Change by Design, not by Disaster!

Während die Auswirkungen der Klimakrise zunehmend unübersehbar werden – ja, die neueste Studie zu den planetaren Belastungsgrenzen gerade unterstich, dass mittlerweile sechs von neun Schwellgrenzen (teils gravierend) überschritten sind –, bleiben Klimaschutzmaßnahmen deutlich hinter den Notwendigkeiten zurück. Immer noch wird auf das Wirken von Marktkräften und technologische Wunderlösungen gesetzt.

Im Kampf um unsere Lebensgrundlagen zählt jedes Zehntelgrad Erhitzung, das vermieden werden kann. Dazu muss u.a. die Energie- und Verkehrswende konsequent eingeleitet und unser Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Dahinter stecken allerdings Veränderungen in Dimensionen, die strategischer Investitionen, Prioritätensetzungen, Umstrukturierungen bis hin zu Verhaltensänderungen bedürfen. Ohne gesellschaftliche Steuerung werden die Pariser Klimaziele schwer erreichbar sein.

Treibhausgasemissionen sind von vielerlei Faktoren abhängig: von der Wirtschaftsleistung und -struktur, von technologischen Faktoren, der Energie- und Emissionsintensität sowie von Konsumniveaus und Konsummustern. Im Wesentlichen aber von unserer Energiebasis und vom Energiemix: weltweit sind ca. 73% der Treibhausgasemissionen energiebedingt. Dies spiegelt sich auch im Carbon Majors Report wider: Hier werden 70,6% der weltweiten industriellen Treibhausgase von 1988 bis 2015 hundert Energiekonzernen zugrechnet. 90% dieser Emissionen entstehen in der Verwendung ihrer Produkte, sprich bei der Verbrennung fossiler Energieträger in der Produktion, im Verkehr oder Gebäudesektor. Auch wenn der Kapitalismus mit seinem Profitstreben und Wachstumszwang sowie der Macht der Konzerne als wesentliche Ursache der Klimakrise benannt werden muss, ist ihre Lösung komplexer als die notwendige Überwindung privatkapitalistischer Eigentumsverhältnisse.

GHG Emissions By Sector 1200px

Die Herausforderung besteht darin, dass wir unseren Energieverbrauch senken müssen. Bis 2030 soll der Stromverbrauch in Österreich vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, die Stromerzeugung von derzeit 53 TWh pro Jahr auf 82 TWh gesteigert werden, bis 2050 auf 93 TWh. Das deckt den gesamtgesellschaftlichen Energiebedarf bei gleichbleibendem Produktions- und Konsumniveau allerdings bei weitem nicht. Die Umstellung der Energiebasis z.B. in der Stahl- sowie Zementindustrie würde jeweils ca. die Hälfte des derzeitigen Stromverbrauchs an zusätzlichem (erneuerbaren) Strom nötig machen, für die chemische Industrie wären es nochmals 60 TWh. Damit würde sich der jährliche Strombedarf alleine durch die Umstellung dieser drei Branchen fast verdreifachen (derzeit ca. 70 TWh). Durch die Herstellung synthetischer Treibstoffe für den Flug- und Straßenverkehr würde ein zusätzlicher Strombedarf von ca. 100 TWh entstehen. 

Gesellschaftlich geplant und gesteuert kann die sozial-ökologische Wende über die geordnete Senkung der in den Endprodukten angehäuften Treibhausgasemissionen werden. Sie bauen sich in (internationalen) Wertschöpfungs- und Lieferketten auf, entstehen aber auch beim Konsum oder der Entsorgung. Um in der Klimapolitik qualifizierte Entscheidungen treffen zu können, braucht es daher Informationen, auf deren Grundlage datenbasierte Treibhausgasreduktionswege beschritten werden können. Sie beinhalten 
– mögliche Emissionsreduktion durch Energiewende, Technologien und Senken bzw. Vermeiden von Prozessemissionen, 
– Möglichkeiten der Umstellung bzw. Notwendigkeit zur Verringerung der Produktpalette und der Produktionsniveaus, 
– ökologisch sinnvolle Regionalisierung und Verringerung von Transportwegen. 

Technologische Lösungen sowie notwendige Senkungen des Energieverbrauchs und Verhaltensänderungen können damit dargestellt werden. Ein ganzheitliches Bild der angehäuften Emissionen und möglicher Reduktionspfade ermöglicht datenbasierte Entscheidungen hin zu einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise sowie die Setzung von Prioritäten und konkreten Schritten. Die Grundlage für einen geplanten, geordneten und transparenten Umbau der Wirtschaftsstruktur sowie der damit zusammenhängenden Veränderung bzw. Verringerung von Produktion und Konsum kann dadurch geschaffen werden. 

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