Passend zum gestrigen Protesttag der PädagogInnen bringen wir einen Beitrag von Elke Larcher & Katharina Mader, A&W-Blog
Die Kompetenzen für das elementare Bildungswesen in Österreich liegen aufgrund des Föderalismus bei den Ländern. Damit der Bund Investitionen, die an gewisse Bedingungen für die Länder und Gemeinden geknüpft sind, tätigt, gibt es Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern. Was technisch klingt, ist ein wesentliches Instrument für den Ausbau, die Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in Österreichs Kindergärten. Diese Vereinbarung regelt letztlich den Umgang und die Bedingungen bzw. Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Zweckzuschüsse. Die derzeitige 15a-Vereinbarung läuft mit diesem Kindergartenjahr aus, deshalb wird in diesen Wochen die neue 15a-Vereinbarung zwischen den Bundesländern und dem Bund ausverhandelt. Damit sich etwas im Bereich der elementaren Bildung bewegt, braucht es einen ambitionierten Abschluss. Nur so kann ein drastischer Fachkräftemangel in den Kindergärten in Zukunft abgewendet werden, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorangetrieben und Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder geschaffen werden. Die Rentabilität und Folgewirkungen von Investitionen sind dabei enorm, und die Anreize, hier politisch Meter zu machen, wären entsprechend groß.
Folgewirkungen von Elementarbildung in hoher Qualität
Als erste Bildungseinrichtung gehören die Kindergärten entsprechend ausgestattet. Elementare Bildungseinrichtungen spielen sowohl für die Betreuungssicherheit als auch für die Bildungsgerechtigkeit eine zentrale Rolle. Darüber hinaus zeigen sich enorme Folgeeffekte auf unterschiedlichen Ebenen: direkte und indirekte monetäre Rückflüsse in den Staatshaushalt, höhere Bildungserfolge und geringere Abhängigkeit von Sozialleistungen.
Durch Investitionen in die Elementarbildung können rentable Wirkungen auf vielen Ebenen erzielt werden:
Monetäre Rückflüsse
Mit dem Ausbau der Elementarbildung sind enorme Rückflüsse an die öffentliche Hand verbunden. Gerade in der Kinderbildung von unter Dreijährigen findet sich ein großes Aufholpotenzial. Durch die Betreuungssicherheit steigt die Frauenerwerbsquote, Fachkräfte in vielen Branchen können früher und nicht nur in geringem Stundenausmaß an den Arbeitsmarkt zurückkehren. Neben den positiven Effekten für das Fachkräftepotenzial kommt es zu monetären Rückflüssen in Form von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, von all jenen – vor allem Frauen –, die erwerbstätig beziehungsweise mit höherer Stundenanzahl erwerbstätig sein können.
Bei einer Erhöhung der Betreuungsquote der unter Dreijährigen um 20 Prozentpunkte würden beispielsweise etwa 893 Millionen Euro an Kosten und 567 Millionen an direktem Rückfluss über öffentliche Abgaben sowie 815 Millionen an zusätzlichen Konsumausgaben anfallen. Die durch den Ausbau entstehenden Kosten würden schon kurzfristig zu zwei Dritteln durch zusätzliche Einnahmen aus öffentlichen Abgaben gedeckt. Diese entstehen durch die erhöhte Erwerbsbeteiligung, dazu kommt ein Anstieg des Privatkonsums. Längerfristig ist zu erwarten, dass die Bilanz noch positiver ausfällt.
Durch den Ausbau der Kinderbildung entstehen unmittelbar Arbeitsplätze. Das Beschäftigungspotenzial in der Kinderbildung ist groß. Auch diese Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen im Bereich der Elementarpädagogik ist mit Rückflüssen an die öffentliche Hand verbunden, denn jede und jeder der neuen Beschäftigten zahlt Sozialversicherung und Steuern. Über 700 Mio. Euro jährlich wären es allein durch die in der Elementarbildung Beschäftigten, wenn die Betreuungsquote der unter Dreijährigen auf 40 Prozent und die Quote von VIF-Kindergartenplätzen auf 75 Prozent erhöht wird.
Folgewirkungen auf Bildungslaufbahn und soziale Teilhabe
Hohe Qualität und frühe elementare Bildungsteilhabe sind dabei deutlich effizienter als der Mitteleinsatz und die Reparatur im weiteren Bildungsverlauf. Investitionen in frühkindliche und vorschulische Bildung haben einen deutlich stärkeren Effekt als gleich hohe Geldmittel für spätere Bildungsmaßnahmen.
Welche Effekte zeigen sich? Hohe pädagogische Qualität in der Kinderbildung zeigt unmittelbare Folgewirkungen innerhalb der Vorschulaltersspanne, beispielsweise zeigen sich im kognitiv-sprachlichen und im sozialen Bereich Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Weiters wurden konsistente Effekte auf den Wortschatz festgestellt. Durch eine hohe pädagogische Qualität in der frühen Kinderbildung kann bis zu einem Jahr Entwicklungsunterschied aufgeholt werden.
In der weiteren Bildungslaufbahn können mittelfristige Effekte bei den Schulleistungen und dem Schulerfolg festgestellt werden. Unter anderem kann die Sitzenbleib-Quote von Kindern aus ressourcenschwachen Familien um 9 bis 17 Prozent reduziert werden. Es wurden positive Effekte auf deren Leistung in Lesen und Mathematik/Naturwissenschaften untersucht.
Für die Langzeitwirkungen hoher pädagogischer Qualität in der Elementarbildung ist zwar die Qualität der anschließenden Schule ebenfalls entscheidend. Aber selbst bereinigt um diesen Einflussfaktor der anschließenden Schule zeigt die hohe Qualität in der frühkindlichen Bildung langfristige Effekte auf höhere Bildungsabschlüsse, (Un-)Abhängigkeit von sozialer Wohlfahrt, Beschäftigungsstatus und Einkommen sowie geringere Kriminalitätsraten.
Durch die höhere Bildungsteilhabe und den Bildungserfolg der Kinder ergeben sich für ihre weitere Biografie auch höhere Chancen am Arbeitsmarkt und eine geringere Wahrscheinlichkeit, von Sozialleistungen abhängig zu werden. Kurzum, die langfristigen Wirkungen durch Investitionen in qualitätsvolle Elementarbildung sind von unschätzbarem gesellschaftlichem Wert.
Welche Qualitätskriterien
Welche Qualitätskriterien sind nun für hohe Qualität in der frühen Kinderbildung entscheidend und sollten daher Niederschlag in der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG finden? Für die Qualität der Interaktion und Förderung ist ein guter Betreuungsschlüssel zwischen pädagogischer Fachkraft und Kindern entscheidend, diese altersadäquaten Gruppengrößen und Betreuungsschlüssel müssen sich an wissenschaftlich fundierten Standards orientieren. Die Qualität der Aus- und Weiterbildung sowie Supervision sind für die qualitative Weiterentwicklung wichtige Voraussetzungen. Elementare Bildung darf nicht länger eine Ergänzung zur familiären Förderung sein, qualitativ hochwertige frühkindliche Kinderbildung muss ganzjährig und ganztägig in ganz Österreich ausgebaut werden. Insofern müssen die Qualitätskriterien auch bundesweit einheitlich sein.
Für die Qualität in der elementaren Bildung sind gute Arbeitsbedingungen in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen entscheidend, nur so werden die besten Köpfe mit den Kleinsten arbeiten. Aktuell müssen wir leider ziemlich schlechte Arbeitsbedingungen beobachten, immer mehr Fachkräfte in der Elementarbildung beenden ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der hohen Belastungen und nicht zufriedenstellenden Rahmenbedingungen.
Hohe Qualitätsstandards endlich umsetzen
Entscheidend für die Rückflüsse und die Effekte ist das Ausmaß des Ausbaus sowie die Qualität der elementaren Bildung, der bloße Ausbau von Plätzen wird das Potenzial nicht im Ansatz ausschöpfen. Ambitionierte bundesweite Qualitätskriterien und ein Bundesrahmengesetz sind daher eine entscheidende Voraussetzung für die Wertschöpfung der Investitionen in der Elementarbildung. All das sollte ein wesentliches Thema der derzeitigen Verhandlungen zur neuen 15a-Vereinbarung sein.