Lufthansa und Co. auf den Boden holen!

Über 1.000 gestrichene Flüge, ca. 134.000 betroffene Passagiere, 35 Millionen Schaden: das war die Folge des Streiks von 5.000 Lufthansa-Beschäftigten (in erster Linie Bodenpersonal) Ende Juli. Mittlerweile wurde ein ansehnlicher Abschluss des Tarif-Vertrags erreicht – undenkbar ohne Arbeitskampf. Und in der Branche rumort es weiter.

Über mehrere Runden hinweg verhandelte die deutsche Gewerkschaft ver.di mit dem Flugindustrie-Giganten Lufthansa den Tarifvertrag für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten, die an den Schaltern, bei der Gepäckabwicklung, in der Technik und weiteren Bereichen arbeiten. Mit der offensiven und mehr als gerechtfertigten Forderungen nach einem Gehaltsplus von 9,5 Prozent, mindestens aber 350 Euro pro Monat, startete die Gewerkschaft in die Verhandlungen.

Der sattsam bekannten Leier des Lufthansa-Konzerns, dass die gewerkschaftlichen Forderungen überzogen seien, stehen nackte Zahlen gegenüber. Während zum Höhepunkt der Corona-Krise zehntausende Stellen gestrichen wurden und genauso selbstverständlich die Hand für finanzielle „Unterstützung“ seitens des deutschen Staats aufgehalten wurde, schreibt der Konzern mittlerweile wieder deutlich schwarze Zahlen. Zum zweiten Quartal erzielte die Fluggesellschaft einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro – das entspricht dem 2,5-fachen des Vorjahreszeitraums. Der Gewinn betrug knapp 400 Millionen.

Dieser Verhandlungsmasse war sich ver.di auch bewusst, als die Gewerkschaft am 27.7. zum ganztägigen Warnstreik aufrief, um bei den zähen Verhandlungen Druck aufzubauen. Beginnend in den Morgenstunden legten rund 5.000 Beschäftigte an Flughäfen in ganz Deutschland die Arbeit nieder. „Mehr als 1.000 Flüge musste die Lufthansa nach eigenen Angaben streichen, an den Drehkreuzen Frankfurt und München ging so gut wie nichts mehr, rund 134.000 Passagiere waren betroffen. Allein am größten Flughafen in Frankfurt am Main wurden für den Tag 725 von 1.160 geplanten Flügen abgesagt, 92.000 Reisende mussten umbuchen, umplanen“, lautete die Bilanz der Gewerkschaft.

Am Ende des Arbeitskampfs steht ein Abschluss, der sich sehen lassen kann: Die Gehälter der Beschäftigten erhöhen sich in drei Schritten, zunächst um einen Festbetrag in Höhe von 200 Euro monatlich rückwirkend ab dem 1. Juli 2022, ab dem 1. Januar 2023 um weitere 2,5 Prozent, mindestens aber um 125 Euro monatlich, sowie nochmals um 2,5 Prozent ab 1. Juli 2023. Auszubildende erhalten ab 1. Juli 2022 einen Festbetrag von 180 Euro monatlich. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 18 Monate. Für Beschäftigte am Check-In bedeutet die Erhöhung (abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit) beispielsweise einen Zuwachs zwischen 13,6 bis 18,4 Prozent. Zwar konnte sich nicht in allen Punkten durchgesetzt werden – ver.di forderte z.B. noch zusätzliche eine einjährige Laufzeit – allerdings konnte der arbeitgeberseitige Vorstoß von erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteilen abgewehrt werden.

Parallel zu den Verhandlungen des Bodenpersonals hat sich die Interessensvertretung der PilotInnen, Vereinigung Cockpit, in einer Urabstimmung streikbereit erklärt und kämpft aktuell ebenfalls um einen Abschluss. Und erst vergangenen Mittwoch wurden aufgrund eines Warnstreiks von Beschäftigten des Gepäck- und Busdienstleisters Swissport Losch am Münchner Flughafen 36 Flüge von Lufthansa-Tochterunternehmen (Eurowings, Air Dolomiti, Cityline) gestrichen. Die Arbeit wurde dabei von 10:00 bis 15:00 niedergelegt, ein neuer Verhandlungstermin ist noch nicht bekannt.

Es ist also Einiges in Bewegung und das auch gut so. Denn gerade in der durchaus unübersichtlichen und kleinteiligen Flugbranche (der Bodenpersonal-Tarifvertrag bei Lufthansa etwa betrifft sieben Firmen, die wiederum allesamt zum Konzern gehören) werden die Belastungen der Krise besonders dreist auf die Beschäftigten abgewälzt. Dass es sich aber jedenfalls lohnt, zu kämpfen, zeigt der beachtliche Abschluss des Lufthansa-Bodenpersonals.

Bild: Jake VanderMolen/flickr

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