Mit dem gänzlich hirntoten Macron in den Dritten Weltkrieg?

Im Herbst 2019 sorgte Emmanuel Macron mit seiner Erklärung vom „Hirntod der NATO“ außenpolitisch für Aufsehen, und auch Aufregung. Manche wähnten Macron schon in den Spuren von Charles de Gaulle, dessen Auftritte er gestern auch nachahmte, der 1966 die militärische Zusammenarbeit mit der NATO beendete. Frankreich kehrte erst 2009 wieder in der Kommandostrukturen des westlichen Militärpakts zurück. Aber auch der jetzige Vorstoß Richtung französischen Bodentruppen in der Ukraine haben weniger mit einem „kleinen de Gaulle“ zu schaffen, als sie seinen eigenen Hirntod diagnostizieren.

Freilich wer Macron Erklärung im Economist vom 7.11. 2019 als eine Absage an westimperialistische Kriege, eine Militarisierung der internationalen Beziehungen, ein neues Wettrüsten oder gar die NATO las, hat sie weder wirklich gelesen, noch ihr Ziel einer imperialistischen Aufwertung der Grande Nation und der EU verstanden. Weder von einem Rückzug Frankreichs, gar von einer Auflösung der NATO war darin die Rede. Sicher, so der Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte: „Wir müssen die Bilanz der NATO ziehen. Was wir jetzt erleben ist für mich der Hirntod der NATO. Man muss klar sein.“ Gleichzeitig hierzu fuhr der neue „Sonnenkönig“ des Élysée-Palasts freilich sogleich unmissverständlich fort: „Die Vereinigten Staaten bleiben unser großer Verbündeter.“ Die angestrebte stärkere militärische Bedeutung Paris‘ und der EU-Militärunion solle denn auch „in Übereinstimmung mit der NATO“ erfolgen.

Aber, so Macron: „Wenn Europa sich nicht als Weltmacht sehen kann, wird es verschwinden“. Angeblich. Und das beinhaltet wiederum das heute allerorten gepredigte Mantra die EU und ihre Hauptmächte in neuer Dimension „kriegsfähig“ zu machen. Um Frankreichs Stellung in diesem Bellizismus auch innereuropäisch nochmals zu unterstreichen, betonte Macron Richtung Deutschland natürlich, dass nach dem Brexit Frankreich das einzige europäische Land mit Atomwaffen ist.

Der Rüstungswettlauf hat sich zwischenzeitlich denn auch in einen – lang vor der Eskalation in und um die Ukraine als Programme bereitgelegenen – regelrechten Rüstungstsunami gewandelt, die Weltordnungs-Kriegslogik ist in beinahe sämtliche Kabinette der EU eingezogen, die neue Blockkonfrontation in den Reihen des politischen Personals zunehmend hegemonial und auch die Streitkräftemodelle werden quer durch den Kontinent (nach einer Ära der Forcierung von Battle Groups zu Militärinterventionen im Globalen Süden und gegen kleinere Staat) wieder auf „symmetrische Kriege“ in Großverbänden ausgelegt.

Europäische Truppenentsendungen in die Ukraine, zumal noch aus NATO-Staaten, haben denn auch das Zeug, den Ukraine-Krieg zum Dritten Weltkrieg zu eskalieren. Der Pressesprecher des Kremls, Dimiti Peskow, erklärte denn auch umgehend, dass dieser Wahnsinn den unvermeidlich direkten Konflikt mit der NATO zur Folge hätte. Zwar „gibt es heute keinen Konsens darüber“, wie auch Reaktionen auf Macrons Entsendungsphantasien von NATO-Bodentruppen gegen Russland abzuwiegeln bemüht sind. „Aber im Hinblick auf die Dynamik“, so der Präsident unter dem Eifelturm, „kann nichts ausgeschlossen werden.“ Darin reihen sich im Grunde auch Stellungenahmen ein, die an Macrons Delirium nur monieren, dass er es zur „Unzeit“ hinausposaunte. Denn, mit dem Élysée-Palast gesprochen: „Alles (ist) möglich, wenn es hilfreich ist, um unser Ziel zu erreichen.“ Das verräterische „unser“ ist wenigstens Tacheles geprochen, im Sinne der anvisierten „Weltmacht Europas“. Und sei es bis zum „letzten Ukrainer“ auch um den Preis zahlreicher abkommandierter eigener Soldaten, ja, gar des Risikos eines Infernos.  Figuren wie Macron haben in ihrem bellizistischen Strategierepertoire damit bereits eindeutig die Schwelle zur apokalyptischen Gemeingefährlichkeit überschritten.

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