Nicht alles was in neuem Gewand daherkommt, ist so neu wie es den Anschein macht. Das gilt zumal für das mit den sozialen Erosionen seit Längerem Karriere machenden Konzept und der Forderung eines „allgemeinen Grundeinkommens“. Im Grund lässt sich solches in Vorform mindestens bis auf das antike Rom und dessen Einbindung der Proles zurückverfolgen. Die neuere (zunächst stark von neoliberalen Wirtschaftsvertretern als „innovatives“ Profitsteigerungs-Konzept beflügelte) Debatte „ob Befreiung von Repression und neues Fundament für soziale Sicherheit“ oder Konzept eines „disruptiven, neoliberalen Umbaus des Sozialstaats und regressiv-sozialutopischen Irrwegs“ füllt mittlerweile hier unmöglich zu rekapitulierende Regale. Daher auch bloß einige grundlegende Bemerkungen.
Beginnend in den 1970er Jahren und verstärkt nochmals in den 1980ern, wird im Gefolge der neoliberalen Wende, seit der Wende 21. Jahrhundert auch unter Linken und Basisinitiativen, gelegentlich ein (bedingungsloses) Grundeinkommen als Allheilmittel gefeiert, es erweist sich allerdings aus vielfältigen Gründen nicht als Lösung. Da den Beschäftigten mehr oder weniger ihre Lebenshaltungskosten, also der Wert ihrer Arbeitskraft und nicht jener ihrer geleisteten Arbeit bezahlt wird, stellt ein Grundeinkommen eine Lohnsubvention für die Wirtschaft auf Kosten der SteuerzahlerInnen dar. Denn entsprechend der Höhe eines Grundeinkommens werden die Unternehmer – in Konsequenz eines solche gesamtgesellschaftlichen Kombi-Lohn-Modells oder Konzepts in dem der Staat flächendeckend einen großen und entgrenzten Teil des Lohns übernimmt – (versuchen) die Löhne und Gehälter zu drücken. Was ökonomisch auch durchaus stringent ist. Denn in dem Maß, in dem die Reproduktionskosten der Arbeitskräfte von staatlichen Zahlungen gedeckt werden, muss das Kapital auch nicht mehr dafür aufkommen – und kann im Einklang mit diesem „neoliberal-innovativen“ Kombilohn-Lohn-Senkungs-Projekt die Löhne auf breiter Front dramatischst senken. Die Konzeptionen eines bedingungslose Grundeinkommen beinhalteten darin daher nicht nur einen regelrecht disruptiven Umbau des Sozialsystems, sondern stellen zudem das gesamte KV-System und die Existenz der Gewerkschaften in Frage.
Natürlich sind die Motive der Wirtschaftsvertreter und jene linker BefürworterInnen des bedingungslosen bzw. allgemeinen Grundeinkommens oder von Basisinitiativen nicht die gleichen. Aber die Folgewirkungen. Im Allgemeinen wird die Höhe des Grundeinkommens zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben sein. Die Illusion, dass von einem Grundeinkommen ein gutes Leben möglich ist, zerstreut sich schon alleine durch einen kurzen Blick auf die notwendigen finanziellen Mittel: Ein Grundeinkommen in Höhe der Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt von 1.371 Euro monatlich würde für die österreichische Bevölkerung mit 146,5 Mrd. Euro pro Jahr 37 % des Bruttoinlandsprodukts, 69 % der Staatsausgaben bzw. 116 % der Sozialausgaben ausmachen. Damit würden enorme Geldmengen, die bei der gegenwärtigen Steuerstruktur v.a. über die Lohnsteuer und Konsumsteuern finanziert werden, völlig bedarfsunabhängig mit der Gießkanne auch an Einkommens- und Vermögensreiche sowie andere, die darauf nicht angewiesen sind, verteilt werden. Diese Mittel sind – einmal unangesehen der realen gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse – auch mit stark progressiven Vermögenssteuern nicht annähernd aufzubringen, abgesehen davon, dass Vermögenssteuern und eine rigorosere Kapitalbesteuerung zur Finanzierung der sozial-ökologischen Wende dringend von Nöten sind.
Allerdings gilt es dahingehend ebenso wenig in die Falle regressiv-sozialutopischer Irrwege zu tappen, wie uns auch der berüchtigte Ausweg des römischen Kaiser Augustus ob der ausufernden (allerdings vor allem der Militärausgaben geschuldeten) Schuldenlast Roms mittels eines fiskalpolitischen „Moriturum esse!“ („Es muss gestorben werden!“) versperrt ist, mit dem sich Rom in einem breitflächigen Köpferollen kurzerhand seiner Gläubiger entledigte. Feste Fundamente sozialer Sicherheit, eine bedarfsorientierte Grundsicherung statt allgemeinem Grundeinkommen und gesellschaftliche Emanzipation werden sich demgegenüber denn auch nur aus der Klassenperspektive der Arbeit in dementsprechenden Bündniskonstellation mit Erwerbslosen und Basisinitiativen gegen die zunehmende Armut erringen lassen.