Reiche zur Kasse – statt ausbluten der Massen für die Krise!
Um die Krisenkosten nicht auf die Arbeitenden und kleinen Einkommensbezieher abzuwälzen, sondern aus den Vermögen und Kapitalgewinnen zu finanzieren, gilt es den Verteilungskonflikt dringend offensiv aufzunehmen.
Denn allerspätestens sobald das Gröbste der Corona-Krise überstanden ist, stehen wir vor einem brachialen, rigorosen Verteilungskonflikt. Die Wirtschafts- und Corona-Krise wurde bisher mit staatlichen Milliardenhilfen – dem größten Hilfs- und Rettungspakete der Geschichte der Zweiten Republik – und einer einmaligen Geldschwemme zugeworfen bzw. abgefedert.
Und solange das wirtschafts- und finanzpolitische Zwangskorsett der EU Maastricht-Regeln und des Fiskalpakts krisenbedingt außer Kraft bleiben, ist der eingeschriebene Verteilungskonflikt bezüglich der Kreditaufnahmen, Staatsverschuldung und Rettungspakete auch noch nicht (zumindest nicht in seiner ganzen Brisanz, Wucht und Tragweite) schlagend und lässt sich sozusagen vorläufig (noch) überbrücken. Aber eben nur vorübergehend. Das heißt, solange die Geldschleusen für die Krisenbekämpfung noch offen gehalten bleiben, kann die Regierung die Wucht des Verteilungskonflikts noch hintanhalten. Aber sobald das Heftigste überstanden ist, die Pandemie noch stärker eingedämmt ist und sich ein von Konjunkturpaketen angeschobener zumindest moderater Wiederaufschwung der Wirtschaft nach durchschrittener Talsohle abzeichnet, werden auch „Maastricht“ und der „Fiskalpakt“ wieder in Kraft gesetzt werden. Dann ist aber nicht nur Ende mit den staatlichen Milliardenhilfen, sondern gelten auch wieder die EU-Fiskalregeln. Diese bestimmen allerdings, dass bei einer Verschuldung von mehr als 60% (Maastricht-Regeln) eine „Schuldenbremse“ zu greifen beginnt, die regelt, dass pro Jahr mindestens ein Zwanzigstel des Werts über 60% abgebaut werden muss. Ob in aller Schärfe bereits mit 2022 oder nach noch ein, zwei weiteren „Gnadenjahren“: dann geht es um’s Eingemachte. Dazu kommen bisher noch weitgehend unter dem politischen Radar liegende Rückzahlungsmechanismen im Rahmen des EU-Konjunkturprogramms mit dem nächsten EU-Haushalt ab 2028.
Weitere regelrechte Vermögensexplosion der Reichsten und des Geldadels in der Krise
Parallel weisen sämtliche Untersuchungen eine neue Finanzvermögens-Aufschatzung im Land auf und weisen weitere aktuelle Studien sogar satte Vermögenszunahmen des heimischen Geldadels inmitten der Krise aus.
Wie von vielen seit langem hervorgestrichen, herrscht in Österreich heute eine weitgehend lediglich mit Ländern wie etwa den USA vergleichbare enorme Reichtumsverteilung und – Vermögensakkumulation vor.
So ist das Finanzvermögen der Millionäre und Milliardäre zuletzt erneut rasant gewachsen. Ja, und das sogar noch stärker als in den Jahren davor – und ist in Österreich zugleich noch ungleicher verteilt als im EU-Schnitt.
Ledigliche 320 Superreiche (die jeweils über ein Finanzvermögen von umgerechnet über 100 Mio. Dollar verfügen) halten ein unfassbares Drittel des gesamten Finanzvermögens im Land. Der exklusive Klub der österreichischen Dollar-Millionäre (knapp 47.000 Personen) verfügt zusammen mit 55% gar über mehr als die Hälfte aller Finanzvermögen.
Und die weltweit Reichsten der Superreichsten wurden in der Krise sogar noch reicher.
Entsprechend stellte denn auch eine Studie der AK Wien kürzlich fest, dass allein eine starke progressive allgemeine Vermögenssteuer in Österreich jährlich zwischen 13 bis 19 Mrd. Euro einbringen und in den Staatshaushalt spülen würde.
Corona-Lastenausgleichsfonds – für eine neuerliche Vermögensabgabe
Neben einem solchen grundlegenden Umbau des gesamten Steuersystems braucht es angesichts der Kosten der Wirtschafts- und Corona-Krise zudem aber auch einen Lastenausgleich in Form einer (Sonder-)Vermögensabgabe.
Derartige Lastenausgleiche hat es in der Geschichte auch bereits des Öfteren gegeben, ohne dass die ‚Welt unterging‘ – wie von den Reichen und Superreichen getrommelt. So etwa gab es solche auch im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg bspw. in Westdeutschland und Japan. Die Superreichen, Industriellen und Vermögenden Deutschlands mussten damals 50% ihres Vermögens (Stand 1948, mit Tag der Währungsreform) in einen längerfristig ausgestalteten Ausgleichsfonds einzuzahlen. Das Gesamtvolumen der deutschen Vermögensabgabe unter der konservativen Regierung Adenauer betrug immerhin etwa 60% des Bruttoinlandsproduktes Westdeutschlands 1952.
Die Unternehmen, für die es aufgrund der damals langen Laufzeit der Abgabe im Nachkriegsdeutschland keine Sonderregelung für das Betriebsvermögen gab, leisteten den Ausgleich spielend aus den Erträgen. Wenngleich die Vermögensabgabe die jeweiligen Branchen im Einzelnen natürlich unterschiedlich traf. Die zunehmende Profitabilität der deutschen Wirtschaft relativierte die Abgabe in der Folge zudem weiter, so dass auf diesem Hintergrund zusätzlich zum Lastenausgleich die Forderung nach einer zusätzlichen Vermögenszuwachsabgabe erhoben wurde.
Japan wiederum führte 1946-47 eine Sonderabgabe von 90% auf die größten Vermögen des Landes ein. Nichts desto trotz schickte sich das Land Nippons – bis zum Plaza-Abkommen 1985 (ein einschneidendes G5-Währungsabkommen zur unter anderem Abwertung des Dollar gegenüber dem Yen resp. dessen spiegelbildliche Aufwertung gegenüber dem Dollar) und Platzen der Aktien- und Immobilienblase 1989 – zum ersten Herausforderer der USA an.
Beide Länder stiegen ungeachtet der Lastenausgleiche mithin zu den großen wirtschaftlichen Gewinnern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Denn auch solche Fonds vermögen die Ungleichheit der Vermögensverteilung nicht grundsätzlich aufzuheben. Allerdings markieren sie zweifelsohne einen Angelpunkt und ein wichtiges Kampffeld der Finanzierung der gegenwärtigen Krise und der notwendigen sozial-ökologischen Umgestaltung der Wirtschaft wie Gesellschaft.
Attac Österreich fordert denn auch in Anlehnung an solche Vorbilder und deren Aktualisierung bereits seit einiger Zeit einen entsprechenden Corona-Ausgleichsfonds (mit Sonderregelung für Betriebsvermögen sowie Stichtag März 2020).
Konkret sollen – je einmalig, geleistet in Raten von fünf Jahren – Vermögen ab 5 Mio. Euro mit 10%, Vermögen ab 100 Mio. Euro mit 30% und Vermögen ab 1 Mrd. Euro mit 60% zu einem solchen neuen Lastenausgleich herangezogen werden. Das Volumen dieser Vermögensabgabe liegt in Österreich – konservativ gerechnet – bei rund 80 Mrd. Euro (sprich: in etwa der Höhe des derzeitigen Gesamtbudgets) und würde die dotierten Rettungs- und Hilfspakete von 58 Mrd. bis 2024 und die notwendigen Investitions-, Sozial-, und beschäftigungspolitischen Ausgaben sowie Ökologisierungsschritte des nächsten Jahres auf einen Schlag auf Kosten der Milliardäre und Millionäre finanzieren, anstatt sie auf die Schultern der Millionen einfachen Beschäftigten und Menschen im Land abzuwälzen.
Heran an die Sonder-Profite der Krisengewinner
Neben einem Corona-Lastenausgleichsfonds und der Einführung einer entsprechenden Vermögenssteuer, braucht es zur Krisenfinanzierung der Einrichtung eines (Sonder-)Profitfonds zur Krisenfinanzierung ein, aus dem sich zugleich eine Lohnfortzahlung in voller Höhe für alle speisen ließe.
In der zurückliegenden Dekade sprudelten die Profite der heimischen Unternehmen und Konzerne. Selbst inmitten der tiefen gegenwärtigen Wirtschaftskrise und Corona-Pandemie fehlt es nicht an (einzelnen) Krisengewinnern und sektoralen Profiteuren mit teils ungebrochen immensen Gewinnen in diversen Branchen.
Dabei kommen einem zunächst natürlich die Konzerne der Digital- und IT-Industrie sowie die großen Lebensmitteleinzelhandelsketten, Online-Händler, Lieferdienste und die Streaming-Branche oder natürlich Big-Pharma in den Sinn. Aber auch gewichtige Teile der Chemie-Industrie, der Medizintechnik oder die Immo-Wirtschaft fuhren satte Sonder-Profite ein. Und auch in Sektoren wie dem Reparaturgewerbe und der Home-Einbau-Branche brummte der Motor teils besonders kräftig – um nur die wichtigsten Gewinner der Krise zu nennen.
Um der generellen verteilungspolitischen Schieflage entgegenzuwirken und das Aufkommen für die Rettungs-, Hilfs- und Konjunkturpakete nicht auf die Massen abzuwälzen, sowie eine volle Lohnfortzahlung der Beschäftigten durch das (Gesamt-)Kapital zu bewerkstelligen, gilt es denn auch in Zeiten wie diesen die Profite zur Krisenfinanzierung (mit) heranzuziehen.
Und zwar in Entsprechung der Lage über die Einrichtung eines (Sonder-)Profitfonds, der sich nach Maßgabe der satten Gewinne der letzten Dekade, aufrechten immensen Renditen diverser Branchen, sowie des teilweisen aktuellen Krisengewinnlertum speist.
Reichtum, Geld, Vermögen und Sonder-Profite der Krisengewinner sind folglich mehr als genügend vorhanden, die Krisenfinanzierung auf Kosten der Superreichen, Vermögenden und Gewinnen zu bewerkstelligen. Ob und wie weit dies im realen Verteilungskampf allerdings gelingt, hängt jedoch von den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und der Konfliktbereitschaft ab, die wir entwickeln.