angemessenen Energiepreisdeckel für private Haushalte hinaus ist zugleich dringend eine Preisregulierung der Lebensmittel bzw. Güter des täglichen Bedarfs von Nöten. Und beides nicht nur als Provisorium, sondern als Einstieg in eine grundlegende soziale, demokratische und ökologische Wende. Die Energiepreise sind vielmehr auch in prinzipieller Absicht aus dem Marktmechanismus herauszulösen und in einem Einstieg in eine sozial-ökologische Energie- und Tarifwende entsprechend politisch festzulegen. Mit strikt regulierten, für alle leistbaren Preise für einen festgelegten Grundverbrauch (im Sinne einer öffentlichen Daseinsvorsorge oder Basis-Versorgung) und entsprechend gestaffelten höheren und hohen Tarifen für Mehr- und Großverbrauch, um den verschwenderischen Luxuskonsum einzudämmen und zurückzudrängen (resp. letztlich zu überwinden).

In diese Richtung zielen in Perspektive von Energiesparanreizen und sozialen Gesichtspunkten – also pointiert formuliert bspw. gegen den unnötigen Energieluxus wie Poolheizungen oder Freiluftheizstrahler etc. – auch die letzten Modelle des Momentum Instituts oder der RLS ab. Für einen über den Grundverbrauch hinausgehenden Pro-Kopf-Verbrauch an Energie wird in ihnen dann etwa der Marktpreis fällig und ein überbordender Energieverbrauch zudem mit einem Preisaufschlag versehen. Ergänzend zu einer aktuellen Übergewinnsteuer und ergänzend zu staatlichen Zuschüssen an die Energieversorgen aus Steuermittel, würden wohlhabendere Haushalte mit höherem resp. unsinnigen Verbrauch damit an der Subventionierung des Grundkontingents beteiligt und – je nach Modell zumindest – einen Teil ihres Subventionsbetrags zurückgeben. Gleichzeitig erzeugt es „bei wohlhabenden Haushalten einen stärkeren finanziellen Anreiz zum Energiesparen. Die Sparanreize kommen so dort an, wo sie gebraucht werden, währen der Grundverbrauch günstig bleibt.“

Darüber hinaus gilt es den börsengetriebenen Zusatz-Turbo an den Strom- und Energiebörsen den Garaus zu machen. Denn die Preis-Profit-Rally am einst strikt regulierten Strommarkt wird heute noch zusätzlich durch das Spekulationsfieber an den im Zuge der neoliberalen Wende 2003 etablierten Energiebörsen befeuert. Dergestalt haben sich die durch den in stündlichen Auktionen ermittelten Zusatz-Boost der Börse getriebenen „Strompreise… gegenüber der Vor-Corona-Zeit verzehnfacht“, so der Vermögensverwalter Pictet Wealth Management.   

Eine derartige alternative Energiewende beinhaltet, anders als die verzweifelten Provisorien der Eindämmung der Energiepreise, zum einen ein ganz anderes Preisgefüge als jenes der herkömmlichen Energiewirtschaft, basierend auf den sozial-ökologischen Kriterien des Bedarfs und dessen öffentlicher Basis-Versorgung gegen jedwede Energiearmut und der sozialen Erosion der Verhältnisse sowie des sorgsamen Umgangs mit Energie und der Natur. Zum anderen bedingt ein solcher Umbau des Energieversorgungssystems und der energetischen Transformation einer emanzipatorischen Vergesellschaftung des Energiesektors.  Denn bekanntlich hat der Energiesektor zugleich eine zentrale Rolle in der Klimakrise inne. Ohne tiefgreifender ökologischer Energiewende auf Boden eines alternativen Energieversorgungssystems, dem überfälligen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und Umstieg auf erneuerbare Energie sowie eine emissionsärmere gesellschaftliche Reproduktion, treiben wir schnurstracks auf eine globale Klimakatastrophe und dramatische, chaotische Zustände in sämtlichen Erdregionen zu. Und aktuell zudem auf das blanke Bangen vor der nächsten Stromrechnung und bevorstehenden Heizsaison.

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