Wann wenn nicht jetzt: Sofortiger Umbau der kommunalen und regionalen Energieversorgungssysteme

Selbst den hartgesottensten Markt-Fetischisten treibt das multiple Marktversagen bei der Energieversorgung und die Ausgestaltung des bisherigen Energieversorgungssystem heute einen blanken Schauder in Mark und Bein. Die derzeitige Misere um die bislang ansonsten Rekordgewinne einstreichende Wien Energie an den Börsen führt die Malaise nochmals deutlicher vor Augen. „Das System erlebt einen Schock“, so selbst der Vermögensverwalter Pictet Wealth Management. Aber darin rächen sich auch die Versäumnisse der Vergangenheit, samt der laschen energetischen Transformation.

Denn die Stadt und Wien Energie haben es, verglichen etwa mit Kopenhagen, sträflich verabsäumt die brachliegenden sowohl alternativen wie grünen Energiequellen zu erschließen. Ein in kürzester Frist gangbarer Schritt in diese Richtung wäre allein schon die systematische Erschließung der ungenutzt verpuffenden Abwärme der Krankenhäuser, Großküchen und Produktionsstätten der Stadt. Damit ließe sich nicht nur der geringen Eigenproduktion, mangelnden Resilienz gegen Weltmarktverwerfungen und überbordende Börsenabhängigkeit kommunal gegensteuern, sondern zudem eine deutliche Reduzierung der CO2-Emissionen des Energiesektors erwirken.

Die öffentlichen und privaten Betriebe, Einrichtungen sowie Abwärmeerzeuger sind allesamt bekannt und ließen sich als örtlich verfügbare Energieressourcen kurzfristig als Prozesswärme für Fernwärmenetze nutzen. Damit stünden sie nicht nur zum sofortigen Verbrauch zur Verfügung, sondern stabilisierten darüber hinaus auch das Energiesystem beträchtlich und wären ein wichtiger Baustein Richtung Schließung der Energiekreisläufe und dezentralerem Energiesystem samt regionalisierter Einspeisungen.

Nichts hinderte und hindert beispielsweise die Stadt Wien daran, eine diesbezügliche kommunale Vorreiterrolle zu übernehmen und z.B. sofort dahingehende Verträge mit (den) energieintensiven Betrieben zu schließen und Nägel mit Köpfen zu machen.

Zumal, wie Günther Stobl heute ebenfalls hervorstrich: „Im Gegensatz zu Verbund und anderen Unternehmen, die viel Eigenerzeugung aus Wasser- und Windkraft haben und wegen der hohen Marktpreise Geld scheffeln wie nie, sind die Wiener unter dem Strich auf Zukäufe angewiesen.“ Und dies in einem völlig aus den Fugen geratenen Markt. Die Hysterie auf den Börsen eines etwaigen Ausfalls russischer Gaslieferungen über Nord Stream 1 für 3tägige Wartungsarbeiten ließ einjährige Terminkontrakte am Freitag regelrecht explodieren. Der Preis für Gas raste alleine über die letzten beiden Wochen um über 50% empor und vervierfachte sich mittlerweile seit Jahresbeginn. Findige Köpfe haben sich an eine Vergleichsrechnung gemacht: Dieser Irrsinn entspricht umgelegt auf das „schwarze Gold“ einem Ölpreis von 500 Dollar je Fass. Der Preis für die Megawattstunde Strom verdoppelte sich gar fast innerhalb weniger Stunden.

Vieles die akute Finanznot der Wien Energie im Konkreten betreffende ist im Einzelnen erst noch zu eruieren und aufzudröseln. Dass sich SPÖ, das Wiener Rathaus und die Wien Energie einfach als bloße unschuldige Opfer ohne Funken an Eigenverantwortung geben, ist freilich hanebüchen. Einiges spricht dafür, dass sich die Wien Energie wie der Ökonom Stephan Schulmeister in den Raum gestellt hat, zugleich verzockt hat. Entsprechend fordert er denn auch völlig zu Recht: „Der Finanzierungsbedarf der WE liegt bei dem 3-fachen des Jahresumsatzes, diese Dimensionen sind unfassbar, bitte Karten auf den Tisch!“

Die nächsten Tage werden wohl mehr Licht in die Sache bringen. Die kommunalen und regionalen Energieversorgungssystem jedenfalls sind raschest umzubauen. Die bestehenden kommunalen und regionalen Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke der öffentlichen Hand könnten unter entsprechender politischer Regie über eine gleichzeitige stabile und auch sozial ausgerichtete günstige Basisversorgung der Bevölkerung mit Energie hinaus, mit ihren energiepolitischen Hebeln vielmehr zudem auch schon heute auch die Preisexplosion eindämmen. Beispielsweise über Verträge mit Bäckereien und anderen Erzeugern oder Händlern der Güter des täglichen Bedarfs, die diesen niedrigere Energiepreise gewähren, sie dafür im Gegenzug allerdings auch zu niedrigeren Verkaufspreisen verpflichten und das auch einer effektiven Kontrolle unterwerfen. Sowohl in Wien wie in anderen Regionen des Landes.

Bwag, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Ähnliche Beiträge

Gefällt dir dieser Beitrag?

Via Facebook teilen
Via Twitter teilen
Via E-Mail teilen
Via Pinterest teilen