Der viel zu kleine Rettungsring – die Mindestsicherung

„Auch in unserer Branche muss der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen geführt werden!“ DSA Selma Schacht, Arbeiterkammerrätin von KOMintern & Betriebsratsvorsitzende im Sozialbereich
Eine Info vom KOMintern-AK-Rätin Selma Schacht (erschienen auf der Arbeits- und Sozialrechtssseite im „Uhudla„)
Die „bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS)“ ist weder die durch verwirrte oder reaktionäre Menschen verdammte „soziale Hängematte“ noch das durch angeblich Progressive ersehnte „bedingungslose Grundeinkommen“. Die BMS ist auch nicht das, was ihr Name verspricht: sie orientiert sich weder am wirklichen Bedarf der BezieherInnen, noch sichert sie einen Mindestlebensstandard, der diese Bezeichnung verdient.

Gerade derzeit, wo gegen die Mindestsicherung von Konservativ bis Reaktionäre gewettert wird, Unwahrheiten und glatte Lügen verbreitet werden, ist es umso wichtiger, als aufgeschlossener Mensch alle Fakten zu kennen. Auch, weil Verhandlungen zwischen Bund und den Ländern laufen, um die BMS zu „reformieren“ – in Zeiten von Belastungspaketen und der permanenten schleichenden Einsparung des Sozialstaats und den offenen Worten der SPÖVP-Regierung über massive geplante Verschlechterungen hat dies nicht nur den Klang einer Drohung.
Um Mindestsicherung zu beziehen, darf man grundsätzlich nicht mehr als rd. 4.200.- Euro Ersparnisse bzw. anderes „Vermögen“ besitzen – und das wird auch in Hausbesuchen, durch Durchforsten der Kontoauszüge etc. festgestellt. Alle „Einkünfte“ wie Kinderbetreuungsgeld, Arbeitslosengeld, Lohn/Gehalt, Unterhalt etc. verringern den Mindestsicherungsbetrag. Der ist dzt. mit rd. 838.- festgelegt – darin enthalten (!) ist schon ein so genannter Wohnanteil. Für ein Kind bekommt man zwischen 124,20 (in Kärnten) und 223,51 (in Wien, je Stand 2015). Dabei ist man aber der Arbeitspflicht unterworfen – defacto jede Arbeit (solange sie nach KV bezahlt wird und die Gesundheit nicht gefährdet – wie nett) muss angenommen werden, sonst droht die Kürzung der BMS. Aber nachdem in Ostösterreich im Durchschnitt auf jede freie Stelle 20 dafür in Frage kommende BMS-BezieherInnen drängen, führt sich wiedermal – wie generell beim Thema Arbeitslosigkeit – der Spruch „Geht´s was arbeiten“ ad absurdum. Außer natürlich es würde für die Spekulanten und Erben gelten… aber das ist ein gänzlich anderes Kapitel. Hier und jetzt sprechen wir nämlich von Menschen, die im Schnitt mit vier (!) Euro pro Tag für Essen und alle anderen sonstigen Güter des täglichen Bedarfs auskommen müssen.
27% aller BMS-BezieherInnen sind – Kinder. Und mit den 6% Menschen im Pensionsalter machen diese zusammen schon ein Drittel aus, die nicht einmal die theoretische Möglichkeit haben, eigenständig dieser Armutsquelle zu entfliehen. Viele der restlichen 2/3 sind Frauen, die in Teilzeit zu wenig verdienen und oft allein erziehen. „Der Skandal sind nicht die 829.- Euro im Monat für Bezieher der Mindestsicherung. Der Skandal ist, dass es Menschen gibt, die für ihre Arbeit einen so geringen Lohn bekommen.“ (U. Neufang, Sozialministerium)
„Starker Arbeitsdruck, bei gleichzeitig verheerenden Beschäftigungsaussichten, rigorose Kontrollen und Sanktionen zeichnen ein realistischeres Bild der BMS, als jenes der sozialen Hängematte, in der es sich die Menschen auf Kosten der Allgemeinheit gemütlich gemacht haben. Wenn es ein Bild für die BMS braucht, dann ist es jenes des Rettungsrings, der vor dem Ertrinken bewahrt, viel zutreffender – auch wenn er zuweilen zu klein ist.“ (N. Wagner, AK Wien)
Ach ja, der Vollständigkeit halber: Asylsuchende haben während des laufenden Verfahrens gar keinen Anspruch auf BMS.
P.S.: Im Übrigen bin ich der Meinung, die Anrechnung des Partnereinkommens muss fallen.
Mehr Infos:

Broschüre des Sozialministeriums: „BMS – Fragen und Antworten, Fakten statt Mythen“
(Stand Jänner 2016)

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