Festival 16. Juli: 10 Jahre Frauenrevolution in Rojava

Sa. 16.7., 14.00 – 21.30 Uhr, Heldenplatz, 1010 Wien

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Der 19. Juli 2012 gilt als Beginn der Rojava-Revolution. Damals begann die Bevölkerung in Westkurdistan (Nord- und Ostsyrien) ihre eigene Selbstverwaltung aufzubauen. Das kollektive Selbstbestimmungs-Projekt Rojava auf Grundlage einer direkten, rätebasierten Demokratie sowie der umfassenden Frauenbefreiung, wurde einer breiten Weltöffentlichkeit dann spätestens zwei Jahre danach im heroischen Kampf um Kobanê bekannt.

Im Herbst 2014 hielt die Welt den Atem an, blickte gebannt auf die Stadt an der türkischen Grenzregion und fieberte quer durch die politischen Landschaften mit den Kurden und Kurdinnen in ihrem Kampf um Kobanê gegen die Mörderbanden des „IS“ mit. Nach vier Monaten erbittertem Gefecht, gelang es den kurdischen FreiheitskämpferInnen der YPG und YPJ zusammen mit ihren kommunistischen Verbündeten aus der Türkei und internationalistischen Freiwilligen im Herbst 2014 und Jänner 2015 dann bekanntlich Kobanê vollständig zurückzuerobern und zu befreien. Völlig zu Recht stieg die Schlacht um Kobanê zum Symbol der Unbeugsamkeit des kurdischen Selbstbestimmungskampfes wie Widerstands gegen den IS-Terror auf. Zum 10. Jahrestag liegen allerdings dunkle Wolken einer neuerlichen Militäroffensive der Türkei über der „Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyriens“ sowie die akute Gefahr einer von Ankara geplanten, großangelegten demographischen Neuordnung der Region.

Während die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDK) die djihadistischen Kalifat-Krieger des Daesch Dorf für Dorf und Stadt für Stadt niederrangen und kurz vor Newroz 2019 die letzten Bastion des IS eingenommen und die schwarzen Fahne der Dunkelheit endgültig hinweggefegt haben, und inmitten der Kampfwogen die gesellschaftlichen Verhältnisse umwälzten und ein revolutionäres Neuland aufbauten, eröffnete die Türkei eine Kaskade schmutziger Kriege und Militärinterventionen gegen Rojava – um sich dem verhassten Projekt an seiner Südgrenze und dessen Ausstrahlung in Gesamtkurdistan sowie den Regionen im Nahen und Mittleren Osten zu entledigen. Sowohl die in der „Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien“ Gestalt annehmende Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts wie auch das Modell des multiethnisch- und multikonfessionellen Selbstverwaltung Rojava und dessen rigoroser antipatriarchaler Charakter einer Frauenrevolution (mit dem ein neues Kapitel in der Geschichte der Frauenbefreiungskämpfe geschrieben wird),  ist den türkischen Eliten ein derartiger Dorn im Auge, dass es mit allen nur erdenklichen Mitteln – oder in Erdoğans eigenen Worten: „wie hoch der Preis auch sein mag“ – besiegt und mit Stumpf und Stiel beseitigt werden soll. In der kurdischen, nordsyrischen Region Afrin unternimmt nach dessen Besatzung das AKP/MHP-Regime seither folglich auch eine großangelegte bevölkerungspolitische Neuordnung.

Mit dieser Weichenstellung holte Erdoğan zugleich die faschistische Partei der Nationalistischen Bewegung MHP – besser bekannt als Graue Wölfe – unter deren Vorsitzendem Devlet Bahçeli ins Boot und schmiedete die seitherige außen- wie innenpolitisch gleichermaßen militant nationalistische und aggressive AKP/MHP-Koalition. Die NATO und die „westliche Wertegemeinschaft“ wiederum, nahmen weder am faschistischen Charakter der AKP/MHP-Regierungskoalition, noch an den mittlerweile bereits 7 Jahre andauernden, schmutzigen Kriegen des Partners am Bosporus gegen Kurdistan Anstoß. Um internationale Kritik, Ächtung, gar Sanktionen, muss sich Ankara aufgrund der doppelten Standards des Westens daher nicht scheren. Vielmehr erfolgen seine Kriege mit grünem Licht, Öffnungen des Luftraums und Waffenlieferungen des transatlantischen Bündnisses.

Die Lage zum 10. Jahrestag des Selbstbestimmungs-Projekts in Nord- und Ostsyrien ist brisant wie lange nicht. Bereits am 23. Mai kündigte Erdogan öffentlich an, erneut den Krieg gegen Rojava zu eröffnen. Die Kriegsvorbereitungen, Truppenzusammenziehungen und Einleitung der Militäroffensive laufen auf Hochtouren. Drohnenangriffe und erste Vorstöße sind bereits im Gange. Und mit dem Tauziehen um die NATO-Erweiterung um Finnland und Schweden wurden die Kurden und ihre Verbündeten auch von Stockholm schon mal geopfert und die syrisch-kurdischen Selbstverteidigungskräfte der YPG und YPJ zu „Terrororganisationen“ gestempelt. Brustgeschwollen berichten denn auch türkische Medien im Gefolge des NATO-Deals zwischen der Türkei und Schweden/Finnland in einem ersten Aufwaschen die Auslieferung von 406 Personen aus der EU nach Ankara beantragt zu haben.

Zugleich forciert das türkische Regime im Windschatten der imperialistischen Konfrontations- und Kriegspolitik seine neo-osmanischen und immer stärker auch panturanistisch-völkisch konnotierten Ambitionen: einer Ausweitung der türkischen Grenzen auf die nördlichen Regionen Syriens (die es zwischen Tall Abjad und Ras al-Ain bereits mit Segen der Großmächte kontrolliert) bis in die erdölreichen Gebiete um Kirkuk im Nordirak, sowie die Wiedereröffnung der Mossul-Frage – mischte aber auch im Kaukasus-Konflikt 2016 und 2020 offen mit oder intervenierte in Libyen und ist heute ein gewichtiger Schutzpatron al-Sarradsch‘ und seiner islamistischen Milizen in Tripolis. Mit seinen steten Militäroperationen im Nordirak wiederum setzt sich die Türkei Schritt für Schritt dauerhaft im Irakisch-Kurdistan fest und okkupiert neben syrischem zusehends auch irakisches Territorium. Zugleich trachtet die Türkei mit einem neuerlichen Kriegsgang ihren Plan eines „arabischen Gürtels“ umzusetzen. Sprich: Über eine Million syrischer Geflüchtete zur demographischen Neuordnung der Region entlang der Grenze anzusiedeln um die Demographie in den Gebieten ethnisch zu verändern und die nord- und westkurdischen Gebiete zwischen Syrien und der Türkei voneinander zu trennen.

Ob und inwieweit sich das neo-osmanische Kriegskabinett in Ankara gegen die Rojava- wie Frauen-Revolution und die kurdische Freiheitsbewegung jedoch durchzusetzen vermögen, hängt dabei nicht zuletzt auch vom internationalen Widerstand ab, den wir ihnen in internationaler Solidarität mit Rojava entgegensetzen.

Vor diesem Hintergrund gedenken wir auf der Veranstaltung auch des Jahrestages des Suruç-Massakers, bei dem am 20.7. vor 7 Jahren 33 hauptsächlich junge Sozialistinnen und Sozialisten im türkischen Grenzgebiet – die als Solidaritätsbrigaden zur humanitären Hilfe und zum Wiederaufbau nach Kobanê aufbrechen wollten – einem Bombenattentat der Mörderbanden des IS zum Opfer fielen. 104 weitere wurden bei diesem dreckigen Anschlag – teils schwer – verletzt.

In diesem Wissen und der darin eingeschriebenen solidarischen Verpflichtung laden wir alle InternationalistInnen, AntifaschistInnen, die kämpferisch-proletarischen Flügel der Frauenbewegung, KommunistInnen, Revolutionäre und kämpferisch-internationalistischen Teile der revolutionären ArbeiterInnenbewegung zu unserem Rojavafestival am Samstag 16.7. (14.00 – 22.00 Uhr am Heldenplatz) ein, um den 10. Jahrestag der Rojava-Revolution zu begrüßen und das radikal-demokratische, kollektive Selbstbestimmungs-Projekt sowie die Frauenrevolution in Rojava zu feiern und der drohenden türkischen Militäroffensive, es vom Erdboden radieren zu wollen, gemeinsam entgegenzutreten.

  • Verteidigen wir die Rojava-Revolution!
  • Gerechtigkeit für Suruç!
  • Kampf dem türkischen Faschismus!
  • Hoch die internationale Solidarität!

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