Wir protestieren auf das Allerschärfste gegen den Polizeisturm auf die streikenden Greif-Arbeiter!
Heute Donnerstag, 10.4., hat die türkische Polizei die von Arbeitern besetzte Greif-Fabrik in Istanbul gestürmt. Seit gut zwei Monaten hatten Hunderte Beschäftigte die Fabrik des US-amerikanischen Verpackungsherstellers Greif bestreikt, um gegen die `Hungerlöhne und Sklavenarbeitsbedingungen´ zu protestieren.
Ihre Hauptforderungen in diesem Arbeitskampf sind daher auch: eine kräftige Lohnerhöhung – die Übernahme der Leiharbeiter in die Belegschaft (welche im Greif-Leiharbeitssystem als zusätzliche Lohndrücker breit eingesetzt werden) – und das Recht auf einen Kollektivvertrag. Vor zwei Tagen sah es in den Verhandlungen noch so aus, als ob es zu einer Einigung käme. Dann begann die Betriebsleitung damit, Kollegen rauszuschmeißen. In den Morgenstunden wurde die Fabrik nun brutal gestürmt.
Ab 4.00 Uhr umstellten hunderte Polizisten mit schwerem Räumgerät das Werk. Gegen 5.50 Uhr drangen zunächst Zivilbeamte durch einen Hintereingang in die Fabrik. Kurz darauf durchbrachen uniformierte Spezialeinheiten mit Baufahrzeugen die verbarrikadierten Werkstore.
Während es 11 Arbeitern gelang, auf die Dächer zu fliehen, um von dort aus den Kampf weiterzuführen, nahm die Polizei 91 Streikende sowie sich in der Fabrik aufhaltende Aktivisten der Greif-Solidaritätsbewegung fest. Einem auf Solidaritätsbesuch befindlichen Aktivisten der BDSP wurde während des Polizeizugriffs das Kiefer gebrochen. Unmittelbar nach der Operation wurde er direkt aus dem Krankenhaus heraus in U-Haft gesetzt. Von den 91 festgenommenen Kollegen wurden nach ihren polizeilichen Einvernahmen 20 an die Staatsanwaltschaft übergeben, um sie justiziell für ihren Arbeitskampf zu belangen. Zig weitere wurden beim Fabrikssturm verletzt und mußten in Krankenhäuser eingeliefert werden, darunter auch ein Kind eines Arbeiters. Über sechs Verletzte wurde parallel die U-Haft verhängt. Unter den Festgenommenen befindet sich auch der Streikführer Orhan Turan. Die 11 auf die Dächer geflohenen Arbeiter setzen währenddessen ihren Widerstand fort und verlangen die sofortig Freilassung ihrer inhaftierten Kollegen. Eher wollen sie die Dächer der Fabrik auch nicht verlassen und bis dahin auf diesen ausharren.
Nach Beginn der Räumung traf neben dem Vorsitzenden der sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaft DISK, Kani Beko, auch der Parlamentsabgeordnete Levent Tüzel der sozialistischen HDP vor Ort ein, um zu vermitteln und die Stürmung der Fabrik wie Polizeigewalt gegen die Arbeiter zu verurteilen. Levent Tüzel und Anwälte der CHD, die schon die letzten Wochen zur Unterstützung vor Ort waren, besuchten währenddessen auch die Kollegen am Dach. Den verharrenden Arbeitern Wasser und Kekse mitzunehmen wurde ihnen dabei von der Polizei jedoch verwehrt. Selbst diese Grundnahrungsmittel sollen den Weiterstreikenden vorenthalten werden um sie in Knie zu zwingen. Deren Antwort auf diese Ungeheuerlichkeit fiel knapp und kurz aus: sie werden ausharren bis ihre Kollegen auf freiem Fuß sind und die Dächer auch dann nur mit Arbeitervertretern und nicht in Polizeibegleitung verlassen.
Mit vielen anderen Organisationen hat wie gesagt auch die DISK die Polizeigewalt verurteilt. Gleichwohl hält sich das Gerücht, dass die DISK-Führung, die als DISK-Textil hinter dem Rücken der Greif-Arbeiter gerade ein 6-Punkte-Protokoll unterschrieben hat, das auch die Beendigung des Streiks beinhaltet, vorab über den Einsatz informiert war. Dies, wie die Kritik der mangelnden Solidarität der DISK mit dem Streik führte denn auch zu Zwischenrufen und Protesten während der Rede von Kani Beko seitens der Greif-Beschäftigten. Quer durch die Türkei finden Protestaktionen gegen diese gewaltsame Streikzusammenschlagung durch die staatlichen Repressionsorgane statt.
Polizeiliche Schergen, die heute beinahe zeitgleich auch den Protestmarsch der Yatagan-Fernwärme- und Kraftwerks- Arbeiter nach Ankara gegen die Privatisierungsverhandlungen attackierten und niederzuschlagen versuchten. Ohne Erfolg, die Yatagan-Arbeiter setzten ihren Protestmarsch fort.
Wir protestieren als KOMintern auf das Allerschärfste gegen diese Repressionen gegenüber streikenden und für ihre Interessen protestierenden Arbeitenden!
Uneingeschränkte Solidarität mit unseren kämpfenden Kollegen und Kolleginnen!
Wir fordern auch den österreichischen Gewerkschaftsbund und die zuständigen Fachgewerkschaften auf, unverzüglich gewerkschaftlichen Protest einzulegen, die Stimme zu erheben und internationale Solidarität zu zeigen!