Zum Todestag Ernst Kirchwegers

Am heutigen Todestag von Ernst Kirchweger gilt es sich seiner als dem 1. Opfer neonazistischer Gewalt der Zweiten Republik vom 2. April 1965 und unermüdlichen antifaschistischen Kämpfers und Kommunisten zu erinnern.

Ernst Kirchweger wurde am 12. Jänner 1898 als Kind einer Arbeiterfamilie in Wien geboren. Sein Vater war Gewerkschaftsfunktionär und in der Döblinger SP aktiv, und so war auch Kirchweger bald Mitglied der Kinderfreunde, sowie ab 1916 der SDAP. Nach Absolvierung der Volks- und Bürgerschule erlernte er den Beruf des Drogisten.

Während des ersten Weltkrieges musste er als Soldat der Kriegsmarine des k.u.k Matrosenkorps beitreten, wo er den Matrosenaufstand von Cattaro als Zwanzigjähriger miterlebte. Die Besatzung der österreichisch-ungarischen Kriegsflotten hissten rote Fahnen und installierten Matrosenräte anstelle der Offiziere, um für Frieden und Demokratie zu revoltieren. Nach nur drei Tagen wurde der Aufstand niedergeschlagen und die revolutionären Matrosen verhaftet und vor ein Standgericht gebracht, wo vier der Anführer hingerichtet wurden.

Kirchweger kam dann in italienische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1918 nach Wien zurückkehrte. Im selben Jahr wurde er in der Bezirksorganisation der Döblinger SDAP aktiv.

Als im März 1919 in Budapest die Räterepublik ausgerufen wurde, ging Kirchweger unter der Führung Leo Rothziegels nach Ungarn und unterstütze dort die Rote Armee in Gefechten gegen die innere, sowie äußere Konterrevolution.

Nach dem Scheitern der Räterepublik, kommt Kirchweger nach Wien retour und arbeitet in den Folgejahren zunächst für die Arbeiterkonsumgenossenschaft, dann im Österreichischen Verband für Siedlungs- und Kleingartenwesen und ab 1925 als Schaffner der Städtischen Straßenbahnen.

Kirchweger stand in diesen Jahren durch seine beruflichen Tätigkeiten, aber auch aufgrund seiner politischen sowie genossenschaftlichen Funktion der Sozialdemokratie nahe. Bis zum Verbot dieser im Zuge des Austrofaschismus ab 1934, war er Vertrauensmann und redaktioneller Mitarbeiter des Freien Gewerkschaftsverbandes der Handels- und Transportarbeiter, gehörte dem Republikanischen Schutzbund, sowie dem Arbeiter Turnverein und dem Arbeiter Stenographenbund an. Kirchweger war also bis dahin sowohl politisch, als auch kulturell umfassend in die österreichische Sozialdemokratie eingebettet.

Von der Niederlage der österreichische ArbeiterInnenbwegeung im Februar 1934 niedergeschlagen und enttäuscht von der sozialdemokratischen Parteiführung, trat Kirchweger noch im selben Jahr der KPÖ bei. Bis zu seiner Ermordung 1965 blieb er dort Mitglied und Funktionär.

Während des Austrofaschismus war, Ernst Kirchweger, zu der Zeit tätig als Schaffner, in der illegalen Gewerkschaftsbewegung aktiv und organisierte als Obmann die Fachgruppe Straßenbahner. Außerdem in diese Zeit fällt seine redaktionelle Tätigkeit bei der illegalen Gewerkschaftszeitung der Gemeindebediensteten „Der freie Gemeindearbeiter“, sowie beim „Zeitrad“, dem Zentralorgan der freigewerkschaftlichen Handels-, Transport- und Verkehrsarbeit.

Ende November 1936 nahm er mit den führenden kommunistischen Funktionären Oscar Deubler und dem später von den Nazis hingerichteten Franz Mager in Prag am Einigungskongress der österreichischen Gewerkschaftsbewegung teil, wo die Bildung der Freien Gewerkschaften unter Leitung des sozialdemokratischen „Siebenerausschuss“ und der kommunistisch dominierten „Wiederaufbaukommission“ stattfand.

Unter dem Nationalsozialismus war Kirchweger in dem von seinem Schwager geleiteten Compass-Verlag tätig, welcher Informationen aller österreichischen Unternehmen enthielt. Da dieser von den Nazis aufgrund der detaillierten Listung der Rüstungsbetriebe für geheim erklärt wurde, stand Kirchweger in diesen Jahren unter Beobachtung der Gestapo und wurde von dieser als „politisch nicht einwandfrei“ eingestuft. In dieser Tätigkeit gelang es ihm allerdings die von den Nazis kurz vor der Befreiung Österreichs angeordnete Aktenvernichtung des Unternehmens bis zum Eintreffen der Roten Armee in Wien hinauszögern.

Kirchweger leistete während der nationalsozialistischen Diktatur antifaschistischen Widerstand, indem er in seiner Wohnung konspirative Sitzungen ausrichtete, wo ausländischer Rundfunk abgehört und Hilfe für die Opfer des Faschismus, sowie deren Angehörige organisiert wurde.

Zwar ist in den Berichterstattungen über Ernst Kirchweger oft von ihm als „ehemaliger KZ-Häftling“ die Rede, diese Tortur blieb ihm allerdings erspart und geht auf einen Recherchefehler und falscher Zitation in Folge zurück.

Nach der Befreiung setzte die Rote Armee KommunistInnen in die zentralen Verwaltungsstrukturen ein, um den geordneten Wiederaufbau zu gewährleisten. Als verlässlicher Antifaschist und Kommunist wurde Kirchweger vom Kommunisten und Favoritner Bezirksvorsteher Klemens Friemel mit Verwaltungsaufgaben betraut und kümmert sich im Zuge dessen in den ersten Monaten nach der Befreiung um die Versorgung des Bezirks mit Lebensmitteln und die Organisation von Aufräumungsarbeiten.

Von August 1945 bis 1947 wurde er als öffentlicher Verwalter des Compass-Verlags bestellt, um in dieser Funktion den Betrieb, dessen Unternehmer Hanel NSDAP Mitglied war zu kontrollieren. Hanel war bereits seit 1937 NSDAP Mitglied, wurde angeklagt vorm Volksgericht übernahm aber ab 1947 wieder die Geschäfte des Verlags. Kirchweger blieb allerdings bis zu seiner Pensionierung 1963 leitender Angestellter beim Verlag.  

Ab den 1950er Jahren zeichnet Kirchweger sein ausgeprägtes kultur-politisches Engagement aus. So auch bei der Unterstützung des von KommunistInnen gegründete Neue Theater in der Scala, wo er eine Publikumsorganisation ins Leben rief, die sich zum Ziel setzte Theaterbesuche billig und für die breite Masse zugänglich zu machen. Kirchweger war dort bis zur Schließung des Theater 1956 Vorstandsmitglied und zweiter Vizepräsident.

1965 wurden Stimmen gegen den nationalsozialistischen Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz laut. Studierende organisierten antifaschistische Proteste, um auf dessen antisemitischen Vorlesungen aufmerksam zu machen und ihn von seiner Position als Lehrender zu entheben. Der Antifaschist Kirchweger beteiligte sich als 63-jähriger ebenso an der Demonstration der Österreichischen Widerstandsbewegung. Im Zuge der Demonstrationen organisierten rechtsextreme Burschenschafter und Mitglieder des Ring Freiheitlicher Studierender Gegenkundgebungen. Bei einem Zusammenstoß wurde Ernst Kirchweger von dem Faschisten Gunter Kümel niedergeschlagen und verstarb einige Tage später im Spital.

25.000 Menschen nahmen am Trauerzug über die Ringstraße zum Schwarzenbergplatz teil, seine Beisetzung wurde somit zur größten Antifaschistische Demonstration seit Bestehen der zweiten Republik.

Gunther Kümel, der Mörder Kirchwegers, wurde 1965 lediglich wegen Notwehrüberschreitung zu 10 Monaten Haft verurteilt.

Taras Borodajkewycz wurde im Mai 1966 vom Senat der Hochschule in den zwangsweisen Ruhestand versetzt.

Im November 1989 wurde der Gemeindebau in der Sonnwenndgasse 24, Favoriten als antifaschistisches Gedenken nach ihm in Ernst-Kirchweger-Hof benannt.

1990 wurde das EKH als Ernst-Kirchweger-Haus nach ihm benannt.

Im März 2015 ist am Ort seines Totschlags vor dem Hotel Sacher in der Philharmonikerstraße ein „Stein der Erinnerung“ an Ernst Kirchweger gelegt.

Kirchweger war bis zu seinem Tod überzeugter Kommunist und wird von seinen GenossInnen als „unbeugsamer Antifaschist“ beschrieben.

Im Schlusssatz seines Testaments schrieb er denn auch:

„Ich sterbe als überzeugter Sozialist mit der Hoffnung, daß auch in Österreich in absehbarer Zeit die kapitalistische Gesellschaftsordnung von der sozialistischen abgelöst sein wird.“

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