Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November steht im Zeichen des weltweiten Kampfs gegen Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegen Frauen und Mädchen.
Heraus zum 25. November – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen: 15:00, Yppenplatz, 1160 Wien. Danach Demo zur U6 und gemeinsame Fahrt zu:
Demonstration zum Tag gegen Gewalt gegen Frauen: Fr., 25.11., 17:00, Treffpunkt: Handelskai S+U, Wien
AKTIONSTAG ab 15:00 Uhr Annasäule Innsbruck, DEMONSTRATION um 18:30 Uhr
Diese Gewalt zieht sich von den Feminiziden der Mörderbanden des „IS“, die zusammen mit ehemaligen Kämpfern des Al-Kaida-Ablegers Al-Nusra-Front unter dem Schirm Ankaras gerade als pro-türkische Söldnertruppe unter dem Namen Haiat Tahrir Al-Scham – kurz: HTS – für den Krieg gegen Rojava neu reorganisiert wurden;
die jährlich rund 2.000 Femizide im Iran;
über Massenvergewaltigungen in Indien;
der Rückkehr auch für die herkömmlich patriarchale Kultur und Tradition der afghanischen Völker „einmalig extremen“ Frauenfeindlichkeit der Taliban;
die (Genital-)Verstümmelungen in anderen Regionen, massenhaften Verschleppungen und Zwangsverheiratungen, Verkauf als Sexsklavinnen, über den allerorts grassierenden Frauenhandel;
zu den Misshandlungen, häuslichen Gewaltexzessen und Vergewaltigungen in Österreich, bis zu den alleine heuer im Land bereits 28 von ihren Partnern ermordeten Frauen und 25 weiteren, die einen solchen Mordversuch überlebt haben.
Einem aktuellen UN-Bericht zufolge sind im vergangenen Jahr durchschnittlich mehr als fünf Frauen oder Mädchen pro Stunde auf der Welt von Partnern oder Familienmitgliedern in Ihrem Zuhause getötet worden.
In und seit den Lockdowns gegen die Corona-Pandemie hat sich die häusliche Gewalt gleichzeitig nochmals rasant verschärft, wie auch ein aktueller Bericht zur Situation in Österreich gerade unterstreicht. In hiesigen Breiten rückte damit auch die „gesellschaftliche Mitte“ und das den Alltag bestimmende, „westliche“ patriarchale System wieder stärker in den Fokus. Jede dritte Frau EU-Europas erlitt bereits zuvor körperliche bzw. sexuelle Gewalt. Und die Dunkelziffer von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Misshandlungen und Gewalt ragen noch um vieles über die offiziell benannten über 60 Mio. Frauen in der EU hinaus.
Noch unberücksichtigt der versteckteren Formen körperlicher, sexueller und psychischer Übergriffe in Partnerschaften, Familien, diversen gesellschaftlichen Bereichen und des Staates. Bis hinein in die Sprache wie der Verfasstheit von Gesprächen und Diskursen, bis hin zur patriarchalen „Vergewaltigung des Bewusstseins“. In offenen Aggressionshandlungen, subtileren Formen personaler sowie struktureller Gewalt gegen Frauen – sie misshandelnd in der Entfaltung ihrer Fähigkeiten, Entwicklungschancen und in ihren Willensäußerungen behindernd.
Dazu ist international ein regelrechter reaktionärer frauenpolitischer Backlash aufgebrandet: dieser zieht sich vom Austritt der Türkei aus der Istanbuler Konvention – der ersten europaweiten Vereinbarung zur Eindämmung, Bekämpfung und Verhütung von Gewalt an Frauen –, bis zur jüngsten Entscheidung des US-Höchstgerichts gegen das seit 1973 geltende Abtreibungsrecht in den USA. Als die Türkei letztes Jahr nach einer von einer religiös-konservativen Plattform losgetretenen mehrmonatige Debatte per Dekret aus der Istanbul Konvention ausgetreten ist, begründete sie dies unter anderem damit, Frauenrechte seien ein „religiöse Werte“ gefährdendes „importiertes“, „nicht-nationales“, „unislamisches“, „westliches“ Gedankengut. Der religiös-konservativen Plattform galten die Konvention und ihr Rechtsrahmen schlicht als eine Gefährdung der „Religion“, „Ehre“ und des „Anstands“, welche zudem „traditionelle Familienwerte“ untergrabe und Männer zu Sündenböcken stemple und deren ‚Rechte als Familienoberhaupt‘ beschneide. Ein völlig anachronistisches Weltbild, so zurecht der Tenor, dem in dieser Hinsicht allerdings das Kippen des beinahe 50 Jahre gegoltenen Abtreibungsrechts (Urteil Roe vs. Wade von 1973) in den Vereinigten Staaten durch den Obersten Gerichtshof der USA um nichts nachsteht. Denn der konservative Richter Samuel Alito begründet seinen Urteilsentwurf in „God’s One Country“ und westlicher Führungsmacht unter anderem allen Ernstes damit, dass in der ursprüngliche 1787 verabschiedeten und 1788 in Kraft getretenen US-Verfassung (also im 18. Jh.) ein Recht auf Abtreibung nicht erwähnt ist und das Abtreibungsrecht somit „nicht tief in der Geschichte und den Traditionen der Nation verwurzelt“ sei. Dass mit dieser anachronistischen ‚Begründung‘ 50 Jahre Frauenrechts- und Sozialgeschichte in der „von Gott bestimmten“ Nation (Ronald Reagan) und Führungsmacht des „kollektiven Westens“ für „unsere Lebensweise“ und „Werte“ per Federstrich gekippt wurden, kratzt allerdings nicht weiter an westlichen Narrativen oder der transatlantischen Nibelungentreue: business as usual.
Um zu ermessen, dass es sich gegenwärtig darüber hinaus um einen nochmals viel rigoroseren, globalen frauenpolitischen Backlash handelt, ließe sich schon mit wenig tiefschürfenden frauenrechtlichen Streifzügen auf die EU-Länder Spanien, Polen, die Slowakei und Ungarn sowie Tschechin, Bulgarien, Lettland und Litauen oder auch Kroatien zeigen, was hier im Einzelnen zurückgestellt bleiben muss. Aber alles Länder, die ihrerseits die Istanbul Konvention (in der unter „Gewalt gegen Frauen“ dabei zu Recht nicht nur körperliche Gewalt fällt, sondern auch geschlechtsspezifische Diskriminierungen, psychische Einschüchterungen oder wirtschaftliche Ausbeutung) allesamt entweder bis heute erst gar nicht ratifiziert haben oder selbst einen Austritt aus der Vereinbarung anstreben bzw. in denen die Kräfte und Bestrebungen eines Austritts besorgniserregen zugenommen haben. Mit dem rechts-außen Wahlsieg in Italien und der beständig von „Gott, Vaterland, Familie“ schwafelnden und stetig ihre tiefe Abneigung gegen die Frauenbewegung und das Recht auf Abtreibungen herausstellenden Fratelli d’Italia sind die Speerspitzen dieser Kräfte jetzt auch in einem weiteren Land des selbsternannten „Lenkungsausschusses der Weltpolitik“, genannt G7, am Ruder.
Im Fokus des Kampfes gegen Gewalt an Frauen steht aktuell freilich die Protestwelle im Iran gegen den Zwang-Hijab, die Kleiderordnung und für eine umfassende Emanzipation der Frauen, ausgelöst durch den gewaltsamen Tod der jungen, 22jährigen Kurdin Jina Masha Amini in Polizeigewahrsam am 16. September – die seitdem, trotz des brutalen Vorgehens der Sicherheitsbehörden und ersten Todesurteilen, nicht abreißt.
In letzter Instanz wurzelt all dies in der „doppelten Unterdrückung“ der Frau im herrschenden Gesellschaftssystem, in ihrer sozialen Existenz dem Kapitalverhältnis unterworfen zu sein und als Frauen zugleich patriarchaler Machtausübung zu unterliegen.
Für eine umfassende Emanzipation bedarf es denn auch des Kampfs gegen jegliche Form von Gewalt an Frauen sowie der gesellschaftlichen Durchsetzung von Gleichheit, sprich ebenso: einer Überwindung von Lohndiskriminierung, Geschlechterstereotypen, Doppelbelastung und aller sozial-ökonomischen Benachteiligungen und Ausgrenzungen – in letzter Instanz also des Kapitalismus.