Gestreikt, abgestimmt und angenommen: KV Privatkrankenanstalten

In einem Verfahren, das in der österreichischen Sozialpartnerschaft weitgehend seinesgleichen sucht, fand der Kollektivvertrag für die Privatkrankenanstalten gestern, 20.3., seinen Abschluss. Die Beschäftigten waren nämlich dazu aufgefordert, darüber abzustimmen.

Arbeitszeitverkürzung, „Teuerungsprämie“ und Lohnerhöhungen

Der Abschluss selbst spiegelt durchaus einen Erfolg des Warnstreiks Mitte Februar wider: ab 1. Juli wird die Arbeitszeit von 40 auf 39 Stunden gesenkt. Diese Arbeitszeitverkürzung zahlen die Vollzeit-Beschäftigten im Gegensatz zu vergleichbaren Abschlüssen wie dem dreijährigen in der Sozialwirtschaft 2020 nicht selbst, denn dort wurde die Arbeitszeit zwar verkürzt, jedoch ohne dass die Löhne erhöht wurden. Ab 1. Juli steigen die Löhne der Vollzeit-Beschäftigten um mindestens 180 Euro (durchschnittlich sind das, die Arbeitszeitverkürzung eingerechnet, 10,56%). Bis dahin werden 4x 400 Euro netto also Teuerungsprämie ausgezahlt – mit diesen Einmal-Zahlungen wird defacto die Zeit zwischen dem Auslaufen des alten KVs Ende 2022 und dem Inkrafttreten des neuen KVs abgegolten, eine nachhaltige Maßnahme ist das nicht. KollegInnen in Teilzeit erhalten diese Prämie anteilsmäßig. Bei Teilzeit-Beschäftigten steigt laut Gewerkschaft vida der „Reallohn“ (gemeint sind mit der Formulierung wohl KV- und IST-Löhne) um 9,56%. Aber auch wenn der Abschluss in Relation zu anderen gut klingen mag – von der ursprünglichen gewerkschaftlichen Forderung von plus 500 Euro ist er deutlich entfernt.

Urabstimmungen sind möglich

Vor dem Abschluss waren die Beschäftigten in Branche dazu aufgerufen, im Rahmen einer Urabstimmung über den letzten Vorschlag des Vida-Verhandlungsteams abzustimmen. Das ist gut: denn im Gegensatz zu anderen KV-Auseinandersetzungen, wo demokratische Forderungen nach Abstimmungen oftmals mit fadenscheinigen Argumenten abgeschmettert werden, hat die Befragung unter den KollegInnen der Privatkrankenanstalten gezeigt, dass das Abfragen der Meinung derer, die dann tatsächlich unter dem KV-Abschluss arbeiten müssen, durchaus möglich ist. Gleichzeitig greift im konkreten Fall jedoch die einfache Wahlmöglichkeit zwischen „Ja“, „Nein“ und „Weiß nicht“ zu kurz. Eine tatsächliche Einbeziehung würde auch bedeuten, dass erklärt wird, welche Auswirkungen ein „Nein“ zum Letztvorschlag hat. Genau hier kann nämlich über weitere Kampfmaßnahmen entschieden werden: entweder der KV wird abgeschlossen oder wir kämpfen weiter – das wäre eine echte Wahlmöglichkeit! Es wird sich zeigen, ob dieses Beispiel Schule in anderen Branchen und Fachgewerkschaften machen wird.

Es gibt noch viel zu tun!

Keine Frage: es ist noch ein weiter Weg bis hin zu tatsächlich guten Arbeitsbedingungen in der Branche. Denn Personalmangel, stetig wachsender Druck und ein immer belastendender werdender Personalschlüssel haben sich in den letzten (Pandemie-)Jahren nur noch weiter verschärft. Dennoch konnten über Streiks greifbare (Teil-)Erfolge erzielt werden. Es hat sich in der Branche wie schon bei den Ordensspitälern gezeigt, dass Arbeitskämpfe möglich sind und die Beschäftigten auch bereit sind, diese zu führen. Erste Arbeitskämpfe sind immer auch Anknüpfungspunkte für kommende Auseinandersetzung – und diese sind bitter notwendig.

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