Der seit Anfang März anhaltende Widerstand gegen das geplante, sozialreaktionäre Arbeitsrechtspaket der französischen Regierung verstärkt seine Auseinandersetzung – die kämpfenden ArbeiterInnen läuten die entscheidende Runde ein.
Mit den mächtigen gewerkschaftlichen Aktionstagen, die Hunderttausende auf die Straßen Frankreichs gegen den geplanten Frontalangriff der Regierung mobilisierten, setzten die Gewerkschaften umgehend ein kraftvolles Zeichen gegen diesen Affront und nahmen die Arbeitenden und Massen der „Grande Nation“ den Kampf auf. Aus diesen Märztagen ging in Paris zugleich die vorrangig von Jugendlichen und jungen Erwachsenen getragene Protestbewegung „Nuit Debout“ („die Nacht über wach sein“) hervor, die unter den Vorzeichen „mehr arbeiten, weniger verdienen, leichter entlassen werden“ daraufhin quer über das Land entspann. Fortgeführt mit hunderten Großkundgebungen, Demonstrationen und Streikaktionen in ganz Frankreich, erhöht der kampferprobte, linke „Allgemeine Gewerkschaftsbund“ CGT den Druck gegen die Arbeitsrechtsnovelle aktuell mit einem Reigen landesweiter Aktionstage. Mit der Bestreikung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, der Raffinerien und Atomkraftwerke sowie gezielten Blockaden von Treibstoffdepots, Hafenzufahrten und wichtigen Verkehrsknotenpunkten hat sich die Auseinandersetzung um die geplante Arbeitsmarktreform zwischenzeitlich zum härtesten Arbeitskampf des Landes der letzten Jahre entwickelt.
Ein Kampf, in dem es allerdings in der Tat ums eingemachte geht. Das von Staatspräsident Francois Hollande und seinem Premier Manuel Valls mit aller Macht forcierte Arbeitsrechtspaket wurde vom Vorsitzenden der an der Spitze des Widerstands stehenden CGT Philipe Martinez zurecht als eine „Rückkehr ins 19. Jahrhundert“ charakterisiert. Die einst schwer errungene 35-Stunden-Woche soll per arbeitsrechtlichen Neuregelungen unterminiert werden; eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit durchgesetzt werden; der Kündigungsschutz soll „zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit“ gelockert werden; betriebsbedingte Kündigungen deutlich erleichtert werden; die finanziellen Abfindung bei Massenkündigungen sollen in ihrer Höhe drastisch zugunsten der Unternehmer gedeckelt werden, die bisherigen obligatorischen Ruhezeitregelungen zwischen Schichten fallen… Last but not least aber soll vor allem der Einfluss der Gewerkschaften zurückgedrängt werden und Vereinbarungen auf Betriebsebene hinkünftig den Vorrang vor Branchen- und Flächenkollektivverträgen, ja sogar vor staatlichen Gesetzen erhalten. Daran ändern auch die aufgrund des massiven gesellschaftlichen Drucks partiellen „homöopatische Korrekturen“ (Martinez) in Details nichts. Mit diesem Radikalumbau der Arbeitsrechtsgestaltung würde die etablierte Rangordnung ‚Arbeitsrechtsgesetze – Kollektivverträge – Betriebsvereinbarung’ auf den Kopf gestellt, die Kollektivvertragsvereinbarungen unterlaufen bis gänzlich ausgehebelt und das in historischen Kämpfen errungene französische Arbeitsgesetz nur mehr „ein kleines Buch, zu dem man greift, wenn man nicht mehr weiß was man sonst tun soll“, so Martinez die Frontalattacke auf den Punkt bringend. Dieser Text ist für die CGT sonach denn auch „nicht verbesserungsfähig“; „er gehört zurückgezogen.“
Angesichts der breiten Protestwelle, wie fraglichen Mehrheit in den eigenen Parlamentsreihen, und um die über 5.000 Abänderungsanträge abzuwehren, schaltete Regierungschef Valls in Rückgriff auf den Ermächtigungsartikel 49, Absatz 3, der französischen Verfassung – der es dem Premier einmal pro Amtszeit erlaubt Gesetzesvorhaben ohne Parlamentsabstimmung zu verabschieden –, jüngst kurzerhand das Parlament aus und verabschiedet die Arbeitsmarktreform in erster Lesung per Dekret.
In enger Symbiose mit dem französischen Unternehmerverband MEDEF, aus dessen Forderungskatalogen sich das Arbeitsmarktpaket überwiegend speist, soll die neoliberale Konter-Novelle so, koste es was es wolle, durchgeboxt werden. „Das Gesetz zur Arbeitsreform wird nicht zurückgezogen und in seinen wesentlichen Bestimmungen nicht verändert“, wie sich Valls auf die bevorstehenden Tage der Entscheidung einschwörend, gerade nochmals nachdrücklich zu betonten bewogen sah. Der Kern der „Reform“ sei vielmehr unantastbar. Ein Standpunkt, dem auch Staatspräsident Hollande, Ko-Inspirator des „Reformprojekts“ und Elysee-Repräsentant des sozialdemokratischen Zweigestirns an der Spitze Frankreichs, assistiert: auch er „werde nicht nachgeben“. Die wenigen dem Interessensverband des französischen Kapitals missfallenen Punkte der Arbeitsmarktreform hingegen, wurden auf dessen Geheiß flugs wieder fallen gelassen.
Im Schatten des Eiffelturms entscheidet sich dieser Tage und Wochen somit einer der brachialsten Anschläge auf das erkämpfte Tarifrecht und die Gewerkschaftsbewegung. Ein Angriff, der seitens des Kapitals in Symbiose mit den Spitzen der Sozialdemokratie am 14.Juni im französischen Senat in zweiter und letzter Lesung durchgepeitscht werden soll – notfalls erneut mit der Verfassungskeule des Notstandsparagraphen 49-3.
Die CGT, die streikenden und kämpfenden Werktätigen, Massen und Jugendlichen Frankreichs setzen sich gegen diesem Frontalangriff unbeirrt und verstärkt zur Wehr und bereiten sich auf die Entscheidung der tobenden Klassenschlacht vor, denen wir nicht minder als KOMintern unsere Solidarität entgegenbringen:
TOUS ENSEMBLE!
VIVE LA SOLIDARITÉ INTERNATIONAL!
HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT !