Die aktuelle profit- und spekulationsgetriebene „Gewinn-Inflation“ und das Gewäsch der angemahnten ‚Lohnzurückhaltung‘ II

Obschon, wie wir im ersten Teil nachzeichneten, die aktuelle Inflation selbst für die maßgeblichen internationalen Wirtschaftsinstitutionen wie IWF, BIZ oder der EZB – nebst „Mehrfachkrise“, darunter insbes. die politisch herbeigeführte Verknappung von Rohstoffen und anderen Handelsgütern – vorrangig als profitgetriebene gilt, erschallt in Österreich pünktlich zu den ihren Schatten vorauswerfenden Herbst-KV-Runden der Chor nach ‚Lohnzurückhaltung‘. Die dahinter in Anschlag gebrachte, längst widerlegte, aber schier unzerstörbare ökonomische Mär einer „Lohn-Preis-Spirale“, haben wir auf diesen Seiten schon vielfach ausführlich abgehandelt. Das „Momentum Institut“ hat in seinem verdienstvollen Beitrag „‚Lohnzurückhaltung‘ kommt Beschäftigten teuer“, jüngst wiederum die Durchschnittsverluste der IHS-, WIFO-, und OeNB-Vorschläge detaillierter durchgerechnet, den wir hier folglich auch unsererseits wiedergeben wollen.  

Schon kurz vor besagtem, nachstehenden Beitrag stellte das „Momentum Institut“ bereits zu Recht heraus: „Die ersten Rufe nach einer Lohnzurückhaltung werden bereits laut. Zuletzt von den wirtschaftsliberalen Leitern von Wirtschaftsforschungsinstituten und Think Tanks, IHS, WIFO und Agenda Austria. Doch damit sich die Menschen das Leben in Zeiten der Teuerung trotzdem leisten können, müssen die Löhne mit den Preisen schritthalten. Auch ökonomisch passt die Forderung nicht: Wer Lohnzurückhaltung fordert, muss zuvor Gewinnzurückhaltung fordern. Nicht gleichzeitig. Nicht davor. Sondern an erster Stelle kommt der Gewinnverzicht. Warum? In Österreich werden Löhne immer im Nachhinein verhandelt – oft Monate, teils ein ganzes Jahr, nachdem Unternehmen ihre Preise erhöht haben. Basis dafür ist die Inflationsrate der vergangenen 12 Monate. (…) Letzten Endes sind wir in dieser verfahrenen Situation mit höheren Inflationsraten als anderswo deshalb, weil Österreichs Betriebe letztes Jahr nicht bereit waren, auf Gewinne zu verzichten. Allen voran die Energiekonzerne. Nun müssen uns jene aus der misslichen Lage befreien, die uns dahin gebracht haben. In dieser Reihenfolge. Bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen klopft man dafür wahrlich an der falschen Tür.“

‚Lohnzurückhaltung‘ kommt Beschäftigten teuer

Die wirtschaftsliberalen Leiter der Institute WIFO und IHS sowie die Österreichische Nationalbank haben Empfehlungen für niedrigere Lohnabschlüsse vorgelegt. Das Momentum Institut hat berechnet, welche Verluste diese Modelle für Vollzeit-Beschäftigte im Durchschnitt bedeuten.

Die anhaltende Teuerung rückt die Verteilungsfrage ins Zentrum. Die Leiter des WIFO, IHS und der OeNB haben den Gewerkschaften empfohlen, sich bei den im Herbst anstehenden Lohnverhandlungen zurückzuhalten, um die Unternehmen vor höheren Lohnkosten zu bewahren. Drei Vorschläge zur Lohnzurückhaltung wurden skizziert.  

In Österreich befinden wir uns in der größten Teuerungswelle seit 70 Jahren. Zusätzlich folgen die Löhne den Preisen. Somit müssen Menschen mit ihren Löhnen meist bis zu einem Jahr oder gar länger, die gestiegenen Preise berappen. Vergangenes Jahr gingen drei Viertel der heimischen Teuerung auf die gestiegenen Profite von einigen Unternehmen zurück. In dieser Situation für einen Lohnverzicht zu plädieren ist problematisch. Angesagt ist nun den Beschäftigten diese gestiegenen Ausgaben zu kompensieren, übermäßig zur Kasse gebeten hat man sie ja bereits das ganze letzte Jahr.

Vorschlag 1: IHS – Lohnverhandlung alle 2 Jahre

Holger Bonin, mit 1. Juli Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), schlägt vor die Laufzeit von Kollektivverträgen in Österreich von einem auf zwei Jahre zu verlängern. Verhandeln wir Löhne aber nur noch alle zwei Jahre, dann bleiben Beschäftigte in Zeiten hoher Inflation zwei statt ein Jahr lang auf der Teuerung sitzen. Für dieses Jahr wäre das eine bittere Pille, nachdem die Arbeitnehmer:innen bereits vergangenes Jahr einen Reallohnverlust von rund vier Prozents schlucken mussten.

Wären die österreichischen Lohnverhandlungen seit Einführung des Euro nach diesem Modell erfolgt, hätten Arbeitnehmer:innen zwischen 2000 bis 2022 insgesamt 9.700 Euro brutto an Lohnzuwächsen verloren. Für den Zeitraum zwischen 2023 bis 2025 kämen weitere 2.800 Euro Verlust dazu.  

Vorschlag 2: WIFO – österreichische Lohnentwicklung an Deutschland binden

Gabriel Felbermayr, Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), plädiert für die Anpassung der Löhne in Österreich nach Deutschland zu blicken. Wären die hiesigen Löhne im Zeitraum zwischen 2000 bis 2022 so gewachsen wie in Deutschland, dann würde das für eine:n Vollzeit-Arbeitnehmer:in insgesamt einen Lohnverlust von 58.900 Euro bedeuten. Jährlich hießen das Einbußen in der Höhe von rund 2.700 Euro. Binden wir unsere Lohnentwicklung an die in Deutschland, bedeutet das im Schnitt, dass Arbeitnehmer:innen jährlich teilweise auf ein gesamtes Monatsgehalt verzichten würden. Für den Zeitraum zwischen 2023 bis 2025 kämen weitere 3.800 Euro Verlust dazu.

Vorschlag 3: OeNB – Erhöhung auf Basis der heimischen Teuerung

In der Konjunkturprognose der Österreichischen Nationalbank findet sich der Vorschlag, die Verhandlungsgrundlage für die Gewerkschaften zur Erhöhung der Löhne in Zukunft an den Preisindex für die heimische Produktion zu binden und nicht länger an den Verbraucherpreisindex (VPI). Dadurch würden aber Preisänderungen für importierte Güter – wie etwa für teures russisches Gas – nicht berücksichtigt werden. Zur Berechnung der Inflationsrate wird aktuell der VPI herangezogen. Nach diesem Vorschlag hätten die Beschäftigten in den letzten 22 Jahren insgesamt 20.000 Euro an Lohn verloren. Für den Zeitraum von 2023 bis 2025 kämen erneut 2.300 Euro Verlust hinzu.  

In Österreich haben wir zunehmend einen Arbeitnehmermarkt, nicht länger einen Arbeitgebermarkt. Arbeitnehmer:innen müssen in dieser Situation nicht jegliche Arbeitsbedingungen akzeptieren. In so einer Lage wird es wohl schwer den Beschäftigten Reallohnverluste schmackhaft zu machen und ihnen einen Lohnverzicht zu verkaufen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Inflation Großteils durch die Profite von Unternehmen getrieben ist. Warum sollen sie nun Verluste akzeptieren, weil Unternehmen ihre Gewinnspannen übermäßig erhöht haben? Unterm Strich wird sich die Rechnung für sie nicht ausgehen. Hohe Löhne sichern Österreichs Kaufkraft nachhaltig, tragen zu einer positiven Wirtschaftsentwicklung bei und schützen vor Armut.

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