Krisenfinanzierung und Inflationsausgleich: Ein lehrreicher Blick in die Geschichte

Während die Inflation mit aktuell 8% auf einen Rekordwert seit 1975 hochgeschossen ist und die OeNB gerade ihre Prognose der Jahresinflation mit 7% kräftig nach oben korrigierte, ja das WIFO sogar rund 7,5% veranschlagt, sträuben sich die Vermögenden, Krisenprofiteure und ihr politisches Personal, dass jene (mit) zur Kasse herangezogen werden. Dabei sind die Vermögen der Reichen und Superreichen in der Krise nicht nur weiter steil in die Höhe geschnellt – ja, die zehn reichsten Milliardäre der Welt konnten ihr Vermögen (wie Oxfam auswies) im Zuge der Krise gar auf unglaubliche 1,5 Billionen US-Dollar verdoppeln –, sondern fällt auch die heimische Vermögensverteilung laut einer aktuellen Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zudem noch um vieles ungleicher aus als bisher angenommen und sprudelt es dazu nur so an Sondergewinnen der Krisenprofiteure.

Während weltweit bis zu 1,6 Milliarden Menschen von akuter Hungersnot bedroht sind und auch in den entwickelten kapitalistischen Kern- und Peripherie-Ländern die sozialen Verhältnisse erodieren und immer breitere Schichten nicht bzw. kaum mehr wissen wie sie über die Runden kommen sollen oder direkt in Armut abrutschen, verzeichnen die weltweiten Privatvermögen und die hinter den prosperierenden Großkonzernen stehenden Superreichen neue Vermögenrekorde. Sowohl der aktuelle OXFAM-Bericht wie der ebenfalls gerade veröffentlichte „Global Wealth 2022“ der Beratungsfirma Boston Consulting Group (BCG) belegen das globale Hand-in-Hand-Gehen von Krisengewinnen, Sonderprofiten, rasanten Finanzvermögenszuwächsen auf der einen und sozialen Verwerfungen auf der anderen Seite. Mit einem Vermögenszuwachs von +16% konnten die Superreichen dieser Welt ihr Vermögen im Vorjahr (2021) nicht nur nochmals eklatant steigern, sondern verzeichneten trotz oder besser wegen der Krise sogar den stärksten Vermögenszuwachs der letzten 20 Jahre. Und auch den österreichischen Geld-Adel und die heimischen Wirtschafts-Mogule hat diese obszöne Reichtums-Befeuerung in neue lichte Höhen gehievt. Dagegen allerdings, diese exorbitanten Vermögens- und Gewinnzuwächse zu einem sozialen Inflationsausgleich heranzuziehen, sperren sie sich jedoch mit Händen und Füssen und brechen in Zeter und Mordio aus. Gegen ihr Gewimmer kann allerdings allein schon ein kurzer Blick in die Geschichte lehrreich sein.

Etwas Geschichte – Grenzsteuersätze von 100% und darüber!

Nach dem neuerlichen türkis-grünen Steuergeschenk einer weiteren Abschmelzung der Gewinnsteuer für Konzerne und große GmbHs auf 23%, machen die Wirtschaftsvertreter – zumal unter den aufgebrandeten Verhältnissen – gegen den „Alptraum“ aller Begüterten und Superreichen Front: Schluss mit der Debatte über eine Vermögenssteuer (die es in Österreich übrigens bis 1993 gab) oder dem Gerede einer Übergewinnsteuer, so ihr Tenor. Als täte sich mit steuerlichen Umverteilungseffekten von oben nach unten oder auch nur mit einem steuerpolitischen Ausgleich ein Abgrund auf, gebärden sich die Wirtschaftsvertreter wie ein scheues Reh und trommeln dagegen vielmehr für ein unbeirrbares Festhalten an den Steuerprivilegien der Begüterten, Einkommensmillionäre und des Geldadels.Dass dies allerdings kein unumstößliches Mantra ist, zeigt jedoch schon allein ein flüchtiger Blick auf den Nachkriegskapitalismus.

So lag die Gewinnsteuer in Österreich bis 1989 noch bei 55%. Und man mag es in Zeiten wie diesen kaum mehr glauben, aber selbst in den USA lag die Steuer auf Unternehmergewinne in den Nachkriegszeiten noch bei immerhin 45%. Ja, der Spitzensteuersatz sogar bei 91%. Franklin D. Roosevelt forderte für den absoluten Einkommensadel gar einen Grenzsteuersatz von 100%. Noch eine Spur darüber hinaus lagen die Verhältnisse in Schweden, seit dem von Ministerpräsident Per Albin Hansson als zeitgenössischem Pendant Roosevelts angestoßenem ‚Sozialstaats-‘Projekt, mit einem Grenzsteuersatz von bis zu 100% (und im Einzelfall sogar darüber!) zu dessen Höhepunkt in den 1970er Jahren.

„Lastenausgleichsfonds“ und „Übergewinnsteuern“

Auch Lastenausgleiche, wie zur Finanzierung der Wirtschafts- und Corona-Krise gefordert, hat es in der Geschichte bereits des Öfteren gegeben. So etwa gab es solche auch im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg bspw. in Westdeutschland und Japan. Die Superreichen, Industriellen und Vermögenden Deutschlands mussten damals 50% ihres Vermögens (Stand 1948, mit Tag der Währungsreform) in einen längerfristig ausgestalteten Ausgleichsfonds einzuzahlen. Das Gesamtvolumen der deutschen Vermögensabgabe unter der konservativen Regierung Adenauer betrug immerhin etwa 60% des Bruttoinlandsproduktes Westdeutschlands 1952. Japan wiederum führte 1946-47 eine Sonderabgabe von 90% auf die größten Vermögen des Landes ein. Nichts desto trotz schickte sich das Land Nippons – bis zum Plaza-Abkommen 1985 (ein einschneidendes G5-Währungsabkommen zur unter anderem Abwertung des Dollar gegenüber dem Yen resp. dessen spiegelbildliche Aufwertung gegenüber dem Dollar) und Platzen der Aktien- und Immobilienblase 1989 – zum ersten Herausforderer der USA an und stiegen beide Länder ungeachtet der Lastenausgleiche zu den großen wirtschaftlichen Gewinnern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Denn auch solche Fonds, obschon sie einen Angelpunkt und wichtiges Kampffeld zur Finanzierung der Krisenlasten und Eindämmung der Inflation markieren, vermögen die Ungleichheit der Vermögensverteilung nicht grundsätzlich aufzuheben.

Analog steht es um die derzeitige Debatte einer „Übergewinnsteuer“ (auf „Windfall profits“, sprich: auf krisenbedingte Sonder- und Zufallsprofite) zur (Mit-)Finanzierung der dringen nötigen Ausgleichzahlungen aufgrund der explodierten Inflation sowie als gesellschaftliches Ausgleichs- bzw. Umverteilungsinstrument. Zumal die Energiebranche zu bedeuten Teilen auch noch von BlackRock & Co (Vanguard, State Street, …) gehalten wird. Auch solche „Übergewinnsteuern“ gab es in der Vergangenheit bereits in den USA (zunächst progressiv ausgestaltet mit einem Steuersatz bis 60%, danach erhöht auf 95% auf Extraprofite), in Kanada, Großbritannien, Frankreich oder Italien. Dazu hätte die „Übergewinnsteuer“ auch noch eine prophylaktische Seite: um sie in vollem Ausmaß zu vermeiden, wäre die Energiewirtschaft gleichsam zu niedrigeren Preissetzungen gezwungen.

So lehrreich dieser Blick in die Geschichte indes auch gegen das Lamento der Vermögenden, Konzerne, Krisenprofiteure und ihrer politischen Prokuristen ist, durchsetzen lässt sich analoges nur, wenn wir auch den dafür nötigen gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Kampf aufnehmen!

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