Dass Unterschriftensammlungen und Zeitungsinserate als „Kampfformen“ für die dringend erforderliche Lohnsteuersenkung im Landebenso wenig ausreichen werden, wie eine appellative Übergabe einer Art „vorformulierter Regierungsvorlage“ an die Bundesregierung unter dem Titel „Jetzt liegt´s an der Regierung!“ dieser zur Durchsetzung verhelfen wird, hat uns dieser Tage nochmals Finanzminister Hans Jörg Schelling vorzelebriert.
Das von ÖGB und AK geforderte Entlastungsvolumen von knapp 6 Mrd. schon in den bisherigen Regierungsverhandlungen um eine runde Mrd. auf 5 Mrd. gedrückt, trachtet er diese nun auch noch neu zu verteilen und ledigliche 3,5 Mrd. davon für die Tarifentlastung der Arbeitenden bereitzustellen (und den Rest in Höhe 1 Mrd. an die Wirtschaft und 500 Mill. an die Familien umzulenken).
Eine Steuerreformplan, der von AK-Präsident Rudolf Kaske denn auch zurecht umgehend als „völlig unakzeptabel“ wie als „Verkennung der wahren Bedürfnisse in diesem Land“ zurückgewiesen wurde. „Das hat nichts mit einer Tarifentlastung zu tun“, fährt Kaske mit Recht fort. Nicht weniger empört zeigte sich auch ÖGB-Präsident Erich Foglar über Schellings Pläne.
Mit diesen Plänen sind die von AK und ÖGB geforderten Lohnsteuersenkungen seitens des Finanzministers nunmehr offen zur Disposition gestellt. Ja, selbst die anvisierte Senkung des Eingangssteuersatzes von dzt. 36,5% auf 25% zeichnet sich damit als mehr denn je in den Sternen stehend ab. Und faktisch firmiert die von Gewerkschaften und AK geforderte Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25% schon seit längerem mehr und mehr als „Senkung Richtung 25%“ (etwa in einem möglichen typisch großkoalitionärem Kompromiss um die 30%) – und ist auch in genau lediglich dieser Formulierung im Regierungsprogramm vereinbart.
Aber auch die Gegenfinanzierung über eine – von AK und ÖGB ohnehin nur mehr halbherzig und bedingt geltend gemachte – Heranziehung der Vermögen scheint sich zusehends in Nebel aufzulösen. Dass das Gegenfinanzierungs-Modell von AK und ÖGB mehr den Charakter eines vorweggenommenen „sozialpartner“schaftlichen Kompromisses, wie er normalerweise erst am Ende zäher Auseinandersetzung stehen mag, hat – wurde von uns als KOMintern schon mehrfach angeprangert. Das Modell ist schon in seiner „ausgewogenen Finanzierungsstruktur“ völlig ungeeignet für ernsthafte, einzig den Interessen der Arbeitenden verpflichtete Auseinandersetzungen. Dies verdeutlicht auch eine wenig beachtete Erörterung des Wiener AK-Direktors und Kanzlerberaters Werner Muhm vor dem Verband der Österreichischen Privatstiftungen (VÖP) wenige Tage vor Schellings Vorstoß. Eine Vermögenssteuer sei „sicher schwierig umzusetzen“, so der gewichtige AK-Direktor. Als Forderung bleibe eine solche zwar am Tisch. Aber auf sie eingraben will sich der mächtige Ökonom an der AK-Spitze nicht. Die von ÖGB und AK zurecht geforderte Einführung einer Vermögenssteuer könnte so durchaus noch einem „sozialpartner“schaftlichen Kompromiss zum Opfer fallen. Nur, so Muhm: „Ich werde doch nicht Kompromisse vorwegnehmen, bevor ich verhandelt habe.“
Mit Schellings zusätzlicher Ablehung einer Erhöhung der Negativsteuer, dem einzigen Punkt des AK/ÖGB-Modells für spürbare Einkommenserhöhungen der Nicht-Lohnsteuerpflichtigen, würden zu alledem gerade die NiedriegverdienerInnen komplett durch die Finger schauen.
Angesichts dessen ist es höchst an der Zeit, dass ÖGB und AK ihren Kuschelkurs gegenüber Regierung und Kapital beenden und die Kraft ihrer Mitglieder zur Unterstützung der Forderungen breitest mobilisieren. Die Unterschriftensammlungen und Inserate jetzt ausschließlich durch Presseaussendungen zu ergänzen, wird allemal nicht reichen. Um das „sozialpartner“schaftliche Ruder von „Jetzt liegt´s an der Regierung“ noch in Richtung einer durchsetzungsfähigen, kämpferischen Perspektive für die Arbeits- und Lebensinteressen der Beschäftigten herumzureißen, muss es endlich heißen: