Die Übernahme des steirischen Altersheims im Mürztal durch das Bundesheer ist ein neuerlicher krasser Ausdruck der ganzen gesundheitspolitischen Corona-Misere und des politischen und moralischen Bankrotts des neoliberalen, kapitalistischen Gesundheits- und Pflegesystems.
Die miserablen Verhältnisse, gesellschaftlichen Herausforderungen, überbordenden Belastungen und schlechten Arbeitsbedingungen in Betreuung und Pflege sind seit langem bekannt. Ebenso die Gefährlichkeit von Covid-19 insbesondere für Ältere und Vorerkrankte, sowie deren ausnehmende Schutzbedürftigkeit.Vielen sind in diesem Zusammenhang wohl auch noch die erschütternden Berichte von verwaisten Pflegeheimen der völlig überlasteten sozialen Infrastruktur Spaniens aus der 1. Corona-Welle in Erinnerung, in welcher HeimbewohnerInnen sich selbst überlassen und unbetreut dem Tod Preis gegeben wurden. Und auch in Österreich haben sich die Senioren- und Pflegeheime mit einem Anteil von 5,7% aller Infizierten mittlerweile zu regelrechten Hotspots der Pandemie entwickelt und gehen dramatische 38 Prozent aller Todesfälle auf Pflegeheime zurück.
In der Corona-Krise zeigen sich nun wie durch ein Brennglas alle Probleme der neoliberalen Wende im Gesundheits- und Pflegebereich. Und dieser Bogen spannt sich von der Intensivmedizin mit drastisch gekürzter Personal- und Bettenausstattung, über die Etablierung eines Zwei-Klassen-Systems und generellen Austeritäts-Mantras, über den Einzug der Profit-Logik in viele Bereiche, bis hin zu problematischen Entwicklungen in Versorgung und Reinigung. Deren Ausgliederung an Privatfirmen etwa, stellt seit langem eine zunehmende Gefahr für die Hygienestandards, einer „Verschleppung von Keimen“ und mangelhaften Desinfektionen dar.
Die Beschäftigten der Gesundheits- und Sozialbranche leisten tagtäglich Bestes unter immer schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen und unter massiv steigender Arbeitsintensivierung. Dieser Zeit- und Arbeitsdruck hat auch auf die Qualität der Betreuung und Pflege Einfluss, so dass alte und kranke Menschen oft „wie am Fließband“ versorgt werden müssen. Entsprechend gäbe es aktuell eigentlich in Wirklichkeit derzeit genug gut ausgebildetes Pflegepersonal.
Allerdings sind die Arbeitsbedingungen, Belastungen und Einkommen im Pflegebereich derart miserabel, dass sich viele umorientieren und einen anderen Weg einschlagen oder frühzeitig aus dem Pflegeberuf ausscheiden (müssen). Um die Pflege attraktiver zu machen, braucht es denn auch keine Lückenbüßer-Lehre oder die x-te Imagekampagne, sondern vielmehr eine rigorose Verbesserung der Arbeitsbedingungen, eine weitreichende Arbeitszeitverkürzung und höhere Einkommen in der stationären, teilstationären sowie auch mobilen Pflege und Betreuung.
Was es braucht:
- Re-Vergesellschaftung des gesamten Gesundheits- und Pflegebereichs
- Umfassende Aufstockung der Ressourcen
- Private Konzerne, Profitinteressen die ein Geschäft mit der Gesundheit machen und Dumpingpreise welche die Bedingungen, Ausstattungen und Verhältnisse drücken haben im Pflege- und Gesundheitssektor nichts zu suchen
- Sämtliche Privatisierungs- und Ausgliederungstendenzen sowie Outsourcingpläne sind zu stoppen
- Insourcing statt Outsourcing – bestehende Vergaben an profitorientierte Dritte sind sofort zu stoppen und nicht mehr zu verlängern
- Umgehende Verbesserung von Pflege- und Betreuungsschlüssel, Stopp der Dequalifizierung
- Sofortige Anstellung von zusätzlichem, bestens ausgebildetem Gesundheits-, Pflege- und Betreuungspersonal
- Für eine umfassende Attraktivierung der Gesundheitsberufe durch massive Gehaltserhöhungen, eine weitreichende Arbeitszeitverkürzung und rigorosen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen
- Jeder Mensch in Österreich hat das Recht auf eine sichere, qualitätsvolle und stressfreie Pflege und Betreuung