Das Hauptthema der beiden ersten Vollversammlungen der AK Wien und der AK Niederösterreich nach ihren konstituierenden Sitzungen war logischerweise die Lohnsteuerreform. KOMintern hatte dazu in beiden Arbeiterkammern einen Antrag mit der Kritik am ÖGB/AK-Modell und der “sozialpartner”schaftlichen Orientierung sowie den Vorschlägen des KOMintern-Modells zur Lohnsteuersenkung eingebracht.
Arbeiterkammerrätin Selma Schacht überreichte dem anwesenden ÖGB-Präsidenten noch weitere Unterschriften für “Lohnsteuer runter!” von ihrer Belegschaft, brachte es in ihrer Rede aber auf den Punkt: “Die KollegInnen haben massenweise unterschrieben – weil sie jedes Jahr, nachdem sie für Lohnerhöhungen auf die Straße gegangen sind, danach enttäuscht waren, wie wenig bei den Verhandlungen und wieviel noch weniger auf dem Gehaltszettel dabei herauskommt. Doch man muss klar sagen: Das ÖGB/AK-Modell hält nicht, was es verspricht!” Auch KOMintern-AK-Rat Can Tohumcu forderte in Niederösterreich von den Institutionen der ArbeitnehmerInnen ein aktiveres Agieren ohne faule Kompromisse ein und kritisierte die knieweichen Forderungen ohne Durchsetzungsstrategie: “Es fehlt die Forderung nach einer massiven Vermögensbesteuerung, dies wird keine unabdingbare, konsequente Umverteilung von oben nach unten bringen!”
Erich Foglar gab in seinem Statement zu: “Ja, das ist ein Kompromiss, in guter Tradition einer überparteilichen Gewerkschaft” – da wurde wohl in “sozialpartner”schaftlicher Tradition auch gleich die Parteilichkeit für die Interessen der Beschäftigten im Land über Bord geworfen. In beiden Arbeiterkammern wurde der Antrag von KOMintern abgelehnt.
“Die Liste KOMintern warnt vor einem 12-Stunden-Arbeitstag”
– so schrieb die NÖ Arbeiterkammer zurecht auf ihrer Homepage über einen der KOMintern-Anträge. Selma Schacht verwies dazu auf die vielen Berufe und Bereiche, in denen schon jetzt 12 Stunden durchgearbeitet werden muss, und mahnte ein offensiveres Vorgehen gegen die Ausdehnung der Maximalarbeitszeit ein. Wie sich die AK dazu verhalten wird, wird sich zeigen – der Antrag wurde dem zuständigen Ausschuss zugewiesen.
AK erklärt sich “nicht zuständig” für Solidarität und Antirasissmus
Ein vollkommen unverständliches “Argument” wählte die Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, um den KOMintern-Antrag “Solidarität mit den Flüchtlingen” in und aus Westkurdistan/Nordsyrien abzulehnen – die Arbeiterkammer sei dafür “nicht zuständig”(!). KOMintern hatte u.a. gefordert, dass Flüchtlingsanliegen und -projekte unterstützt werden und sowie Aufklärung und Berichterstattung in humanistischer wie internationalistisch-gewerkschaftlicher Tradition gegen jedwede Xenophopie im Land in den Publikationen der AK. Can Tohumcu betonte in seiner Rede nochmals, das die Ablehnung des Solidaritäts-Antrages eine Farce ist. Die Arbeiterkammer hat sich vielmehr „aus ihren traditionellen Prinzipien heraus, internationalistisch und gewerkschaftspolitisch mit den Flüchtlingen zu solidarisieren. Es ist eine historische und gerade in NÖ auch höchst akutell Aufgabe der Arbeiterkammer, sich für Freiheit, Solidarität und Demokratie einzusetzen und der rechten Hetze im Land entgegenzutreten.“ Doch wie wir das allen voran von der Mehrheits-Fraktion in der AK argumentiert bekamen, werden diese Prinzipien, wenn es drauf ankommt, auch schnell mal unter den Tisch fallen gelassen.