Philippinen: Die Symbiose Marcos-Duterte & Reagans bester Freund im Pazifik

Mit Ferdinand Marcos jr., dem Spross von Langzeitdiktator Ferdinand Marcos, kehrt nach dem antikommunistischen Kreuzzug und Blutrausch Rodrigo Dutertes ein Name an die Staatsspitze zurück, der zudem noch geradezu synonym für einen Bereicherungsfeldzug gegen das eigene Land, dessen Staatskassen und SteuerzahlerInnen steht. Mit Sara Duterte-Carpio, der Tochter Rodrigo Dutertes als Vizepräsidentin an seiner Seite, steht Manila vor einer Symbiose des philippinischen Schreckens. Doch während Dutertes Ausfälle und Blutrausch den meisten noch frisch im Gedächtnis sind, ist Ferdinand Marcos vielen nur mehr skizzenhaft in Erinnerung.

Der Name des Ende 1965 als Präsident an die Spitze der Philippinen gelangten Ferdinand Marcos ist gleichwohl heute noch vielen als irgendwie Inbegriff einer „noch nie dagewesenen Plünderung einer Nation“, wie eine Untersuchungskommission nach seiner Absetzung 1986 formulierte, ein Begriff.

Weniger gern erinnert werden seine westlichen Förderer und insbesondere Freunde aus den USA an ihre langjährige Intimität mit ihrem Gefolgsmann Marcos. 1966, die USA befanden sich seit 2 Jahren im offenen Krieg gegen Vietnam, besuchte US-Präsident Lyndon B. Johnson den US-Intimus in Manila, dessen Truppen bereits seit einem halben Jahr an der Seite der US-Armee gegen die Befreiungsbewegung in Südvietnam kämpften. Der philippinische Präsident zeichnete sich mit Hilfstruppen sowie Luft- und Marinestützpunkten als geradezu beispielhafter Anker und Vorpostender US-amerikanischen Ostasienpolitik aus. Im November 1965 formulierte Marcos, mit großem Anklang unter der philippinischen Kompradorenbourgeoisie und transnationalen Konzernen, als Credo seiner Außenpolitik diesbezüglich den Slogan: „Folge Amerika, wo immer es hingeht.“

Seine 1954 geehelichte Gattin Imelda wiederum, ehemalige Miss Manila und ebenfalls aus besserer Familie stammend, wurde nicht nur Gouverneurin von Großmanila, sondern zugleich seine unverzichtbare Stütze späterer Präsidentschaftswahlkampagnen. Im Volk trug sie aufgrund ihres herben Auftretens und unbändigen Raffgiert allerding schon rasch den Beinamen „Eiserner Schmetterling“.

Den reichen Oberschichten und den aufstrebenden einheimischen Industrieunternehmen, sowie dem Militär, wie auch den Großgrundbesitzern, sprachen insbesondere seine wirtschaftspolitische Westorientierung und seine Versprechen an: „Wir werden eine große Nation werden!“

Die Werktätigen und Bevölkerung partizipierte indes von den neokolonialen Entwicklungen und Arrangement großer Teile der heimischen Bourgeoisie mit dem Auslandskapital kaum. Zudem verloren Kleinbauern reihenweise ihr mühsam urbar gemaches (Dschungel-)Land. Dazu wucherten in den Provinzen Korruption und Machtmissbrauch, was Ende der 1960er Jahre zur Entstehung mehrere Guerillaorganisationen führte, die sich sowohl dem Militär wie den Privatarmeen der Großgrundbesitzer entgegenstellten. Die politische Lage entwickelte sich zu massiven studentischen Unruhen und von den Herrschenden geschürten bürgerkriegsähnlichen Zuständen (mit einer Reihe später erwiesenermaßen auf Provokateure der Regierung gehenden Bombenanschlägen, die diese der Linken, den Kommunisten und Maoisten angelastete).

Im September 1972 setzte Marcos dann mit einem fingierten Attentat auf Verteidigungsminister Juan Ponce Enrile (wie Enrile 1986 selbst zugab) seinen Coup und verhängte den Ausnahmezustand und das Kriegsrecht über das Land. Der Kongress wurde dicht gemacht, Parteien die politische Betätigung untersagt, oppositionelle Medien verboten. Das Land wurde fortan per Präsidialdekrete regiert, Armee und Polizei erhielten Sondervollmachten.

Im Zuge des Staatsstreichs ließ Marcos an die 30.000 Menschen (allem voran Linke, Oppositionelle, StudentInnen, JournalistInnen und GewerkschafterInnen) in Militärlagern und Gefängnissen inhaftieren und entledigte sich zugleich auch seiner persönlichen Rivalen (darunter 3 Senatoren und 6 Kongressabgeordnete). Politische Gegner verschwanden in der Ära Marcos immer wieder spurlos.

Die anschließende „bonapartistische Politik“ war ein Balanceakt zwischen den Klassenkräften im Land und ein Hochseilakt der internationalen Politik, die hier weitgehend zurückgestellt bleiben muss. Daher auch lediglich ein Wort, das durchaus auch Parallelen mit Dutertes internationaler Politik mit 2016 zeigt. In den Beziehungen zu den USA suchte Marcos nun einerseits mehr Spielraum für die philippinische Außenpolitik. Versicherte andererseits aber zugleich: „… es gibt keiner Veränderungen in unserer … Außenpolitik, die die USA schädigen würde.“ (Ähnlich erklärte Duterte im Oktober 2016 sich außenpolitisch, ökonomisch und militärisch stärker von den USA lösen zu wollen, um dies tags drauf gleich wieder zurückzunehmen und zu erklären, dass dies für die Philippinen unvorteilhaft wäre.) 1975 besuchte denn auch US-Präsident Gerald Ford Washingtons Gefolgsmann in Manila. Mit im Reisegepäck hatte er dabei saftige Dollar-Geschenke.

Um das immer rigoroser angehäufte Vermögen unauffällig zu verstecken, bedienten sich unter Zuhilfenahme Schweizer Banken bereits Ferdinand und Imelda Marcos ab Ende der 1960er Jahre der heute in aller Munde stehenden Offshore-Plätze auf den Bahamas und den Cayman-Inseln, aber auch des US-Bankenmarkts. Dazu legten sie sich die Pseudonyme William Saunders und Jane Ryan zu. Damit gut gerüstet in und für die internationale Finanzwelt unternahmen die Marcos einen Bereicherungsfeldzug gegen das eigene Land, dessen Staatskassen und SteuerzahlerInnen, erpressten Schmiergelder und Schwarzmarktanteile, die seinesgleichen suchen. Aufgrund des 15%igen an ihn abzuführenden Anteils an den Kriegsentschädigungen seitens Japans für den jeweiligen Zuschlag (die Reparationen erfolgten im Geschäftsverkehr in Gütern und Infrastruktureinrichtungen) erhielt Marcos selbst in der philippinischen Oberschicht den Spitznamen „Mister 15 Prozent“.

Wenig verwunderlich sah sich der Staatslenker der Philippinen zunehmend und nach der Aufhebung des Kriegsrechts 1981 einer breit gewachsen Opposition und einem immer größeren Kreis an Widersachern ausgesetzt. Auch das US States Department sah sich zwischenzeitlich nach einem verlässlicheren Gefolgsmann in Manila um, zumal der philippinischen Wirtschaft immer offensichtlicher der Bankrott drohte und das Militär der revolutionierenden Massen und ethnischen Minderheiten auch mit Terror kaum mehr Herr wurde.

Daraufhin favorisierte Washington als seinen neuen Mann in Manila Benigno Aquino, der 1983 aus den USA auf die Philippinen zurückkehrte. Allerdings, schon auf der Gangway des Empfangsgebäudes wurde „Ninoy“ – wie der Großgrundbesitzer-Spross genannt wurde –, kaum dass er den Fuß auf seinen Heimatboden Manila gesetzt hatte von Kugeln tödlich niedergestreckt. Nun zog die CIA unter ihrem Chef William Casey in einer Sonderoperation die Reißleine gegen ihren bislang protegierten Diktator und verständigten sich mit maßgeblichen Vertretern der Großbourgeoisie, Teilen der alten Elite, der Kirchenspitze und wichtigen Fraktionen im innerlich bereits zerrissenen Heer. Nach massiven Wahlfälschungen der vorgezogenen Neuwahlen 1985 zugunsten Marcos‘ übernahmen die US-Auslandsdienste und der nach Manila beorderte Senator Paul Laxalt das Ruder den gescheiterten Günstling Washingtons zu einem „sauberen Schnitt“ zu ‚bewegen‘.

Am Abend des 25. Februars 1986 flog eine Hubschrauberstaffel der US-Luftwaffe ihren zur Abdankung `überredeten´ bisherigen Statthalter und dessen Gattin aus. Freilich erst, nachdem diese hastig ihre Tresore ausräumten, ihre Zertifikate an Guthaben, Immobilien und andere Vermögenswerte retteten und noch eine Nacht zu schreddernder und zu verbrennender Akten auf den Weg bringen konnten. 3 Reißwölfe gingen dabei drauf. In Hawaii fanden Ferdinand Marcos, den der amtierende US-Präsident Ronald Reagan einmal den „besten Freund im Pazifik“ genannt hatte, Imelda Marcos und ihr engstes Gefolge danach Asyl. In den Boulevardmedien berühmt wurde damals Imelda Marcos grotesker Fimmel für ihre Garderobe, allen voran für Handtaschen und Schuhe. Irrwitzige 2.700 Paar Schuhe fanden sich in ihren Schuhschränken. Und diese waren allesamt keine Schnäppchenkäufe. In den Safes fanden sich aber auch noch Berge von Dokumenten mit Hinweisen auf das weltweit verstreute Familienvermögen.

Ferdinand Marcos starb dreieinhalb Jahre später am 28. September 1989 auf Hawaii. 2016 wurde der ebenso blutige wie korrupte Diktator im Beisein seiner Witwe Imelda und seiner Kinder auf den Philippinen mit militärischen Ehren beigesetzt.

Sein Sohn Ferdinand Marcos jr. trat politisch schon früh in die Fußstapfen seines Vaters. Und schon 2016 hatte er das Rennen um die Vizepräsidentschaft nur knapp verloren. Fast exakt dreieinhalb Jahrzehnte nach der Absetzung seines Vaters tritt er nun auch staatspolitisch dessen Erbe an. An seiner Seite, die Tochter Rodrigo Dutertes, Sara Duterte-Carpio, als Vizepräsidentin. Und beide ließen im Wahlkampf keinen Zweifel aufkommen, dass sie auch politisch und wirtschaftlich den Kurs ihrer Väter zu beerben denken.

Bagong Alyansang Makabayan brachte es für die Linke des Landes vielleicht auf den Punkt: „Es ist schockierend. Wie kann es sein, dass diese Familie, die 1986 aus dem Land gejagt wurde, ein politisches Comeback inszenieren konnte …? Es wurde möglich, weil nach 1986 das politische System nicht überholt wurde – ja, wir konnten Marcos stürzen, aber der Kampf war unvollendet. Das korrupte und verrottete politische System blieb bestehen, und die USA brachten Marcos nach Hawaii und verhinderten damit, ihn auf den Philippinen vor Gericht zu stellen. In den 90er Jahren durften die Marcos’ schließlich ins Land zurückkehren und konnten den Boden für ein mögliches politisches Comeback bereiten.“ Und hob, von der Weltöffentlichkeit wie meist kaum weiter zur Kenntnis genommen, zugleich als Umstand und Perspektive hervor: „Die USA haben die schlimmsten Führer unterstützt, von der Marcos-Diktatur in den 1970er Jahren bis hin zu Rodrigo Duterte, der versucht, ein zweiter Marcos zu werden. Unsere Arbeit besteht also darin, das philippinische Volk zu organisieren und zu mobilisieren, um eine sozialistische Perspektive für die Philippinen zu erreichen.

Bild: Wikimedia Commons, (CC BY-SA 3.0), cropped

Ähnliche Beiträge

Gefällt dir dieser Beitrag?

Via Facebook teilen
Via Twitter teilen
Via E-Mail teilen
Via Pinterest teilen