Um einen Damm gegen den immer gesellschaftsfähigeren, aufbrandenden Rassismus zu setzen bzw. zumindest ein Stück daran mit zu wirken und ein Zeichen zu setzen, kann seit Montag bis 26. September per Handy-Signatur oder vor Ort das „Anti-Rassismus Volksbegehren“ von Black Voices unterschrieben werden.
Ob herkömmlicher biologistischer Rassismus, Alltagsrassismus und Xenophobie, struktureller Rassismus, plakativ-vulgär aggressiv auftretend oder „feinsinniger-argumentativ“ kaschiert wie der unter dem Schlagwort des „Ethnopluralismus“ von der Neuen Rechten entwickelte Rassismus einer „völkischen Neuordnung der innpolitischen Ordnung“ und „der Staatenwelt“, oder zuletzt noch geopolitisch um die Festung Europa und eine manifeste Russophobie und Sinophobie erweitert– diesem ständigen Begleiter des Kapitalismus seit dessen frühesten Tagen gilt es mit geballter Kraft in all seinen Formen, Ausprägungen und an allen Fronten entgegenzutreten. Sei es gegen Ewiggestrige bzw. „rechts-außen“ aller Couleur oder sei es gegen die immer weitere Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts.
Der gewaltsame Tod von George Floyd durch einen uniformierten US-Rassisten vor etwas über zwei Jahren und die erschütternden Bilder, wie er neuneinhalb Minuten mit bis zu seinem Tod in den Nacken gedrücktem Knie des Polizisten verzweifelt um sein Überleben rang, haben in unmittelbarem Anschluss zu teils globalen Protesten und der Bewegung „Black Lives Matter“ („Das Leben Schwarzer zählt“) geführt und für einen kurzen Augenblick die Öffentlichkeit sensibilisiert. „I can’t breathe“ („Ich kann nicht atmen“) waren bekanntlich die letzten Worte Floyds, bevor er das Bewusstsein und sein Leben verlor, und wurden zu einer Parole der antirassistischen Protestbewegung in den USA und rund um den Erdball. Auch in Wien gingen am 4. Juni 2020 rund 50.000, vorwiegend junge Menschen, auf die Straße.
Und auch in Österreich nehmen die – teils unverhohlene – rassistische Gewalt und der Rassismus quer durch die gesellschaftlichen Schichten, die Parteien des Landes und das politische System erneut zu. Bis in welch weniger offensichtliche Formen sich dies zieht, zeigt der Umstand, dass es diese Woche zwei mediale Interviewabsagen für Sprecherin des Volksbegehrens gab, weil „man jetzt über die Queen berichten (müsse)“ – einer persönlich zumal bekanntlich durchaus rassistisch eingestellten Monarchin, die es nie zu einer Entschuldigung für den britischen Kolonialismus brachte und in deren königlichen Haushalt – festgeschriebener Maßen – keine „farbigen Immigranten“ arbeiten durften und wichtige Posten darüber hinaus auch nur von „weißen“ Männern bekleidet werden konnten. Der Gedenkstein für Marcus Omofuma in Wien wurde indes erst im Dezember 2020 wieder Gegenstand rechtsextremen, rassistischen Vandalismus.
Dazu kommt: Solange es Kapitalismus gibt, gibt es soziale Unsicherheiten und wie heute tiefe soziale Krisen und Verwerfungen. Da der Kapitalismus dies aber nicht aus sich selbst, aus seiner Profitlogik, Funktionsweise und daraus resultierenden Folgen erklären kann, produziert er Ideologien des Rassismus, des Chauvinismus, der Ausländerfeindlichkeit. Nicht zuletzt Schwarze Menschen und People of Colour müssen dabei als Sündenböcke herhalten oder werden für primitive Überlegenheitsgefühle instrumentalisiert. So kann das kapitalistische System von seinen Gebrechen ablenken, sie ethnisch und rassistische umdeuten und die Solidarität der Arbeitenden gegen ihn durch ein bewusstes Sortieren in „Überlegene“ und „Minderwertige“ schwächen und den Kampf jener, die er ausbeutet und prellt, spalten und erschweren.
Wer aber mit anderen in ihren Unterdrückungsverhältnissen nicht solidarisch ist, verstößt nicht „nur“ gegen die Humanität, sondern untergräbt damit die notwendige gemeinsamen Solidarität um die Welt gerechter, humaner zu machen.
Dagegen sollen „die Ziele und Forderungen“ des Volksbegehrens – von Problembereichen des Arbeitsmarkts, über Bildung, Gesundheit, Öffentlichkeit und Repräsentation, der Polizei, bis zu Flucht und Migration – einen „Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus“ in Zusammenarbeit mit den Betroffenen anstoßen, der „zusätzlich ausdrücklich“ zu Recht auch „eine geschlechtersensible Umsetzung in Bezug auf Frauen*“ fordert.