Mit der Corona-Krise und der Diskussion wer am Ende die Kosten tragen wird, wurde zuletzt auch wieder eine Erbschaftssteuer ins Spiel gebracht. Auch zu dieser haben wir als KOMintern – neben unserem Vermögenssteuermodell – bereits vor Längerem ein konkretes Modell ausgearbeitet und vorgeschlagen.
Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen die Vermögensungleichheit am stärksten durch Erbschaften zustande kommt. Zugleich schnellen die Vermögensübertragungen durch Erbschaften in neue Höhen und verdoppeln sich in den auf uns zukommenden Jahren von jährlich 11 Mrd. Euro (2015) auf über 20 Mrd. Euro pro Jahr. Bei aufgehäuften Vermögensbeständen, die ein Vielfaches der jährlichen gesamtgesellschaftlichen Einkommen ausmachen, nimmt deren Bedeutung zudem nicht nur quantitativ zu, sondern führt zu einer weiteren Verfestigung erbpachtlicher Vermögens-Dynastiesierung.
Nur 38% der österreichischen Haushalte haben etwas geerbt und die meisten davon nur in kleinem Ausmaß. Die Anzahl der Erben nimmt mit steigendem Vermögen rasant zu, im untersten Fünftel erbt nur jeder Zehnte, im obersten Fünftel sechs von zehn, im reichsten Prozent schließlich acht von zehn Personen. Gleiches gilt für das Erbschaftsvolumen, auch wenn der obere Rand der Verteilung, die Reichsten mit ihren Vermögen und Erbschaften untererfasst sind. Während ärmere Haushalte im Durchschnitt 14.000 Euro erben, wachsen die Erbschaften bei den vermögensten 20% auf 240.000 Euro und beim obersten Prozent auf durchschnittlich 3,3 Millionen Euro. Das führt dazu, dass Erbschaften noch deutlich ungleicher verteilt sind als das ohnehin stark am oberen Rand konzentrierte Nettovermögen. Reichtum hängt somit weniger von persönlicher Leistung ab, sondern vielmehr von den Familienverhältnissen, in die man geboren wird.
Um diesen Entwicklungen und dem Abdriften in eine Erbenaristokratie entgegen zu steuern und Vermögensübertragungen, insbes. von Großvermögen, nach Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer 2008, wieder zu besteuern, bedarf es der erneuten Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer mit stufenweise ansteigenden Steuersätzen auf diese leistungslosen Einkommen, Vermögensübertragungen und -Konzentrationen. Legt man, um nicht den viel zitierten „kleinen Häuselbauer“ zu treffen, den Eigenheim-Medianwert in Österreich von rd. 250.000 Euro als Freibetrag zugrunde (womit kleine Erbschaften steuerfrei bleiben), lässt sich mit einem progressiv ausgestalteten Steuermodell von 5% ab 250.001 Euro bis 25% ab 650.001 Euro sehr moderat einsetzen (und zudem mit Stundungen oder Ratenzahlungen in die Länge gestreckt zahlen) und mit der Größe der vererbten Vermögen die Tarifstufen entsprechend steigern.*
Und entgegen der grassierenden Propaganda, traf auch schon die alte Erbschaftssteuer nicht den nicht minder viel herbeizitierten „Mittelstand“. Knapp die Hälfte des Aufkommens der Erbschafts- und Schenkungssteuer entfiel bei ihrer letzten Einhebung auf 1,3% der Erbfälle. Dergestalt standen im Jahr 2006 ledigliche 811 Erben für annähernd 50% des Steueraufkommens (bei einer damaligen Gesamtzahl von 62.399 Erben). Neben dem allgemeinen Freibetrag, macht ein gleichzeitiger zusätzlicher Freibetrag in selber Höhe (zugleich der Median der Betriebsvermögen, in welchen mindestens 1 Person aktiv mitarbeitet) auf die Erbschaft von Betriebsvermögen Sinn (inkl. land- und forstwirtschaftlicher Betriebe). Für die Besteuerung der Übertragung von Grund- und Bodenbesitz, eine der gravierendsten Probleme der alten Erbschaftssteuerregelung, sind dafür allerdings neuerlich die realen Verkehrswerte (anstatt der inadäquaten Einheitswerte) heranzuziehen.
Für Vermögenstransfers via Privatstiftungen braucht es, da Stiftungen als juristische Personen weder „sterben“ noch einer Einzelperson gehören, die diese vererben kann, einer Ersatzsteuer in Form einer Erbersatzsteuer oder eines Erbschaftssteueräquivalents für die Begünstigten der Stiftung. Auf Basis des Stiftungsvermögens läßt sich dann in Heranziehung desselben Freibetrags und derselben Steuersätze eine fiktive Erbschaftssteuer berechnen, die (gleichsam) über den Lebenszyklus, sprich: über 30 Jahre mit jährlich 1/30stel an zu entrichtendem Erbschaftssteueräquivalent fällig wird.**
ab 250.001 – 300.000 | 5,0% |
300.001 – 350.000 | 7,5% |
350.001 – 400.000 | 10% |
400.001 – 450.000 | 12,5% |
450.001 – 500.000 | 15% |
500.001 – 550.000 | 17,5% |
550.001 – 600.000 | 20% |
600.001 – 650.000 | 22,5% |
ab 650.001 | 25% |
Gestaltet man das Modell entlang der bisweilen darüber hinaus liegenden Erbschaftssteuer-Höchstsätze (in Deutschland bspw. bis 30%, in Ländern wie Frankreich und Großbritannien bis 40%) in gleich bleibender Progression weiter aus, folgte daraus:
650.001 – 700.000 | 27,5% |
700.001 – 750.000 | 30% |
750.001 – 800.000 | 32,5% |
800.001 – 850.000 | 35% |
850.001 – 900.000 | 37,5% |
ab 900.001 | 40% |
* Darüber hinaus plädieren wir für eine Zweckbindung der Einnahmen aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie aus dem Erbschaftssteueräquivalent für Privatstiftungen für Grundbildung (Kindergarten, …), Infrastruktur, Soziales und Pflege. (Was trotz des steuerpolitischen Grundsatzes der Nicht-Zweckgebundenheit, oder sogenannten Non-Affektionsprinzips, natürlich punktuell gleichwohl möglich ist.)
** Zugleich treten wir für eine rigorose Einengung des erlaubten Zwecks der Gründung von Privatstiftungen, wie etwa eine Aufsplittung des Vermögens durch Aufteilung auf eine Erbenmehrheit zu verhindern (nicht aber, um im Privileg einer Stiftung durch seine Burgen, Schlösser und Wälder spazieren zu können) ein.