Frankreichs Klassenschlacht tritt mit Wucht in die entscheidende Phase

Die Klassenschlacht in Frankreich gegen Macrons sozialreaktionäres Prestigeprojekt einer Pensionsgegenreform spitzt sich zur offenen gesellschaftlichen Machtprobe zu und tritt mit Wucht in die entscheidende Phase.

Denn nach seiner Flexibilisierung- und Deregulierungsschlacht des Arbeitsrechts 2017, mit der die letzten diesbezüglich verbliebenen progressiven Regelungen aus den Jahren der `Volksfront´ 1936-1938 sowie des antifaschistischen Neubeginns nach 1945 geschliffen wurden, versucht er nun mit aller Gewalt sein zweites Liebligsprojekt durchzupeitschen: die Anhebung des Pensionsantrittsalters. In diesem Zusammenhang weigert sich der von den Massen verächtlich auch als selbstherrlicher „Prinz“ titulierte Präsident sogar, Gewerkschaften auch nur zum Gespräch zu empfangen.

Letzten Dienstag gelang es den vereint kämpfenden Gewerkschaften auf ihrem 7. Aktionstag gegen Macrons Pensionserhöhung mit Streiks, Blockaden und Demonstrationen allerdings noch einmal mehr Menschen zu mobilisieren wie schon zuletzt. Waren es Mitte Februar bereits zweieinhalb Millionen, so in der Vorwoche mit dreieinhalb Millionen nochmals um rund eine Million mehr und damit die größte Beteiligung seit der Abwehr der Rentenreform von Ministerpräsident Alain Juppé im Jahr 1995.

Da Macron dessen ungeachtet seine Pensionsverschlechterung bis Ende März durchdrücken will, wurden die Streiks und Kampfmaßnahmen, zumal in Anbetracht der nochmals besonderen Brisanz für die im Durchschnitt um 40% niedrigeren Frauenpensionen, auch auf den 8. März ausgedehnt. An diesem machten darüber hinaus gleichzeitig insbesondere die zahlreichen Großdemonstrationen am Internationalen Frauentag, „Frauenstreiks“ und mehr als 150 „feministische Veranstaltungen“ gegen das Pensionsdiktat mobil. Denn die nochmals einschneidendsten Pensionseinbußen hätten als Gros der Teilzeit- und befristeten Beschäftigten Frankreichs die Frauen zu tragen.

Gestern Samstag gingen erneut über eine Million gegen Macrons sozialreaktionäres Prestigeprojekt einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters und einer Verlängerung der Mindestbeitragsdauer, die von rund 70% der französischen Bevölkerung vehement abgelehnt wird, auf die Straße. Zumal jüngsten Berichten zufolge die Pensionsgegenreform nicht wie ursprünglich geplant bis spätestens 26. März, sondern etwaig schon diese Woche auf den Weg gebracht werden soll.

Jedenfalls sollen bereits kommende Woche der Senat und die Nationalversammlung für die entscheidenden Lesungen der Pensionsgegenreform gerüstet sein, wozu dann auch Mittwoch/Donnerstag der parlamentarische „Vermittlungsausschuß“ der beiden Parlamentskammern zusammentritt. Mit deren Durchpeitschen soll dann zum einen der soziale Rotstift angesetzt und die staatlichen Pensionsausgaben zusammengstutzt werden sowie zum anderen die privaten Altersvorsorge gepusht werden, zudem aber auch finanzielle Mittel für Macrons vorangetriebenes, massives Hochschrauben des französischen Militär- und Rüstungsetats frei werden. Veranschlagt ist eine Erhöhung des Militäretats von nächstem Jahr bis 2030 auf 400 Mrd. Euro. Das entspricht, die Aufstockung von 2019 miteingerechnet, einer glatten Verdoppelung der Militär- und Rüstungsausgaben der Grande Nation.

Entsprechend sind auch erstmals seit 12 Jahren wieder alle Gewerkschaften in einer Gegenfront vereint und für kommenden Mittwoch neue massive Streiks, Blockaden und Demonstrationen geplant und schließen sich immer mehr Berufsgruppen – auch der Privatindustrie – den Protesten an. Schon einmal, im Herbst 1995, brachten massiver Widerstand und wochenlange Streiks eine vom damaligen Premierminister Alain Juppé vorangetriebene Pensionsgegenreform zu Fall. Die Gewerkschaften und Massen Frankreichs können – wir wiederholen es – in ihrem Kampf also zugleich auf das Beispiel eines gewonnenen historischen Abwehrkampfs zurückblicken. Für Mittwoch und Donnerstag mobilisieren die französischen Gewerkschaften nun auf ein rien ne va plus 2.0.

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