Mit der Abrissbirne durch den Globus: Der US-Chip-Krieg gegen China & das klimabedingte Austrocknen der Chipfabriken Taiwans

Der von den USA entfachte Wirtschaftskrieg, um den weiteren (Wieder-)Aufstieg Chinas zu stoppen, zumindest zu bremsen, ist voll entbrannt. Washington fährt aktuell regelrecht mit der „Decoupling“-Abrissbirne durch die ansonsten wie eine Monstranz vor sich hergetragene „regelbasierte Weltwirtschaftsordnung“. Und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen – vom US-Magazin Politico polemisch „Europas amerikanische Präsidentin“ genannt – sekundiert in transatlantischer Nibelungentreue weitgehend. Hier soll es zunächst aber um einen in diesem Zusammenhang auf den ersten Blick vielleicht etwas abseitig scheinenden Aspekt gehen: Denn Bidens ausgerufenem „Wettbewerb um den Sieg im 21. Jahrhundert“ und im Schmieden begriffenen Bündnisallianzen, droht neben der Aufholjagd der Volksrepublik dazu nun auch noch der Klimawandel einen Strich durch die Rechnung machen. Womit sich über die Sanktionsschlacht hinaus, anhand räumlich und zeitlicher Abnahmen der Wasserverfügbarkeit, zugleich überhaupt auch einmal bestimmte prekäre Seiten des „Digitalisierungszeitalters“ in den Blick rücken lassen. 

Mit dem von den USA entfesselten Chip- und High-Tech-Krieg soll Peking von modernsten Hochleistungs-Chips abgeschnitten, sowie von den avanciertesten Halbleiterfertigungstechnologien (spezielle Designsoftware, Anlagen und Maschinen) der global hochgradig arbeitsteiligen sowie hoch spezialisierten und konzentrierten Chipproduktion abgekoppelt werden. Zwar schließt Chinas Chip-Branche und Eigenentwicklung mit spektakulären Durchbrüchen sowie im Produktionsvolumen dadurch noch zusätzlich befeuert zur Weltspitze auf, aber das Non plus ultra der ultrafeinen Halbleiter liegt heute bei 7-nm-Chips und soll sich demnächst sogar schon auf 5 nm reduzieren. Und die Miniaturisierung schreitet unvermindert voran. Im Blick stehen künftig bereits 2-nm-Chips. Nun gelang es auch China bereits im Vorjahr, und das auf Basis einer hierfür nicht als state-of-the-art geltenden Lithografie-Technik, 7-nm-Chips herzustellen und vermeldete im Frühjahr sogar den Durchbruch zu 5-nm-Chips, aber zur Fertigung in höchster Qualität und nötiger Stückzahl ist es trotz dieser Meilensteine noch ein weiter Weg. Auch wenn die Produktion von 7-nm-Chips und darunter liegend bisher nur der taiwanesische Chip-Produzent TSMC und der südkoreanische Samsung-Konzern beherrschten und mittlerweile bereits fast 20% der weltweiten Chip-Produktion auf China entfallen – während auf die USA lediglich noch 13% und Europa überhaupt nur mehr 6% –; der immense Bedarf des Landes lässt sich damit noch nicht annähernd decken und der Eigen- und Weltbedarf an Halbleitern wächst zudem in Riesenschritten an. Unbestritten bedeutendster globaler Standort der Chip-Industrie ist und bleibt auch auf absehbare Zeit Taiwan, dessen Weltmarktanteil bei Halbleitern bei 60%, bei den diffizilsten Chips sogar bei 90% liegt. 

Aber die Chip-Produktion ist ebenso energie- wie wasserintensiv. Um Mikrochips höchster Präzision herzustellen, durchlaufen diese einen rund je 100-maligen Spülungsprozess. Entsprechend benötigt und verbraucht eine moderne Chip-Fabrik heute um die 100.000 bis 156.000 Tonnen Wasser pro Tag – und steigt der Wasserbedarf, je anspruchsvoller die Chips werden.  

Allerdings, der Klimawandel macht auch um die widerspenstige Insel keinen Bogen und sorgt auch in Taiwan für neue Wetterrealitäten. „Im Landessüden, wo viele Fabriken stehen, erreichten die Niederschläge zuletzt nur noch 40 Prozent typischer Jahre – die niedrigsten Werte seit drei Jahrzehnten“, so Felix Lill unlängst in seinem nd-Beitrag „Taiwans Chipfabriken trocknen aus“. Um dem prekären Wassermangel für die Chip-Produktion zu begegnen wurden mittlerweile Wassernotfallpläne erlassen, wird mit Hochdruck an einer Wasserpipeline, die das kostbare Nass aus dem Norden in den Süden leiten soll, gearbeitet, und bemüht sich Weltmarktführer TSMC neuerdings mehr genutztes Wasser wiederaufzubereiten.  

In eins damit werden anderen Wirtschaftssektoren und der Landwirtschaft teils harte Beschränkungen auferlegt – was in diesen zunehmend für Unmut sorgt. Aber auch wenn die Nord-Süd-Pipeline in einigen Jahren in Betrieb geht: „Der Klimawandel ist ein echtes Problem“, weiß man nicht zuletzt auch unter dem Blickwinkel auf die Chip-Produktion in Taiwan. 

Dieser Herausforderung schafft auch die aktuelle Diversifizierung der Produktionsstandorte des weltgrößten und technologisch führenden Chip-Fertigers TSMC nicht wirklich Abhilfe. Denn, wiewohl es etwa der US-Administration unter Joe Biden nach langem Drängen gelang, auch in den USA den Bau einer TSMC-Fabrik zu erwirken: für die wichtigsten und technologisch führenden Fertigungswerke behält sich der Konzern aus unterschiedlichen Gründen die Insel vor. Da kann sich Biden noch so triumphierend bei der Grundsteinlegung in Arizona inszenieren, genau parallel dazu baut TSMC in Taiwan eine neue Fertigungsanlage mit nicht nur der vierfachen Kapazität als jener in den USA, sondern auch mit noch viel fortgeschrittenerer Technologie auf. Was neben geopolitischen Gründen und China als größtem Verarbeiter von Halbleitern, auch daran liegt – wie der Ex-CEO von TSMC ätzte –, dass aus den USA, trotz der ausgelobten Milliarden Dollar, erneut einen Spitzenreiter der globalen Chip-Produktion zu machen, mangels benötigter Fachkräfte und fehlender Engineeniering-Expertise „eine nutzlose Übung“ wäre. Häme aus Europa ist dazu angesichts der für die hier neu hochgezogenen Fabriken nicht minder zu Zehntausenden fehlenden HightechspezialistInnen aber fehl am Platz. Zumal der aktuelle Vorstand des Konzernriesen die gleichen derartigen Bedenken zuletzt selbst noch für den Standort Deutschland offen durchblicken ließ. Freilich, das Problem einer drohenden, sprichwörtlichen Austrocknung von Taiwans Chipfabriken bleibt damit nur umso virulenter. 

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