IT-KV: Zeit die Bits und Bytes im Computer- und Internet-Kapitalismus herunterzufahren!

Während es in den Hochglanzprospekten des Kapitalismus, wie schon gesagt, nur so vom digitalen Wettlauf in der Welt, von Digitalisierungs-Agenden, Industrie 4.0 oder der Bedeutung MINT-Fächer zu absolvieren wimmelt, schauen die IT-Beschäftigten im Computer- und Internet-Kapitalismus immer stärker durch die Finger und verwandelt die Branche das IT-Proletariat zunehmend in ein Click- und Crowd-Prekariat. Entsprechend gehörig hakt es denn auch in den IT KV-Verhandlungen. Sind die Herbst-KV-Runden ansonsten bereits abgeschlossen, liegt für die rund 90.000 Beschäftigten in der IT-Branche auch nach 8 KV-Runden noch immer kein akzeptables Angebot auf dem Tisch.

Dabei haben die Beschäftigten zuletzt mit ihrem kräftigen Protest vor der Wirtschaftskammer mit über 2.000 Teilnehmer:innen aus der Branche nochmals die gewerkschaftliche Schlagzahl erhöht – ohne damit indes bereits einen Durchbruch ihrer Forderungen erwirken zu können. Das „Angebot“ der Unternehmensvertreter liegt mit mickrigen 6,76% auf die IST-Gehälter noch immer deutlich unter der zugrundeliegenden, rollierenden Inflationsrate 7,75%. Jenes für die Mindestgehälter mit 7,76% nach zähen, monatelangen Verhandlungen um lächerliche Haaresbreite von 0,01% drüber. Und dies in der viel zitierten „Premium-Branche“.

Die Gewerkschaft fordert denn auch eine, ohnehin bereits zurückhaltende, Erhöhung von mind. 8,5% auf die IST- wie Mindestgehälter. Die Fronten sind daher weiterhin entsprechend verhärtet und festgefahren. Denn anders als im Vorjahr wo Gewerkschaft und Beschäftigte mit einer Großkundgebung im Linzer Schillerpark Bewegung in die Verhandlungen bringen konnte, gelang das heuer bislang nicht. Demgemäß finden diese Woche auch Betriebsversammlungen quer durch die Branche statt, in denen über Warnstreiks abgestimmt wird.

Dazu kommt als Spezifikum der IT-Branche bislang noch die Crux des absonderlichen Gestaltungsspielraums der „Arbeitgeber“ als weiterer Streitpunkt. Denn diese Zusatzregelung im Kollektivvertrag räumt den Unternehmen u.a. ein, einen gewissen Prozentsatz der Beschäftigten von der Erhöhung der IST-Gehälter auszunehmen. Durch diese Absurdität konnten im letzten Jahr bis zu 10% von erst kürzlich eingestellten Beschäftigten komplett und weitere 15% teilweise von der letztjährigen Gehaltserhöhung ausgenommen werden. Eine immer weiter Einzug haltende Absonderlichkeit gewerkschaftlicher KV-Sonderregelungen, die in anderer Form auch gerade den Metallern auf den Kopf fällt, in deren Branche zuletzt 150 Betriebe mit zusammen rund 45.000 Beschäftigten von einer ausgehandelten Ausnahmeregel von den abgeschlossenen Lohn- und Gehaltserhöhung Gebrauch machen wollen. Die abstruse Zusatzregelung der IT-Branche, über deren ursprünglicher Zustimmung seitens der Gewerkschaften man sich nur der Kopf zu schütteln vermag, will man nun wenigstens zurecht beseitigen.

Was Wunder, dass die einstige Begeisterung für die „New Economy“ ebenso längst abgekühlt ist, wie die Leit- und Traumbilder von Silicon Valley oder dem globalen Entwicklungslabor Bangalore im Alltag der disruptiven „Arbeitswelt 4.0“ zerstoben sind. Daran vermögen auch die fetten EU- und nationalen Förderprogramme keine Abhilfe zu schaffen, zumal sich die Vertreter des Fachverbands der WKO mit nach Kräften gegen die in vieler Hinsicht dringend notwendige Attraktivierung der Branche sperren. So markiert die IT-Branche heute vielmehr jene, die am längsten und lautesten über den sogenannten „Fachkräftemangel“ klagt.

Die nächsten beiden – bereits 9. und 10. Verhandlungsrunden – finden dann kommenden Donnerstag und Freitag, 15. und 16.2., statt. Sollten sich die Wirtschaftsvertreter auch an diesen weiter gegen eine Abgeltung der Inflation plus Reallohnerhöhungen sperren, heißt es den Fehdehandschuh offensiv aufzugreifen und die Bits und Bytes einmal aktiv auf Standby herunterzufahren.

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