Fair statt prekär – Großdemonstration im Rahmen einer öffentlichen Betriebsversammlung der Lehrenden des akademischen Unterbaus

Donnerstag 23.3., Treffpunkt: 14.00 Uhr Sigmund-Freud-Park (Schlusskundgebung: Resselpark/ Karlsplatz)

Seit Jahren verschlechtern sich aufgrund der neoliberalen Wettbewerbsorientierung, Befristungen der Arbeitsverträge und eklatanten Finanzierungslücken die Arbeitsbedingungen des Forschungs- und Lehrpersonals an den heimischen Universitäten drastisch.

Entsprechend trugen die Lehrenden des sogenannten Unterbaus (vormals Mittelbau) der Universitäten ihre Forderungen, allen voran nach Abschaffung des berüchtigten § 109 des Universitätsgesetzes (Kettenvertrags-§), bereits zu den KV-Verhandlungen im Dezember lautstark auf die Straße und eröffneten das nunmehrige Sommersemester mit einem Protestmonat und gehen nach dem heutigen „Tag der prekären Lehre und Forschung“ am Donnerstag neuerlich auf die Straße. Und das Forschungs- und Lehrpersonal zeigte sich dabei durchaus betont kampf- und streikbereit.

Denn – abseits der Einkommen und Arbeitsbedingungen unbefristeter Professuren – sind die Arbeitsbedingungen des heimischen Lehrpersonals an den Universitäten höchst prekär, die Gehälter mies und mangelt es seit dem neuen Universitätsgesetz von 2002 auch an umfassenden Mitspracherechten.

Satte 80 bis 90% des Unterbaus (Postdoc-ForscherInnen, Drittmittelangestellte, LektorInnen und andere WissenschafterInnen unterhalb der Professur – oder 34.000 Beschäftigte in ganz Österreich) arbeiten gegenwärtig in befristeten Arbeitsverträgen, die mit der Novelle der Kettenverträge 2021 auf die Gesamtdauer von acht Jahren nach maximal zweimaliger Verlängerung befristet wurde – danach ist Schluss, ein defacto Berufsverbot.

„Eine traurige Spitzenposition im internationalen Vergleich“, wie das Netzwerk Unterbau Wissenschaft zu Recht bemerkt. Entsprechend bezeichnete Leoni Breth vom Netzwerk die aktuelle Situation jüngst auch als schlicht „existenzbedrohend“ und zog einen prägnanten Vergleich: „Das ist so als würde ein Unternehmen nach acht Jahren jemanden kündigen, nur weil er es nicht zum Chef gebracht hat.“

„Während das allgemeine österreichische Arbeitsrecht eine Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverhältnissen (‚Kettenverträge‘) weitgehend untersagt, wurde mit dem §109 in der Universitätsgesetznovelle von 2002 (UG2002) eine Ausnahmeregelung für befristete Anstellungsverhältnisse geschaffen“, wie das Netzwerk zu Recht betont. Zu ergänzen wäre freilich, dass die koalitionäre Novellierung des § 109 (2021) auch entscheidend auf das Konto der Grünen geht und namentlich von deren Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger auch immer wieder vehement gegen jedwede Kritik verteidigt wird. Real bedeutet dies, „befristete Beschäftigungsverhältnisse aneinander zu reihen und letztlich auslaufen zu lassen“.

Der Irrsinn von § 109 zeigt sich unter anderem auch daran, dass Studierende, die z.B. neben dem Studium in der Bibliothek arbeiten, nach ihrem Abschluss nur begrenzt akademisch an der Universität beschäftigt werden können, weil jede Anstellung (mit Ausnahme der problematischen freien Dienstverträge) an der Universität in das acht Jahrespensum eingerechnet wird.

Die Forschenden und Lehrenden des Unterbaus fordern daher auch die Abschaffung des § 109 bzw. allermindestens dessen grundsätzliche Neuverhandlung zur Entfristung der Arbeitsverträge und längerfristige Beschäftigungsperspektiven unter ihrer Einbeziehung. Entsprechend regt das Netzwerk auch die „Überführung der Universitätsangestellten ins allgemeine Arbeitsrecht an“.

Darüber hinaus enthält der Forderungskatalog des Unterbaus zudem eine Palette weiterer, weitreichender Reformen des österreichischen Hochschulsystems. Diese reichen von der Behebung der massiven Unterfinanzierung, dem Schluss mit der neoliberalen Ökonomisierung und Wettbewerbsorientierung der Universitäten, über die Ausfinanzierung der Forschung, ordentliche Gehälter und den Aufgaben angemessene unbefristete Arbeitsverträge, sowie eine nachhaltige Personalpolitik, bis zu einer generellen Demokratisierung des Wissenschafts-, Lehr- und Forschungsbetriebs der Hochschulen.

Dementsprechend heißt es im Demonstrationsaufruf für Donnerstag auch: „Doch eine bloße ‚Reparatur‘ des Gesetzes reicht unserer Ansicht nach nicht aus. Wir fordern eine grundlegende Reform des Universitätssystems. Eine Reform, mit der Forschung und Lehre an den Universitäten nachhaltig und langfristig gesichert werden! Wir fordern, dass das Auseinanderdriften von Lehre und Forschung gestoppt wird! Wir fordern, dass erfahrene Mitarbeiter:innen nicht aus dem Uni-System gedrängt werden, sondern im Gegenteil Erfahrung und Engagement belohnt werden! Wir fordern, endlich gute Arbeitsbedingungen und vielfältige Berufs- und Karrierewege an der Universität zu schaffen! Wir fordern demokratische Strukturen, die Mitbestimmung für ALLE Mitarbeiter:innen an der Universität genauso wie für Studierende möglich macht!“

Zur Durchsetzung ihrer Forderungen zeigten und zeigen sich die Protestierenden dabei betont kampf- und streikbereit. „Es gibt kein Naturgesetz, wieso Unis nicht bestreikt werden sollten, um Verbesserungen durchzusetzen“, betonte dementsprechend auch etwa Sebastian Kugler vom Netzwerk Unterbau Wissenschaft die Bereitschaft zu Kampfmaßnahmen für notwendige Verbesserungen unterstreichend. Unterstützung für ihre Forderungen bekamen und bekommen die Beschäftigten des ehemalig akademischen Mittelbaus dabei auch von zahlreichen ProfessorInnen. „Erfreulich an den Protesten war zuletzt zudem“, wie Lukas Pflanzer vom Kommunistischen Studierendenverband (KJÖ) betont, „dass der Arbeitskampf der Universitätsangestellten in einen Kontext mit anderen Arbeitskämpfen gestellt wurde und die Solidarität mit allen Arbeitenden, national und international stark betont wurde“.

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