+++ Update 17.6.2020: Nach zähen Verhandlungen hat nun auch die Caritas einen Kollektivvertrags-Abschluss. Wie leider zu befürchten war, ist dieser dem in der Sozialwirtschaft weitgehend analog ausgefallen: Auf drei Jahre abgeschlossen, heuer +2,7%, nächstes Jahr VPI+0,6% und 2022 (!) eine Arbeitszeitverkürzung um bloß eine Stunde, dafür keinerlei Erhöhung der Gehaltstabellen. Detailinfos über den Abschluss. +++
Während die Verhandlungen zum Kollektivvertrag für die SWÖ still und heimlich im Hinterzimmer zu einem, von uns bereits kritisierten, 3-Jahres-Abschluss geführt haben, gibt es bei der Caritas nach wie vor keinen Abschluss. Und das obwohl das Verhandlungsteam von Gewerkschaften und Betriebsrat denselben Abschluss anstrebt.
Für die Geschäftsführung der Caritas spießt es sich bei der im 3. Jahr des Abschlusses geplanten Verkürzung der Arbeitszeit auf 37 Wochenstunden. Die Argumentation der Caritasspitze: Die MitarbeiterInnen sollen dabei „Wahlfreiheit“ haben, zwischen 37-Stunden-Woche oder +2,7% Gehalt bei gleicher Arbeitszeit. Und das auch nur, wenn dafür einer Verlängerung des Durchrechnungszeitraums zugestimmt wird und die zwei zusammenhängenden freien Tage pro Woche fallen.
Doch diese Wahlfreiheit wird von Teilen des Caritas Betriebsrats zurecht als Falle bezeichnet:
Erstens entgehen den MitarbeiterInnen, die auf 38 Stunden bleiben, die Zuschläge für die zusätzliche, 38-igste Stunde, die eine Kollegin mit 37 Stunden bekommt. Es lässt sich leicht erschließen, was die Führungsebene dann eher gern sieht.
Zweitens ist eine „Wahlmöglichkeit“ in einem Abhängigkeitsverhältnis nie eine „Wahlmöglichkeit“, sondern wird, direkt oder indirekt, von oben herab diktiert.
Drittens ist es ein politischer Spaltungsversuch innerhalb der Belegschaft, die kürzlich noch für die Einführung der 35-Stunden-Woche demonstriert und gestreikt hat.
Ein solcher 3-Jahres-Abschluss wäre nach dem gewonnenen Bewusstsein und der Bereitschaft der Belegschaft, die bei der Caritas zum ersten Mal für die eigenen Interessen gestreikt hat, ein herber Rückschlag. Daher ist es auch völlig unverständlich, warum seit dem Abschluss des SWÖ-Kollektivvertrags bei der Caritas ohne jegliche Einbindung der Belegschaft durch Gewerkschaften und Betriebsrat weiterverhandelt und ihre Kampfbereitschaft nicht genutzt wird.
So entsteht genau jenes Trauerspiel, das zurzeit beobachtbar ist: Man lässt sich auf der Nase herumtanzen, gegeneinander ausspielen, und rückt von jeglicher Forderung nach konsequenter Arbeitszeitverkürzung ab.
Es zeigt sich, dass die ursprüngliche Forderung nach der Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnerhöhung ein katastrophaler Fehler war, da sie für Vollzeitkräfte zu einem Real-Lohnverlust führt und somit seitens der „Arbeitgeber“ als Spaltungsmechanismus innerhalb der Belegschaft genutzt wird. Weiters zeigt sich abermals, dass ein Arbeitskampf ohne aktive Einbindung der Belegschaft zum Scheitern verurteilt ist.
Ergänzend dazu an dieser Stelle Eindrücke der Kundgebung Mehr als nur einen Applaus wert! der Initiative Sommerpaket vom 15.6. in Wien: