Am Dienstag trugen nun auch mehrere hundert Lehrende des Unterbaus (vormals Mittelbau) der Universitäten ihre Forderungen nach einem Gehaltsabschluss von mind. 12% sowie die Abschaffung des § 109 UG (Kettenvertrags-§) lautstark zu den beginnenden Uni-Kollektivvertragsverhandlungen. Das Forschungs- und Lehrpersonal zeigte sich dabei durchaus kampf- und streikbereit.
Denn, abseits der Einkommen und Arbeitsbedingungen unbefristeter Professuren, sind die Gehälter und Arbeitsbedingungen des heimischen Lehrpersonals an den Universitäten prekär und es mangelt seit dem neuen Universitätsgesetz von 2002 auch an umfassenden Mitspracherechten.
Satte 94% des Unterbaus (Postdoc-ForscherInnen, Drittmittelangestellte, LektorInnen und andere WissenschafterInnen unterhalb der Professur) arbeiten gegenwärtig in befristeten Arbeitsverträgen, die mit der Novelle der Kettenverträge 2021 auf die Gesamtdauer von acht Jahren nach maximal zweimaliger Verlängerung befristet wurde – danach ist Schluss, ein defacto Berufsverbot.
„Eine traurige Spitzenposition im internationalen Vergleich“, wie das Netzwerk Unterbau Wissenschaft zu Recht bemerkt. Entsprechend bezeichnete Leoni Breth vom Netzwerk die aktuelle Situation auch als schlicht „existenzbedrohend“ und zog einen prägnanten Vergleich: „Das ist so als würde ein Unternehmen nach acht Jahren jemanden kündigen, nur weil er es nicht zum Chef gebracht hat.“
Der Irrsinn von § 109 zeigt sich unter anderem daran, dass Studierende, die z.B. neben dem Studium in der Bibliothek arbeiten, nach ihrem Abschluss nur begrenzt akademisch an der Universität beschäftigt werden können, weil jede Anstellung (mit Ausnahme der problematischen freien Dienstverträge) an der Universität in das acht Jahrespensum eingerechnet wird. Es sei angemerkt, dass die Novellierung des § 109 auch entscheidend auf das Konto der Grünen geht und namentlich von deren Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger auch immer wieder vehement gegen jedwede Kritik verteidigt wird. (Hier offenbart sich die Feindschaft der Grünen gegen Arbeitende und Wissenschaft.)
Die Forschenden und Lehrenden des Unterbaus fordern also auch die Abschaffung des § 109 – resp. allermindestens dessen grundsätzliche Neuverhandlung zur Entfristung der Arbeitsverträge und längerfristige Beschäftigungsperspektiven unter ihrer Einbeziehung.
Zur Durchsetzung ihrer Forderungen zeigten sich die Protestierenden dabei betont kampf- und streikbereit. „Es gibt kein Naturgesetz, wieso Unis nicht bestreikt werden sollten, um Verbesserungen durchzusetzen“, betonte denn auch Sebastian Kugler vom Netzwerk Unterbau Wissenschaft in seiner Rede die Bereitschaft zu Kampfmaßnahmen für notwendige Verbesserungen unterstreichend. Am 21. Dezember geht es mit der nächsten KV-Verhandlungsrunde weiter, einen „schlechten Deal“ werde man keinesfalls akzeptieren. Für Verbesserungen sei man auch zu Kampfmaßnahmen bereit. Unterstützung für ihre Forderungen bekamen sie dabei auch von den ProfessorInnen. In der größten, der philologisch-kulturwissenschaftlichen, Fakultät der Universität Wien, wurde der Streik fakultätsweit unterstützt.
Erfreulich war bei der Demonstration auch, dass der Arbeitskampf der Universitätsangestellten in einen Kontext mit anderen Arbeitskämpfen gestellt wurde und die Solidarität mit allen Arbeitenden, national und international stark betont wurde. Auch die prinzipielle Mitschuld der Sozialdemokratie an den prekären Zuständen in der Gesellschaft und speziell im Bildungssystem wurde hervorgehoben. Die etablierten Parteien würden nichts ändern, es komme darauf an, dass die Menschen sich für ihre eigenen Interessen organisieren und in den gemeinsamen Kämpfen solidarisch sind, hieß es unter Jubel der Anwesenden.
Das Uni-Personal des Mittel- und Unterbaus fordert:
- Einen Gehaltsabschluss, der mindestens die Inflation abdeckt und die Einkommen gegen die steigende Teuerung sichert!
- Unbefristete Verträge für alle – § 109 muss weg!
- Finanzierung ohne Wettbewerb!
- Darüber hinaus: vielfältigere Perspektiven und Karrierewege: Mehr und der Diversität der Aufgaben angemessene unbefristete Stellen an den Universitäten!
- Eine Erhöhung der Basisabgeltung für die Universitäten, gebunden an nachhaltige Personalpolitik und ausfinanzierte Forschung!