Warum die Klimakrise alle (be)trifft

Der heutige, 5. weltweite Klimastreik der F4F und Klimaprotestbewegung wird aufgrund der Gegebenheiten anders über die Bühne gehen, als die zurückliegenden Großdemonstrationen. An der Dramatik der Klima-Situation hat sich indes auch im Schatten der Corona-Krise mitnichten etwas geändert.

Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist bei weitem nicht die einzige Umweltkrise, jedoch die derzeit bedeutendste und dringendste. Denn der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung für Mensch und Natur generell dar. Es wäre daher zutreffender von einer Klimakrise und einem drohenden Klimaumbruch zu sprechen. Einer Klimakrise mit zunächst in Ausmaß und Zeitpunkt unterschiedlicher Betroffenheit der einzelnen Länder sowie einer unterschiedlichen Betroffenheit innerhalb der Länder nach Wohnort, Alter, Gesundheit oder Beruf. Auch die Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel sind nach dem Entwicklungsstand und der wirtschaftlichen Stärke der Länder sowie der Einkommens- und Vermögenssituation der Einzelpersonen äußerst ungleich verteilt. Der UN-Menschenrechtsexperte Philip Alston spricht in diesem Zusammenhang von Klimaapartheid: Die Reichsten werden zahlen, um Überhitzung, Hunger und klimabedingten Konflikten zu entkommen, während der Rest der Welt leidet. 75 % der Kosten der Klimakrisen werden die ärmsten 50 % der Menschheit zahlen, verursacht haben sie allerdings nur 10 % der Treibhausgasemissionen.

Wird die Erderwärmung zum Selbstläufer?

Was passiert, wenn der menschliche Treibhausgasausstoß und die damit einhergehende angehäufte Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre einen Punkt erreicht haben, an dem das weltweite Klimasystem kippt? Hinter den Klimazielen, die Erderwärmung auf + 1,5°C bis maximal + 2°C zu begrenzen, stehen u.a. die Annahmen, dass die größten Schäden und Gefahren durch den Klimawandel bewältigbar bleiben und dass keine Kipp-Punkte überschritten werden. Dennoch sind bereits auch beim Erreichen der Klimaziele unumkehrbare Auswirkungen zu erwarten bzw. gelten als praktisch sicher: Bei +2°C globaler Durchschnittstemperatur dürften nahezu alle Korallenriffe zerstört sein, bei + 1,5°C bleiben geschätzte 10 – 30 % erhalten. Bei +2°C wird eine Landmasse dauerhaft überschwemmt sein, auf der derzeit 280 Millionen Menschen leben. Es stellt sich zunehmend heraus, dass die Realität die Prognosen überholt, dass das weltweite Klimasystem viel anfälliger sein dürfte als bisher angenommen. Das Auftauen des Permafrostbodens in Kanada im Sommer 2019 wurde in dem Ausmaß erst 2090 erwartet, das Abschmelzen des Arktiseis im vergangenen Sommer erst für 2070.

Radikaler Umbau, bevor das Klima kippt!

Kipp-Punkte können das globale Klimasystem in einen qualitativ neuen, unumkehrbaren Zustand versetzen und selbstverstärkende Effekte hervorrufen, die ohne weiteren äußeren (menschlichen) Einfluss weiterlaufen. Die ohne schnelle und entscheidende Gegenmaßnahmen bis Ende des Jahrhunderts befürchtete Erderwärmung um +3°C bis +4°C wird massiv übertroffen, da die davor überschrittenen Kipp-Punkte für eine zusätzliche Erhitzung sorgen. Permafrostböden speichern beispielsweise riesige Mengen Methan, deren Auftauen das Klima weiter aufheizt. Durch Abschmelzen der Eisflächen verringert sich die Rückstrahlquote der Erde, dunkle (Wasser)Oberflächen nehmen mehr Sonnenstrahlung auf. Das erwärmt unseren Planten ebenfalls. Auch die Verlangsamung des Jet-Streams, die Abschwächung des Golfstroms und die Versteppung v.a. des Amazonas Regenwaldes durch Brandrodungen und in Folge veränderter Niederschlagsmuster zählen zu den Kippelementen. Ab ungefähr +4°C nimmt die Wolkenbildung ab und sorgt durch die Erwärmung der Ozeane zu einem durch Wasserdampf verstärkten Treibhausgaseffekt. Das drohende Verschwinden der niedrigen Wolken (ab einer CO2-Konzentration von ca. 1.200 ppm, die der Summe aus gegenwärtiger Treibhausgaskonzentration und vermuteten Methaneinlagerungen im Permafrost entsprechen), hätte eine zusätzliche Erwärmung von +8°C auf +12°C zur Folge. Das Szenario klingt nach Endzeitstimmung, aber entscheidend ist, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf +1,5°C noch möglich ist. Notwendig dafür sind jedoch ein wirtschaftliches, politisches und gesellschaftliches Umdenken, das den notwendigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern unmittelbar angeht!

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