Vermögensungleichheit in Österreich noch wesentlich größer als bisher angenommen
Die Vermögen Reichen und Superreichen sind in der Corona-Pandemie nicht nur weiter steil in die Höhe geschnellt, sondern die heimische Vermögensverteilung fällt laut einer aktuellen Studie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zudem noch um vieles ungleicher aus als bisher angenommen.
Während die Arbeitenden und breite Kreise der einfachen Bevölkerung massiv mit Einkommensverlusten und der zurückgekehrten Inflation zu kämpfen haben, um über die Runden zu kommen, weisen sämtliche Untersuchungen eine neue Vermögensaufschatzung des heimischen Geldadels aus und eine weitgehend lediglich mit Ländern wie den USA vergleichbare Reichtumsverteilung- und Vermögensakkumulation. Und allerspätestens sobald die mit einer einmaligen Geldschwemme (über die Aussetzung der Maastricht-Regeln, des Fiskalpakts und der Schuldenbremse) zugeworfene bzw. abgefederte Wirtschafts- und Corona-Krise abgeebbt ist, wirft sich die Frage auf: wer zahlt das alles? – und wird der Verteilungskonflikt mit voller Wucht aufbrechen. Um die Krisenkosten nicht auf die Arbeitenden und kleinen Einkommensbezieher abzuwälzen, sondern aus den Vermögen und Kapitalgewinnen zu finanzieren, gilt es den Verteilungskonflikt dringend offensiv aufzunehmen.
Dann ist aber nicht nur Ende mit den staatlichen Milliardenhilfen, sondern gelten auch wieder die EU-Fiskalregeln. Diese bestimmen allerdings, dass bei einer Verschuldung von mehr als 60% (Maastricht-Regeln) eine „Schuldenbremse“ zu greifen beginnt, die regelt, dass pro Jahr mindestens ein Zwanzigstel des Werts über 60% abgebaut werden muss. Ob in aller Schärfe bereits kommendes Jahr oder in noch ein, zwei weiteren „Gnadenjahren“: dann geht es um’s Eingemachte. Dazu kommen bisher noch weitgehend unter dem politischen Radar liegende Rückzahlungsmechanismen im Rahmen des EU-Konjunkturprogramms mit dem nächsten EU-Haushalt ab 2028.
Regelrechte Vermögensexplosion der Reichsten und des Geldadels in der Corona-Pandemie
Dabei bleibt die OeNB-Studie, nach der das reichste 1% bis zu 50% des gesamten Vermögens in Österreich besitzt, sogar noch hinter der tatsächlichen Ungleichverteilung zurück, da sie auf EZB Daten von 2017 basiert.
Sämtliche parallele Untersuchungen zur Entwicklung der Vermögen weisen allerdings sowohl weltweit wie auch in Österreich eine enorme zusätzliche Vermögensexplosion der Reichen und Superreichen seit der Corona-Pandemie aus.
Ja, die zehn reichsten Milliardäre der Welt konnten ihr Vermögen – wie Oxfam unlängst auswies – während der Pandemie gar auf unglaubliche 1,5 Billionen US-Dollar verdoppeln.
Entsprechend stellte denn auch eine Studie der AK Wien kürzlich fest, dass allein eine (gleichwohl insgesamt moderate) starke progressive allgemeine Vermögenssteuer in Österreich jährlich zwischen 13 bis 19 Mrd. Euro einbringen und in den Staatshaushalt spülen würde. Zahlen die mit der neuen OeNB-Studie nochmals kräftig nach oben korrigiert werden müssen.
Corona-Lastenausgleichsfonds – für eine neuerliche Vermögensabgabe
Neben einer solchen Vermögenssteuer und eines grundlegenden Umbaus des gesamten Steuersystems braucht es angesichts der Kosten der Wirtschafts- und Corona-Krise zudem aber auch einen Lastenausgleich in Form einer (Sonder-)Vermögensabgabe.
Derartige Lastenausgleiche hat es in der Geschichte auch bereits des Öfteren gegeben, ohne dass die ‚Welt unterging‘ – wie von den Reichen und Superreichen getrommelt. So etwa gab es solche auch im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg bspw. in Westdeutschland und Japan. Die Superreichen, Industriellen und Vermögenden Deutschlands mussten damals 50% ihres Vermögens (Stand 1948, mit Tag der Währungsreform) in einen längerfristig ausgestalteten Ausgleichsfonds einzuzahlen. Das Gesamtvolumen der deutschen Vermögensabgabe unter der konservativen Regierung Adenauer betrug immerhin etwa 60% des Bruttoinlandsproduktes Westdeutschlands 1952.
Die Unternehmen, für die es aufgrund der damals langen Laufzeit der Abgabe im Nachkriegsdeutschland keine Sonderregelung für das Betriebsvermögen gab, leisteten den Ausgleich spielend aus den Erträgen. Wenngleich die Vermögensabgabe die jeweiligen Branchen im Einzelnen natürlich unterschiedlich traf. Die zunehmende Profitabilität der deutschen Wirtschaft relativierte die Abgabe in der Folge zudem weiter, so dass auf diesem Hintergrund zusätzlich zum Lastenausgleich die Forderung nach einer zusätzlichen Vermögenszuwachsabgabe erhoben wurde.
Japan wiederum führte 1946-47 eine Sonderabgabe von 90% auf die größten Vermögen des Landes ein. Nichts desto trotz schickte sich das Land Nippons – bis zum Plaza-Abkommen 1985 (ein einschneidendes G5-Währungsabkommen zur unter anderem Abwertung des Dollar gegenüber dem Yen resp. dessen spiegelbildliche Aufwertung gegenüber dem Dollar) und Platzen der Aktien- und Immobilienblase 1989 – zum ersten Herausforderer der USA an.
Beide Länder stiegen ungeachtet der Lastenausgleiche mithin zu den großen wirtschaftlichen Gewinnern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Denn auch solche Fonds vermögen die Ungleichheit der Vermögensverteilung nicht grundsätzlich aufzuheben. Allerdings markieren sie zweifelsohne einen Angelpunkt und ein wichtiges Kampffeld der Finanzierung der gegenwärtigen Krise und der notwendigen sozial-ökologischen Umgestaltung der Wirtschaft wie Gesellschaft.
Attac Österreich fordert denn auch in Anlehnung an solche Vorbilder und deren Aktualisierung bereits seit einiger Zeit einen entsprechenden Corona-Ausgleichsfonds (mit Sonderregelung für Betriebsvermögen sowie Stichtag März 2020).
Konkret sollen – je einmalig, geleistet in Raten von fünf Jahren – Vermögen ab 5 Mio. Euro mit 10%, Vermögen ab 100 Mio. Euro mit 30% und Vermögen ab 1 Mrd. Euro mit 60% zu einem solchen neuen Lastenausgleich herangezogen werden. Das Volumen dieser Vermögensabgabe lag in Österreich auf bisherigen Datenbasis – konservativ gerechnet – bei rund 80 Mrd. Euro (sprich: in etwa der Höhe des derzeitigen Gesamtbudgets) – bzw. nun bei reichlich über 90 Mrd. Euro – und würde die dotierten Rettungs- und Hilfspakete bis 2024 und die notwendigen Investitions-, Sozial-, und beschäftigungspolitischen Ausgaben sowie Ökologisierungsschritte des nächsten Jahres auf einen Schlag auf Kosten der Milliardäre und Millionäre finanzieren, anstatt sie auf die Schultern der Millionen einfachen Beschäftigten und Menschen im Land abzuwälzen.
Reichtum, Geld und Vermögen sind mehr als genügend vorhanden, die Krisenfinanzierung auf Kosten der Superreichen und Vermögenden zu bewerkstelligen. Ob und wie weit dies im realen Verteilungskampf allerdings gelingt, hängt jedoch von den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und der Konfliktbereitschaft ab, die wir entwickeln.