Mickrige 7 Euro im Monat für die unteren Einkommenshaushalte als „Meilenstein“?

Zur Abschaffung der Kalten Progression

Fälschlich im Rahmen des „Antiteuerungspakets“ verkauft, hat die Bundesregierung letzte Woche eine teil-automatische Abschaffung der Kalten Progression mit Anfang 2023 beschlossen. Dass dieses (mit Ausnahme des ‚Sonder-‘Steuerspitzensatzes von 55% für Einkommensmillionäre) Ende der Kalten Progression, also deren (zu 2/3 weitgehende) „automatische Abgeltung“ anstelle ihrer bisherigen Abgeltung durch regelmäßige Steuerreformen mit politischen Gestaltungsspielräumen, als Maßnahme ins „Antiteuerungspaket“ geschummelt wird, ist natürlich Humbug und Polit-Brimborium. Die Einnahmen aus der Kalten Progression wurden auch bisher vom Fiskus nicht einfach einbehalten, sondern alle paar Jahre in politisch zielgerichteteren Steuerreformen rückverteilt. Nach der spät auf den Weg gebrachten, mauen, unzureichenden, sozial indifferenten und ökologisch unausgegoren Strompreisbremse, war auch der Zeitpunkt der Präsentation des schon länger angekündigtem Aus der Kalten Progression strategisch zu den heutigen österreichweiten ÖGB-Demonstrationen und dem Herbstlohnrunden-Auftakt am Montag gewählt. „Sozial gerechter“ oder „treffsicherer“ wurde das vermeintliche Leuchtturmprojekt dadurch indes nicht. Nachstehend ein kurzer Überblick der GPA und erste Berechnungen des Momentum Instituts.

Wie die Bundesregierung die Kalte Progression abschaffen will

2/3 der Kalten Progression sollen künftig automatisch abgegolten werden. Dazu sollen sich die Grenzen im Steuertarif (die sogenannten Steuerstufen) automatisiert verschieben. Das gilt auch für Absetzbeträge wie Alleinverdiener-, Verkehrs oder Pensionistenabsetzbeträge.

Die Verteilung des übrigen Drittels wird politisch beschlossen. Das macht auch Sinn. So kann nämlich fairer verteilt werden – hin zu jenen, die stärker von der Inflation betroffen sind. Im Moment sind das zum Beispiel junge und alte Menschen oder auch LandbewohnerInnen (wegen der Spritpreise). Niedrigere Einkommen sind außerdem stärker von der Kalten Progression betroffen.

Damit die Berücksichtigung dieser Punkte passieren kann, fordern wir als Gewerkschaft GPA einen Inflationsbericht, der genau berechnet, wie stark die Teuerung auf unterschiedliche Personengruppen wirkt [um die recht unterschiedlichen Inflations-Betroffenheiten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen angemessen zu berücksichtigen].

Was 2023 passiert

Für 2023 wurde die Verteilung des „politischen“ Drittels der Abgeltung bereits von der Regierung festgelegt. Die zugrundeliegende Inflationsrate von Juli 2021 bis inklusive Juni 2022 beträgt 5,2 Prozent und das gesamte Aufkommen der Kalten Progression wird auf knapp 1,85 Milliarden Euro geschätzt.      

Der Betrag, der automatisch verteilt wird, kommt auf 1,23 Milliarden Euro, was einer Anhebung der Steuergrenzen und der Absetzbeträge um 3,47 Prozent entspricht. Das „politische“ Drittel macht demnach 617 Millionen Euro aus und soll im Jahr 2023 dafür genützt werden, die untersten zwei Stufen mit 6,2 Prozent über der Inflationsrate zu erhöhen.

Ebenfalls soll die diesjährige politische Verteilung dafür eingesetzt werden, die Absetzbeträge inklusive Einschleifgrenzen und Negativsteuerbeträge im vollen Ausmaß der Inflation zu erhöhen.

Allerdings, wie Robin Perner, Ökonom in der Grundlagenabteilung der GPA auch im Einzelnen ausführt, ist der Versuch der schwarz-grünen Koalition „die Anpassung über der Inflation in den untersten beiden Stufen als besondere Maßnahme für kleine und mittlere Einkommen zu verkaufen, eine Mogelpackung. … Denn durch die progressive Ausgestaltung unseres Steuersystems hilft eine stärkere Erhöhung der ersten beiden Stufen auch allen darüberliegenden Einkommen. Potenziell sogar stärker, wenn kleinere Einkommen nicht hoch genug sind, um überhaupt die dritte Grenzsteuerstufe erreichen. Viel sinnvoller wäre es also gewesen, die automatische Anpassung bereits so zu gestalten, dass keine Über – bzw. Unterkompensation entsteht und dann mit dem politischen Drittel Maßnahmen zu setzen die gezielt nur jenen Einkommensgruppen helfen, die eine Entlastung besonders nötig haben.“

Mickrige 7 Euro im Monat für die unteren Einkommenshaushalte als „Meilenstein“?

Um diesen Effekt (bei der in ihrer konkreten Ausgestaltung der teil-automatischen Abschaffung zugrunde gelegten Inflationsrate Juli 2021 bis Juni 2022 von 5,2%) aber mit einer aktuellen Berechnung des Momentum-Institut zumindest einmal ein Stück weit anschaulich zu machen: Im untersten Fünftel der Einkommenshaushalte bringt die Abschaffung der Kalten Progression pro Kopf 84,- Euro im Jahr oder maue 7,- Euro im Monat, für die Hoch-Einkommensgruppe der ohnehin Begüterten hingegen knapp 500,- Euro per annum.

Bild: Chris/Flickr

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