Das Pulverfass Naher Osten steht vor der Explosion. UN-Generalsekretär António Guterres warnt eindringlich, die Region steht am „Rand des Abgrunds“. „… Wir dachten, wir würden weiterhin nach Gaza gehen, ein paar Brosamen in Form von Zehntausenden von israelischen Arbeitserlaubnissen verteilen – immer unter der Bedingung, dass sie sich gut benehmen – und sie trotzdem im Gefängnis halten“, so Gideon Levy, Redakteur der renommierten israelischen Tageszeitung Haaretz am 9. Oktober. „Wir dachten, wir würden weiterhin jeden Versuch einer diplomatischen Lösung arrogant zurückweisen, nur weil wir uns mit all dem nicht befassen wollen, und alles würde für immer so weitergehen. (…) Ein paar hundert Menschen haben bewiesen, dass es unmöglich ist, 2 Millionen Menschen für immer einzusperren, ohne einen grausamen Preis zu zahlen.“ „Die Drohungen, ‚Gaza zu planieren‘, zeigen nur eines“, so Levy pessimistisch weiter: „Wir haben nicht das Geringste gelernt.“ Umso wichtiger, dass die Revolutionäre Linke und internationale Friedensbewegung ihre Stimme erhebt, bevor alles in Trümmern liegt.
Nachdem der Gazastreifen im Anschluss an die verheerende Großattacke der Hamas und weiterer Kräfte des Gazas durch die israelische Luftwaffe über die letzte Woche sturmreif gebombt und in einer neuen Dimension hermetisch abgeriegelt wurde (von den Experten der UNO als „kollektive Bestrafung“ verurteilt), steht nun jeden Moment die angekündigte Bodenoffensive des israelischen Kriegskabinetts bevor, die sich zudem zu einem regionalen Krieg und Flächenbrand auszuwachsen droht. „Diese Eskalation muss gestoppt werden“, so die Kommunistische Partei Israels und das Linksbündnis Hadasch, aber auch das Menschenrechtszentrum B’Tselem und weitere Friedenskräfte, die sich gegen die bevorstehende Militäroffensive stemmen und für eine politische und gerechte Lösung des Konflikts kämpfen.
Aber auch Angehörige der Opfer und Geiseln erheben ihre Stimme gegen den medial geschürten und vom israelischen Kriegskabinett befeuerten „Durst auf Rache“ (Orly Noy, B’Tselem-Vorsitzende). Etwa die Familie von Hayim Kasman, der von militanten Hamas-Kämpfern bei der Erstürmung des Kibbuz Holit getötet wurde. Ja, wie die Familie des 32-jährigen Gärtners, Mechanikers und Friedensaktivisten unterstreichen: Ihr Sohn hätte keinesfalls gewollt, dass sein Tod Vergeltungsmaßnahmen gegen Palästinenser und den Gaza auslöst. Oder Yaakov Argamani, dessen Tochter Noa beim gestürmten Musikfestival und anschließenden Massaker an der Grenze zum Gazastreifen von der Hamas als Geisel genommen wurde. „Auch sie haben Opfer zu beklagen, auch sie haben Gefangene, auch sie haben weinende Mütter … Lassen Sie uns echten Frieden schaffen“, so der Vater von Noa.
Es sei in diesem Zusammenhang zugleich hervorgehoben, dass unter den zahlreichen Opfern und Verschleppten auch linke Anti-Besatzungs-AktivistInnen sind, wie etwa das ehemalige Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation B’Tselem, Vivian Silver. Aber, wie der bekannte linke israelische Intellektuelle Moshe Zuckermann gerade unterstrich: „Terror entsteht immer in einem Kontext. Israel hat sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückgezogen, schikaniert die dort gefangene Bevölkerung aber weiter, kontrolliert etwa die Elektrizitätsversorgung. Und Israel hat den Gazastreifen nach Raketenangriffen immer wieder bombardiert, mit Tausenden zivilen Opfern. [Anm: bzw. seither 2008, 2012, 2014, 2018 und 2021 größere kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Gaza geführt.] Wenn man lange genug im Kollektiv gängelt und mordet, dann befördert man den Terror. Was man auch sagen muss – und das ist eine der größten Paradoxien: Israel war Geburtshelfer der Hamas. Rechtsgerichtete Politiker unterstützten die Organisation nach der Entstehung, auch finanziell. Denn man betrachtete die gemäßigtere PLO unter ihrem charismatischen Führer Yassir Arafat als Gefahr für Israel und wollte sie schwächen.“
Die Ereignisse zeigen denn vielmehr, wie die KP Israels und Hadasch unterstreichen, „dass es keinen Weg gibt, den Konflikt zu verwalten oder ihn militärisch zu lösen – es gibt nur eine Lösung: die Beendigung der Besatzung anzustreben und die legitimen Forderungen und Rechte des palästinensischen Volkes anzuerkennen. Die Beendigung der Besatzung und die Schaffung eines gerechten Friedens sind ein eindeutiges und gemeinsames Interesse der beiden Völker in diesem Land.“
An diese Fußpunkte anknüpfend rufen wir als KOMintern, zusammen mit VTID, PdA, ADHF, der KJÖ, Young Struggle und weiteren linken Kräften und Friedensstrukturen zur Kundgebung „Stoppt den Krieg! – Solidarität mit der israelischen Friedensbewegung und kämpferischen Linken! – Freiheit für Palästina!“ auf.
Mittwoch 18.10., 17.30 Uhr, Platz der Menschenrechte, Wien